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Reeperbahn Festival 2022 – auf diese musikalischen Highlights freuen wir uns

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Goldroger beim Reeperbahn Festival 2021 © Chiara Baluch

Dieses Jahr trifft sich das Who is Who der deutschen Musikszene wieder auf dem größten Clubfestival Europas in Hamburg. Musikliebhaber:innen bekommen an vier vollen Tagen die Möglichkeit, Musik satt zu erleben und Newcomer:innen zu entdecken. Das Reeperbahn Festival strotzt vor einem reichhaltigen Programm, das Besucher:innen aus der ganze Welt anzieht. Wie jedes Jahr gibt es einen Länderschwerpunkt, dieses Jahr liegt er bei den USA, welche schon immer eine Vorbildfunktion für das Festival hatten. Schauen wir uns doch gemeinsam ein paar der diesjährigen inter/nationalen Acts genauer an:

bdrmm

Das Post-Punk-Revival ist real. Und na klar, wie so viele Bands aus diesem Spektrum kommt auch bdrmm aus Großbritannien. Shoegazige, sich auftürmende Soundwände treffen hier auf verträumten und facettenreichen Dream Pop. Mit ihrem Debüt „Bedroom“ stürmten die Briten 2020 direkt mal die UK-Charts und auch die Musikpresse überschüttete die Band mit Lob. Auf dem Reeperbahnfestival kommen sie für zwei Auftritte vorbei.

Mittwoch, 18.15 Uhr – Festival Village, Fritz-Kola Bühne
Mittwoch, 23.30 Uhr – Nochtspeicher

Stella Sommer

Hach, wie kann ein Sound nur so anschmiegsam die Seele berühren? Stella Sommer macht Songs, die einer innigen Umarmung gleichen. Wie ein aufrichtiges „Alles wird gut!“ in der schwierigsten aller Zeiten. Das beweist sie nicht nur mit ihrem Projekt „Die Heiterkeit“, sondern auch Solo. Barocker, reduzierter Pop mit Chanson-Gesang, inklusive charmanter Texte, die wie introspektive Tagebucheinträge anmuten. Sie spielt auf dem Reeperbahnfestival in der St. Pauli Kirche. Eine bessere Location hätte man für ihren Auftritt wohl nicht aussuchen können.

Samstag, 19.40 Uhr – St. Pauli Kirche

Heave Blood & Die

Unterhaltsam, Abwechslungsreich. Dynamisch. Technisch versiert. Das sind Schlagwörter, die auf die norwegische Psychedelic Rockband Heave Blood & Die zutrifft. Das Sextett stammt ursprünglich aus Tromsø und changiert spielerisch zwischen Doom Metal, Industrial und Stoner Rock. Es macht Spaß ihnen auf ihrer mittlerweile dritten Langspielplatte bei ihrem extrem einfallsreichen und dabei eigenwilligen Songwriting zuzuhören. Diese Band weiß, wie man eine Atmosphäre voll düster-aufgeladener Spannung schafft.

Samstag, 20 Uhr – Indra

My Ugly Clementine

Letzte Nacht habe ich geträumt wie ich Mira Lu Kovacs erzähle, dass mich ihre Liedtexte sehr abholen. Mit Gründerin Sophie Lindinger und Nastasja Ronck bildet sie das jüngst zum Trio verkleinerte Indie Rock-Gespann aus Wien, neben dem alle Musiker:innen auch in anderen Projekten aktiv sind. Kem Kolleritsch am Schlagzeug ist erst kürzlich aus der Band ausgestiegen aufgrund bandinterner Differenzen. Nun macht die Band in veränderter Form weiter. Ihre feministische Musik mit Haltung und tanzbaren Pop-Hooks charakterisiert die Wiener Supergroup, mit der es sich hoffentlich noch viele Jahre nicht ausgeträumt hat.

Freitag, 23:30 Uhr – Knust

Lola Marsh

Mit ihrem verträumten Indie-Pop versprüht die Band aus Tel Aviv, die von Mulittinstrumentalisten Gil Landau und Sängerin Yael Shoshana Cohen gegründet wurde, warme Harmonien. Cohens Stimme zieht einen sofort in seinen Bann, sie vermag es, das Spektrum menschlicher Emotionen in Gesang zu transportieren und damit zu berühren. Ihre Musik führt zu Entschleunigung und gleichzeitig Hingabe in den Moment. Dass sie dabei Pophits schreiben und in Serien wie „Better Call Saul“ auftauchen, hat ihnen schon Millionen Streams beschert – also eine gute Möglichkeit sie sich beim Reeperbahn Festival auch mal live anzