Nachdem BLVTH immer wieder für andere Musiker:innen in der Produktionsküche stand, wurde es nun Zeit für sein eigenes Album „I LOVE THAT I HATE MYSELF“. Warum das doch noch einmal ein Meilenstein für den Künstler darstellt, erzählt er uns im Whatsapp-Interview.
BLVTH ist Stress. Und gerade deshalb war lange an ein Debütalbum nicht zu denken. Immer wieder rückten andere Projekte in den Vordergrund. Dies mag auch daran liegen, dass der Musiker sich nur sehr ungern in den eigenen Karriereplan reinreden lässt. Das macht wiederum gerade die Faszination aus. Selbst als Fan und Follower kann man nicht immer jeden Schritt des in Berlin lebenden Künstlers vorhersehen. Auch er selbst ergreift die Chancen, wenn man sie ergreifen sollte. Das beste Beispiel ist die Zusammenarbeit mit Felix Brummer von Kraftklub. Als dieser ihn als Produzenten für sein Album „KIOX“ angefragt hatte, hat sich BLVTH erst einmal die Frage gestellt, ob er dieser Aufgabe gewachsen ist, wie er im Interview mit Fridl Achten verrät.
Dabei lebt er von Intuition und Ausprobieren. Egal ob es die eigene Mode-Kollektion „BLVTH Couture“ ist, die vielen Songs und Videos, seine Kochleidenschaft oder eben jetzt das Album „I LOVE THAT I HATE MYSELF“: BLVTH beweist immer den richtigen Riecher und hat die richtige Prise Salz parat. Vor seinem Release haben wir uns über Whatsapp mit ihm über sein Release gesprochen. Darüber warum es, selbst in Zeiten von Singles-Hype, noch immer ein Meilenstein für ihn ist. Außerdem ging es natürlich, um gutes Essen, die richtigen Zutaten und den Kompromiss der Kompromisslosigkeit.
Das Debütalbum „I LOVE THAT I HATE MYSELF“ von BLVTH gibt’s hier:
Still aus: Indochine & Christine and the Queens - 3SEX
Gemeinsam mit dem Frontmann Nicola Sirkis der französischen New Wave-Legenden Indochine nimmt Christine and the Queens den Song „3SEX“ auf.
Es gibt kaum eine Band in Deutschland, die den Stellenwert von Indochine in ihrer Heimat Frankreich hat. Dort werden die New Waves-Pioniere mit Acts wie Depeche Mode, The Cure oder New Order. Eine Stufe, auf der sich in dem Kosmos, wahrscheinlich nur Kraftwerk bewegt haben. Nun gibt es eine Kollabo zwischen Christine and the Queens und dem Frontmann der Band Nicola Sirkis. Der gemeinsame Song heißt „3SEX“ und ist angelehnt an den Nummer-1-Hit der Band „3e Sexe“ aus dem Jahr 1986.
Die Neuaufnahme des Songs könnte kaum relevantere Themen besprechen. Es ist eine Hymne für sexuelle Toleranz mit Lyrics, die sich um Queerness und Gender Liberation drehen. In den Youtube-Kommentaren hat die Musikerin zudem noch ein Statement in ihrer Muttersprache abgegeben, welches übersetzt folgendes bedeutet: „Letzten April hat mich Nicola Sirkis angerufen und mich gefragt, ob wir „3e sexe“ neu aufnehmen. Es war eine Zeit in der die Welt langsamer atmete und doch begann mein Herz schnell für die Idee zu schlagen. Die Story des Songs ist mir persönlich sehr wichtig. Sie gibt mir das Gefühl von Freiheit. Ich bedanke mich also bei Nicola, der mir die das Vertrauen und die Ehre schenkt diesen besonderen Song „3SEX“ mit dir gemeinsam zu singen. Vor allem in einem Moment, in dem das Wort ‚Freiheit‘ in jeglicher Hinsicht wichtiger denn je ist. Die wahren Revolutionen sterben nie. Fühlt dich geküsst!
Das Video zu „3SEX“ von Christine and the Queens und Indochine gibt es hier:
Ein frischer Wind weht durch Berlin Schöneberg. Seit 2017 wächst hier eine Nische im Deutschrap heran, die sich mittlerweile über Köln und Hamburg in ganz Deutschland verbreitet hat. Jetzt kommt Babyjoy – und klingt anders als alles, was wir aus dem Westen Berlins kennen.
2018 erscheint ihr erstes Lied auf Soundcloud, im Juni 2019 folgt die erste Single auf Spotify. Mittlerweile finden sich in Babyjoys Diskographie sieben alleinstehende Songs, die vielfältiger nicht sein könnten. Mühelos wechselt sie von Trap zu Old School Beats, von Rap zu Gesang, von Deutsch zu Französisch zu Englisch, aus märchenhaften Träumen in kalte Realität.
Es ist die sanfte Stimme der Künstlerin, die sich als klare Linie durch ihre Songs zieht. Und die Zusammenarbeit mit KazOnDaBeat, der jeden ihrer Songs produziert. Als Schöneberger Produzent und Mastermind hinter Songs von BHZ, Yin Kalle oder Naru ist er ein wichtiges Bindeglied der neuen Deutschrap Generation.
Mit ihm arbeitet die 21-Jährige nun auch seit einiger Zeit an ihrer ersten EP. „Vergessen“ heißt die erste Single, die einen vielversprechenden Einblick in das Projekt gibt. In dem melancholischen Song rappt und singt Joy auf ruhigen Beats über die schmerzhafte Erkenntnis der Aussichtslosigkeit einer toxischen Beziehung. Dabei wechselt sie sich mit ihrem Bruder ab – und der ist kein Geringerer als Dead Dawg, Künstler und Mitglied der Crew BHZ.
Das Musikvideo beginnt mit einer Sprachnachricht, in der Joy ihrem Bruder die Wahl ihrer Single erklärt: „Zu dem Thema, dass du meintest, dass du eine Single von mir alleine besser fändest als Entry für meine EP: Ist ein berechtigter Gedanke, aber ich finde das insofern gut, dass du, würde ich sagen, einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben bist (…)“. Die Verbindung der beiden hört und sieht man. Die Geschwister harmonieren textlich und stimmlich so sehr, dass Dead Dawg Babyjoy zu keinem Zeitpunkt die Aufmerksamkeit nimmt. Sein Feature ist viel mehr die logische Konsequenz einer besonderen Beziehung, die auf Joys erster EP ihren Platz finden musste.
Das Video zu „Vergessen“ von Babyjoy gibt es hier:
The Rills sind eine junge Indie-Punk Band aus Lincoln. Mittlerweile wohnen sie in London und konnten einige Shows in den kleinen Clubs der Stadt spielen. Soweit, so normal. Dann: Lockdown, Social-Distancing und viel Langeweile. Warum also nicht auf TikTok aktiv werden? Zunächst nicht so begeistert von der Idee haben Mitch, Callum und Mason dort mittlerweile die 100.000 Follower:innen geknackt. Wir haben mit Sänger Mitch über den Hype auf TikTok, Selbstfindung und Wünsche für die Zukunft gesprochen.
Die Pandemie ist offenkundig ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite sind Solo-Selbstständige, Kulturschaffende und Gastronomen, dessen Existenzen bedroht sind. Auf der anderen Seite die großen Profiteure wie Amazon und Co. Allen voran Künstler:innen sind ständig auf der Suche nach neuen Mitteln und Wegen, um ihre Kunst auch in Zeiten von Kontaktbeschränkungen einem möglichst großen Publikum zugänglich machen zu können. Eine Band, der dies ausgesprochen gut gelungen ist, sind The Rills. Wir trafen Sänger Mitch passend zum Release ihrer neuen Single
Wie sah euer bisheriger Werdegang als Band vor der Pandemie aus?
Ich habe Callum, unseren Bassisten, kennengelernt, als wir 14 waren. Ich habe immer versucht eine Band zu gründen, aber in Lincoln, wo ich herkomme, hatte ich jahrelang Probleme einen Bassisten zu finden. Callum war ursprünglich nur Gitarrist, aber ich habe ihn schließlich gefragt, ob er nicht Lust hätte, sich am Bass zu versuchen. Das ist jetzt sechs Jahre her und jetzt ist er sehr gut darin (lacht).
Dann sind wir nach Sheffield gezogen, um in eine etwas größere Musikszene zu kommen. In Lincoln gab es nicht wirklich viele Möglichkeiten für aufstrebende Bands, dort herrscht generell eine gewisse Kleinstadt-Mentalität. Wir verbrachten sechs Monate in Sheffield, wo wir hauptsächlich an unserer Musik gearbeitet haben. Schließlich haben wir den nächsten Schritt gewagt und sind nach London gezogen. Noch in der ersten Woche haben wir dort Mason, unseren Schlagzeuger getroffen. Unser alter Manager hatte uns Ende der Woche einen Gig gebucht und den haben wir nach einigen Proben auch direkt zusammen mit Mason gespielt. Das war ziemlich verrückt, aber wir haben sofort gewusst, dass er in die Band passt!
Welchen Stellenwert hat das live spielen für euch? Wie geht es euch jetzt damit, keinen direkten Austausch mehr zu euren Fans zu haben, gerade jetzt, wo eure Zuhörerschaft immens wächst?
Auftritte sind für Bands überlebenswichtig! Wir sind extra zweimal in eine andere Stadt gezogen, weil wir live spielen wollten. Es fängt ja bei fast jeder Band so an, dass sie in kleinen Locations vor einer Handvoll Leuten spielen. Und das trainiert einen wirklich! Es klingt lächerlich, aber je weniger Leute in der Menge waren, desto mehr Sorgen habe ich mir im Vorfeld gemacht. Man entwickelt sich viel schneller, wenn man rausgeht und Gigs spielt. Ich vermisse das wirklich sehr, aber man muss sich irgendwie daran gewöhnen.
Deshalb ist es einerseits ein seltsames Gefühl, dass wir als Band mittlerweile nur noch online stattfinden. Andererseits wäre ein solches Wachstum für eine Band wie uns ohne das Internet jedoch niemals möglich gewesen! Wir hatten vorher keinen großen Durchbruch. Wir wurden nie im Radio gespielt. Natürlich ist diese Zwangspause immer noch schrecklich und wir hätten gerne während der gesamten Zeit des Lockdowns live gespielt, aber immerhin gibt uns das Internet die Möglichkeit, unsere Musik so vielen verschiedenen neuen Menschen zeigen zu können.
Wie seid ihr auf die Idee gekommen, auf TikTok aktiv zu werden?
Im Grunde genommen kam unser derzeitiger Manager, ein guter Freund von mir, auf die Idee. Er kommt aus dem Musikjournalismus und ist sehr am Puls der Zeit. Schon vor dem Lockdown meinte er, dass wir uns einen TikTok Account zulegen müssen, um dort ein paar Videos zu drehen. Ehrlich gesagt waren wir anfangs nicht wirklich begeistert und hatten das Gefühl, dass das nicht zu uns passt. Als dann aber der Lockdown kam, gab es sowieso nichts mehr, was man hätte tun können. Und da wir ziemlich energiegeladene, hyperaktive Jungs sind, war es schlussendlich wie ein Segen. Endlich haben wir wieder etwas gefunden, was uns Spaß macht. Buchstäblich über Nacht sind Tausende von Menschen auf unsere Musik gestoßen und hören und lieben sie! Und das alles nur wegen diesen 15 Sekunden langen Videos.
„Endlich haben wir wieder etwas gefunden, was uns Spaß macht. Buchstäblich über Nacht sind Tausende von Menschen auf unsere Musik gestoßen und hören und lieben sie! Und das alles nur wegen diesen 15 Sekunden langen Videos.“
Wie hat sich eure Präsenz dort mittlerweile weiterentwickelt?
Anfangs haben wir nur ein paar Covers und andere typische Sachen hochgeladen, die man von einer Band erwarten würde. Mit der Zeit haben wir versucht, ein bisschen über den Tellerrand hinaus zu schauen und nicht daran zu denken, was eine typische Band tun würde. Wir orientieren uns mittlerweile daran, was wir als Charaktere mögen und welche Art von Identität wir repräsentieren wollen. Damit haben wir Erfolg, aber vor allem auch eine Menge Spaß!
Was schätzt ihr mittlerweile an TikTok und anderen sozialen Medien?
Ich liebe die Art und Weise, wie soziale Medien Künstler:innen die Möglichkeit bieten, ein riesiges Publikum zu erreichen, das sie ansonsten niemals hätten erreichen können. Ob TikTok selbst in Zukunft für eine Welle neuer Bands verantwortlich sein wird, weiß ich nicht. Aber meiner Meinung nach sollten sich alle Bands auf TikTok anmelden! Wir haben vor drei Jahren The Rills gegründet. In diesen drei Jahren hatten wir das Glück auf einigen Festivals spielen zu dürfen und etwa 1.000 Follower auf Instagram sammeln zu können. Aber jetzt, in den letzten sechs Monaten, hat sich diese Zahl mehr als verzehnfacht! Und unsere Follower:innen auf TikTok, diese 100.000 Leute, kamen aus dem Nichts! Einfach alles ist daraus entstanden.
Wurdet ihr auch mit Vorurteilen konfrontiert, oder weniger erst genommen, weil ihr den TikTok-Stempel aufgedrückt bekommen habt?
Durch die Pandemie und der Distanz zu anderen Menschen habe ich eigentlich nicht viel Kritik wahrgenommen. Das Negative an der Pandemie ist, dass ich die Menschen nicht sehen kann, aber das Positive ist, dass ich die Menschen nicht sehen kann. Ich finde es auch fast lächerlich zu behaupten, dass es uns irgendwie an Glaubwürdigkeit mangelt, weil wir unseren Weg gegangen sind, um ein neue Fans zu erreichen. Das ist nichts Neues, nur die Art und Weise, wie es passiert, hat sich verändert. Die Arctic Monkeys sind ein gutes Beispiel: Die haben über MySpace unzählige neue Fans gefunden. Dabei hatten sie nicht mal einen eigenen Account, sondern nur Fans, die sie bei ihren Auftritten gefilmt haben und die Videos auf MySpace veröffentlich haben. Ehe man sich versah, waren unzählige Videos der Arctic Monkeys, aus dem Nichts, online.
„Das Negative an der Pandemie ist, dass ich die Menschen nicht sehen kann, aber das Positive ist, dass ich die Menschen nicht sehen kann.“
Meint ihr in Zukunft wird es für junge Bands eine untergeordnetere Rolle spielen, in Großstädte wie London zu ziehen, um erfolgreich zu werden?
Das ist eine schwierige Frage. Wir haben eine Menge durch diese harte Arbeit, sich mühsam eine Hörerschaft aufzubauen, gelernt und wir mussten definitiv aus unserer Heimatstadt rauskommen! Für uns als Band ist es uns sehr wichtig in einem kreativen Umfeld zu sein. Ich glaube nicht, dass man an einen Ort wie London ziehen muss, um sich ein Publikum aufzubauen. Überhaupt nicht, es spielt keine Rolle, wo man ist! Man kann mittlerweile überall auf der Welt eine Fangemeinde aufbauen, mit Fans in Kontakt treten und neue Leute finden, die deine Musik wirklich lieben, solange man eine gute Internetverbindung hat. Das ist gut so! Aber ich denke auch, dass es für eine Band wichtig ist, nicht immer in ihrer Komfortzone zu sein. Daraus können sehr wichtige Impulse für die eigene Kunst entstehen! Aber das ist eine sehr individuelle Frage, ich bin wirklich unentschlossen.
In Zeiten von Corona, Brexit und Klimawandel, welche gesellschaftspolitischen Themen bewegen euch am meisten und welchen Einfluss nimmt das auf euer Songwriting?
Identität war während der Zeit der Quarantäne eine große Sache für mich. Diese Zeit für mich allein zu haben hat mir die Augen geöffnet und ich glaube, ich verstehe mich tausendmal besser als je zuvor. Natürlich beschäftigen uns auch Dinge wie Brexit oder der Klimawandel sehr stark, es gehen so massive Dinge auf der ganzen Welt vor sich. Aber ich bin in dieser Zeit extrem selbstreflektiert geworden. Auch Videos auf TikTok zu drehen hat mir geholfen, mehr über mich selbst zu lernen. Ich hatte das Fach „Medien“ in der Schule und habe immer Videos selbst bearbeitet und geschnitten. Als ich noch recht jung war, habe ich auch Theater gespielt. Durch TikTok habe ich mittlerweile einen neuen Blick darauf erhalten und für mich scheint es so, als könnte ich all meine Fähigkeiten nun gleichzeitig nutzen.
Ich habe auch vor nicht allzu langer Zeit begonnen, einen Song zu schreiben, der einige Elemente dieser anderen Themen zum Ausdruck bringt. Daraus wurde dann schließlich doch wieder etwas über mein Leben (lacht). Lange Zeit habe ich nie über mich selbst geschrieben, sondern viel beobachtet. Es ging immer nur darum, ein bisschen von der Welt zu nehmen und es in ein Lied zu packen. Ich habe aber mittlerweile realisiert, dass ein kleiner Teil der Charaktere und Situationen in den Texten, auch mich selbst abbilden.
Unsere Single „The Angler“ ist zum Beispiel wie ein Mashup aller verschiedenen Menschen, die ich gekannt oder kennen gelernt habe. Einige Freunde, sogar ein kleiner Teil von mir selbst ist da drin. Arroganz der Jugend, das beflügelnde Gefühl bei Auftritten. Ich versuche immer noch Geschichten zu erzählen, die die Leute ganz einfach selbst verstehen können, ohne dass es einen Kontext gibt. Und auch bei unserer neuen Single „Stardog“ gibt es diese autobiographischen Referenzen. Als Teenager saß ich oft auf dem Rücksitz von Autos einiger Dealer, die genauso alt waren wie ich. Sehr junge Typen, die einfach dachten, nur weil sie etwas Gras verkaufen, sein sie ein großer Hecht. Das ist mir in meinem Leben schon so oft begegnet, dass ich es einfach thematisieren musste.
Was wünscht ihr euch für die Zukunft?
Ich freue mich wirklich darauf wieder live spielen zu können! Endlich wieder richtige Auftritte haben zu können, das wird bestimmt super! Natürlich hoffe ich, dass dieser Zeitpunkt eher früher als später sein wird. Zudem hoffe ich, dass wir unser Wachstum auf den Social Media Plattformen weiter ankurbeln können, denn es war in letzter Zeit unglaublich. Ich bin so dankbar für all diese unfassbaren Dinge, die uns gerade jetzt passieren. Diese guten Zeiten können gerne weitergehen!
Für The Rills hat die einstige Krise eine 180 Grad Wendung hingelegt. Eine schöne Geschichte, die dazu aufruft, das Beste aus der Situation zu machen und kreativ zu werden. Vielleicht sogar in Zukunft sogar auf TikTok.
Wie eine ihrer Isolation Sessions aussah, könnt ihr hier sehen:
Die Britin Arlo Parks war bei Annie Mac auf BBC Radio 1 zu Gast und hat mit „Caroline“ ihren neuen Song vorgestellt. Ein weiterer, vielversprechender Ausschnitt aus ihrem bevorstehenden Debüt.
Das kommende Jahr verspricht nicht nur aufgrund eines möglichen Impfstoffes besser zu werden als 2020. Auch haben bereits mehrere spannende Acts Alben angekündigt. Mit darunter auch Arlo Parks, die schon am 29. Januar ihr Debütalbum „Collapsed In Sunbeams“ via Transgressive Records veröffentlicht. „My album is a series of vignettes and intimate portraits surrounding my adolescence and the people that shaped it. It is rooted in storytelling and nostalgia – I want it to feel both universal and hyper specific.“, sagt sie über ihre erste LP.
Mit „Caroline“ folgt nun eine weitere Single daraus. Der Track ist nach „Green Eyes“ der neueste Song von Arlo Parks und wird die Fans der Musikerin nicht enttäuschen. Die einfühlsame Art, das Verstehen der Gedanken ihrer Höhrer:innen. Bei Arlo Parks hat man immer das Gefühl neben ihr auf der Couch zu sitzen. Die Musik klingt, wie der ehrliche Rat einer guten Freundin oder eines guten Freundes. Dazu die soulig-RnBigen Beats, die einen treiben lassen. Sie selbst sagt über „Caroline“: „It’s about love dissolving and first losses.“
Tracklist:
1. Collapsed In Sunbeams
2. Hurt
3. Too Good
4. Hope
5. Caroline
6. Black Dog
7. Green Eyes
8. Just Go
9. For Violet
10. Eugene
11. Bluish
12. Portra 400
Das Lyric-Video zu „Caroline“ von Arlo Parks gibt’s hier:
Einmal pro Woche treffen sich Katrin, Mile und Marco im Studio. Dort tauschen sie sich aus, schreiben Songs darüber, was sie gerade beschäftigt und nehmen den ersten Roughmix auf. Das ist mittlerweile zur Routine der drei geworden. Und unbewusst zu ihrem Weg der Pandemie etwas Gutes abzugewinnen. Ihre Band Sharktank ist jünger als das Virus selbst und avancierte trotz erster und zweiter Lockdown-Phase schnell zu spannenden Newcomer:innen.
Atmosphärische Indie-Sounds, tanzbare Beats, und honigweiche Vocals. Mit einem Mal plötzlich der Bruch. Eine warme Stimme reimt im Rapjargon, die Soundästhetik wird stoischer, die Gitarren leiser und statt rhythmisch zu tanzen, möchte man jetzt nur mit dem Kopf wippen. Was sich erstmal liest wie ein seltsam zerklüfteter Mix, klingt eigentlich wie ein organisches Zusammenspiel aus Hip-Hop und Indie-Pop. Zwei Genres, die bei Sharktank aufeinandertreffen und unterschiedlicher nicht sein könnten. Neben Katrins sanft verzerrter Stimme, hört man in Miles Rap-Part noch die Spuren von Oldschool-HipHop-Vorbildern heraus. Bei jedem Mal Hören erschließt sich einem der rote Faden mehr und mehr, der sich trotz der unvorhersehbaren Harmonieänderungen durch die Tracks zieht. Die Songs, mal eingebettet in federleichte Gute-Laune-Settings, mal mit melancholischen Texten untermalt, erzählen von Momentaufnahmen.
Der Weg zu einem vielseitigem Bandprojekt war praktisch schon geebnet für Sharktank. Denn die Mitglieder kommen jeweils aus verschiedenen Ecken der Musik und sind mittlerweile fest im österreichischen Musikbusiness verwoben. Der Ort, wo alle aufeinandertrafen war – wie kann es anders sein – das Studio. Hier wollte Mile ursprünglich sein Solo-Projekt starten. Die Songs dafür nahm er gemeinsam mit Marco auf. Marco Kleebauer kennt man bereits als einen Teil des Electro-Pop-Duos Leyya, doch auch abseits der Bühne mischt er buchstäblich an der Musikproduktion des Landes mit. Als er auf gemeinsamer Tour die Band Bilderbuch besser kennenlernte, fing er 2018 an für sie zu produzieren. Auch um die Soundgestaltung der austro-isländischen Band Oehl kümmert er sich und legte damit die Weiche zu Katrin. Katrin Paucz, Live-Gitarristin bei Oehl und gerade einmal 20 Jahre alt, brachte schließlich das – wie sie selbst sagen – „Melodische“ in die Band und zeigt seitdem nicht nur am Instrument, sondern auch in Text und Gesang ihr Talent.
„Es ist jedes Mal ein anderes Thema, was uns zum Songwriting motiviert“, sagt Katrin. „In unseren Songs verarbeiten wir Gefühle, die uns im Moment beschäftigen.“ So war das auch bei der Debut-Single „Washed Up“, die gleich mehrere Wochen den Platz 1 der Charts des österreichischen Senders FM4 belegte. „Bei ‚Washed Up‘ wollten wir darüberschreiben wie es sich anfühlt, wenn man überarbeitet ist und bemerkt, dass der eigene Arbeitsalltag einem Hamsterrad gleicht. Man will raus, kann aber nicht. Weil man vielleicht das Geld braucht, oder weil man sich selbst einredet, dass die ganze Existenz von dem Job abhängt. Dieses Gefühl war an dem Tag als wir den Song aufgenommen haben, so präsent, dass wir es zu einem Lied verarbeitet haben,“ erklärt Mile. Die Inspiration zur Follow-Up-Single „Too Much“ kam ebenso unmittelbar; auf Marcos Frage, ob die Verzerrung auf den Vocals zu viel sei, meinte Katrin: „Too much is not enough“ und lieferte somit die Idee für den Song.
„Too much is not enough“
Es ist also kein langes Vorarbeiten, monatelanges Grübeln, Verwerfen, wieder Rauskramen, und Umschreiben, was die Songs von Sharktank zu dem werden lässt, was sie sind. Vielmehr sind es Intuition, Spontanität und Gespür auf, die die Band baut. Einfach machen und raus in die Welt schicken. Zeit für Zweifel gab es bisher noch nicht. „Wir haben uns gefunden, ein paar Tracks gemacht und ein paar Wochen später releast. Außerdem üben wir keinen Druck auf uns aus erfolgreich zu sein, sondern machen einfach das, was uns taugt.“ So wie Katrin das sagt, wirkt das etwas widersprüchlich zum Titel ihrer neuen EP „Bad Energy“, die am 27. November erscheint. Denn anders als der Titel vermuten lässt, wirken die Songs beschwingend bunt. Das Video zur Live-Session in der Kunsthalle Exnergasse im WUK bestätigt das in Ton und Bild. Vielleicht ist es gerade diese augenscheinliche Diskrepanz, der Kontrast und das scheinbar Gegensätzliche, durch das der Sound von Sharktank sein Potential entfaltet.
Über mangelnde Bekanntheit können sich AnnenMayKantereit nicht beklagen. Dank der prägnanten Stimme Henning Mays und den emotionalen Liedern spricht die Band ein großes Publikum an. Auf ihr letztes Album vor zwei Jahren folgte nun ohne jegliche Ankündigung „12“. Gelungen oder missglückt? Darüber lässt sich streiten.
„Alles was wir haben, kommt irgendwo aus der Vergangenheit“, nuschelt Henning May aka „die Stimme“ im Intro des MayKant… Kantereitann… AnnenMayKantereit-Albums „12“. Aha, ok, deep. Ist das ein Zitat von Hermann Hesse oder war das von Eckhart Tolle? Beide gerade schwer gefragt bei den Millennials. „So wies war, so wird es nie wieder sein“. Oha! Diese Nostalgie, die Programm der neuen Langspielplatte ist, kennt man vielleicht aus den neuen Bundesländern oder von unseren Großeltern: „früher war alles besser“. Aber jetzt ist Corona und Corona ist voll doof und macht uns alle voll traurig, die wir in unseren weiträumigen Altbauwohnungen bei Cappuccinos aus der eigenen Siebträgermaschine im Zoom-Meeting hocken.
Kleiner Spoiler: Richtig, es wird nie wieder sein wie es mal war – und das ist vielleicht auch besser so. Deal with it. Wir brauchen kein weiteres Zeitzeugendokument, in der die eigene Betroffenheit ausgedrückt wird. Was wir brauchen ist Solidarität und Achtsamkeit miteinander, konstruktive Worte und Taten, um diese Zeit zu überstehen und die neue Ära nach dem Umbruch anzugehen.
Aber was erwartet man auch von einer Band, die stolz erzählt, ihre Musik noch selbst zu schreiben und sich dann immer wieder nur um die Bauästhetik ihrer eigenen vier Wände und Familienkonstellation dreht. Mit dem vorangegangenen Album „Schlagschatten“ fand das Kölner Quartett zu seiner politischen Stimme, um doch mal mitzureden bei den nicht zu ignorierenden Tragödien auf dieser Welt. Mit ihrer „erfrischenden“ Mischung aus sentimentaler Pianomusik und politischen Schlachtrufen *hust* eint die Band Fridays for Future-Teens mit Lagerfeuer-liebenden Hippies und flunkyball-spielenden Festivalgängern, die „Wonderwall“ durch „Pocahontas“ ersetzt haben.
„Ich will mehr“, fordert ihr. Jo, ich auch. Mehr Tiefgang, mehr Ambition, mehr Message. Ist das Kunst oder kann das weg? Das neue Album wirkt derart dahin gefurzt, als wäre die gefühlte Antrieblosigkeit auch Motor hinter der Produktion gewesen. In „Die letzte Ballade“ erklingt eine Wehklage, die ich nicht packe. Solch Pseudo-Poesie, wie sie in Poetry Slams mittlerweile en vogue ist, erzeugt schlicht Langweile. Aber tut ja nicht weh in seiner Belanglosigkeit. Wenn „12“ ein Konzeptalbum zum Durchschlafen sein soll, Chapeau! Corona? Hab ich nicht mitbekommen, denn dank AnnenMayKantereit hab ich es einfach verschlafen. Weckt mich auf, wenn der Spuk vorbei ist. (HvD)
AnnenMayKantereit zu bashen ist leicht. Weiße Jungs aus der Mittelschicht, die sich größtenteils mit ihrem eigenen Hang zur Sentimentalität und den diffusen Zukunftsängsten der Millennials auseinandersetzen. Sicher lassen sich Henning Mays biedere Sehnsüchte nach Zweisamkeit in einer frisch sanierten Altbauwohnung als Ausdruck einer privilegierten Wohlstandsgesellschaft kritisieren. Eine Kritik, die häufig von studierten Akademiker:innen in Berliner Altbau-WGs formuliert wird. Verzeiht die Verallgemeinerung. Aber mal ehrlich, wer vertritt im deutschen Pop schon radikale utopische Ideale?
Vielleicht habe ich meinen Anspruch in dieser Hinsicht schon auf ein Minimum reduziert, aber es ist auffällig, wie unterschiedlich die angelegten Maßstäbe in Bezug auf eine politische Haltung an Bands und Musiker:innen sind. Im Zuge der #wirsindmehr Proteste 2018 wurde Helene Fischer für ihr viel zu offensichtliches Statement gegen Rassismus gelobt und die Rapperin Sookee wird kritisiert, weil ihre Texte eher nach Soziologie-Proseminar als nach – nach was überhaupt? – klingen. Auch wenn bei AnnenMayKantereit auf „12“ wieder die Lust am Privaten überwiegt, lässt sich die politische Haltung nicht übersehen. Die Musiker sind sich ihrer eigenen Privilegien bewusst und verorten sich selbst auf der satten Sonnenseite des Weltgeschehens, während Moria brennt und Menschen im Mittelmeer ertrinken. Das ist wenig revolutionär, aber immerhin ein Minimum an Haltung, was in der hiesigen Pop-Landschaft nicht selbstverständlich ist.
Jetzt haben AnnenMayKantereit ein neues Album veröffentlicht. Unangekündigt, über Nacht. „12“ heißt das gute Stück und beinhaltet 16 Songs auf nur 37 Minuten. Die üblichen Hits suchen wir darauf vergeblich. Stattdessen haben wir ein Album, dem die Corona-Pandemie schon in der Struktur eingeschrieben ist. Die Produktion ist roh und erinnert in ihrer Ungeschliffenheit eher an aufgenommene Live-Sessions der Band, bei denen ein Field-Recorder die komplizierte Mikrofonierung ersetzt hat. Es kratzt und knarzt im Vordergrund, manche Songs erreichen nicht einmal die Länge von einer Minute und die Drums verhallen irgendwo im Echo des jeweiligen Aufnahmeraumes.
Das klingt nach allem, aber nicht nach dem dritten Studioalbum einer der größten Bands des Landes. Vielleicht ist das wahnsinnig mutig, vielleicht aber auch völlig logisch. Genres wie Bedroom Pop mit ihrer Lo-Fi Ästhetik und die Zugänglichkeit von Produktionssoftware deuten schon lange auf einen Abgesang auf bombastische Hochglanz-Produktionen hin. Und einen Mangel an Konzertbesucher:innen durch fehlende Hits braucht die Band wahrscheinlich nicht zu befürchten.
AnnenMayKantereit haben sich auf „12“ mit dem eigenen Erleben während der Pandemie auseinandergesetzt. Natürlich kann ich nicht für alle sprechen, aber wie haben wir dieses Jahr wahrgenommen? Klopapier und Dosentomaten gehamstert, während in Instagram-Stories George Floyd wieder und wieder ermordet wurde. Manche haben in Pflegeheimen geschuftet, manche wurden durch Corona-Soforthilfen vor der Privatinsolvenz gerettet und andere haben sich vor Liebeskummer in ihre Ikea-Bettwäsche geweint. Ob mit oder ohne Pandemie, das Leben findet immer zwischen privaten Befindlichkeiten und weltpolitischem Geschehen statt. That’s it: AnnenMayKantereit. (JD)
Das Album „12“ von AnnenmayKantereit gibt es hier im Lyrics-Video:
Miley Cyrus langersehntes Album „PLASTIC HEARTS“ erscheint am kommenden Freitag. Nach „Midnight Sky“ sind nun auf der zweiten Single-Auskopplung gleich zwei Sterne am strahlenden Pop-Himmel vereint.
„Prisoner“ von Miley Cyrus feat. Dua Lipa ist eine starke, wenn nicht sogar die stärkste female Pop-Kollabo in diesem Jahr. Eingängige Synthies, Drums und eine stets präsente Bassline rezitieren dabei die Melodie des 80s Hit „Physical“ von Olivia Newton-John. Dabei geht es um toxische Beziehungen, die einen in den eigenen vier Wänden im Handumdrehen zum Gefangenen verwandeln können, sowie dem Versuch, sich einer solchen psychischen Partnerschaftsgewalt loszusagen.
Den Emanzipationsgedanken verstärkt außerdem das dazugehörige Musikvideo: getreu dem Motto kleine Läden, große Liebe, begeben sich Miley Cyrus und Dua Lipa in einem abgeranzten Bus auf die Reise zu ihrer Show und machen mit einer ordentlichen Ladung Kunstblut, Spinnen sowie Rock’n’Roll-esquen Zerstörung von Instrumenten und Kleidung ihrem Trauma Luft.
Ob die neonpinke Botschaft „in loving memory of all my exes“ umringt von einem Herz aus Stacheldraht nun wirklich einem konkreten Ex-Partner gilt? Jedoch wohl denen, die sich in Zeiten von Pandemie und Isolation in einem ähnlichen, von Missbrauch geprägten, Gefängnis befinden. Jene gibt „Prisoner“ eine Stimme. Das Album „PLASTIC HEARTS“ von Miley Cyrus erscheint am 27. November 2020 via Sony Music.
Das Video zur zweiten Single „Prisoner“ von Miley Cyrus gibt es hier:
Um uns den tristen November zu versüßen, laden Jolly Goods auf eine psychedelische Reise durch die Weiten des Internets ein. Natürlich nicht ohne tierische Begleitung.
Solche hellseherischen Fähigkeiten haben sich Jolly Goods bei der Veröffentlichung von „Slowlife“ im Januar dieses Jahres vermutlich nicht zugetraut. Was als musikalischer Abgesang auf Selbstausbeutung und kapitalistischen Leistungsdruck konzipiert war, offenbart sich im Nachhinein als prophetische Zustandsbeschreibung des Jahres 2020. Während viele aufgrund der Krise von Arbeit erschlagen werden, sehen sich andere zur Entschleunigung gezwungen. Homeoffice, Arbeitslosigkeit, Existenzangst. Die Gegenwart hat viele Gesichter. Auch der Alltag von Tanno Pippi und Angy Lord dürfte anders aussehen, als erwartet. Arbeit und Langeweile in den eigenen vier Wänden statt Tour-Alltag und ausgiebige Studio-Sessions.
Und was machen Jolly Goods daraus? Natürlich das Beste. Und das Beste sind in diesem Fall feinste Green Screen-Exzesse mit Unterstützung unserer liebsten Internet-Vierbeiner: Katzen. In bester Nyan Cat-Manier fliegen die Musikerinnen durch psychedelische Welten oder performen in minimaler Besetzung. Den größten Teil des Rampenlichtes gönnen sie jedoch ihren tierischen Begleitern, die sich vor idyllischen Landschaften räkeln, selber in die Tasten hauen oder auf Haien reiten.
Die Melange aus verträumten Loops und kleinen Absurditäten zeigt sich auch in der musikalischen Umsetzung des Songs. Minimalistische Grooves treffen auf Space-Sounds aus den Tiefen irgendeiner verschollenen geglaubten Sample-Library. Sympathisch schräg und das beste Heilmittel, wenn die eigenen vier Wände näherkommen.
Das alles könnte nach Eskapismus klingen. Stattdessen liefert das Geschwisterduo mit „Desintegration“ einen musikalischen Gegenentwurf zu einem System, an das wir uns längst gewöhnt haben: „Don’t take a deep breath. Just stay stressed. There are other planets. That we can breath on“. Das ist keine Flucht vor der Realität. Das ist vielmehr die Sehnsucht nach einem Ort, an dem das Atmen etwas leichter fällt. Klingt verlockend. Vertrauen wir einfach weiterhin auf die prophetischen Fähigkeiten der Jolly Goods.
Seht hier das Jolly Goods Video zu „Desintegration“: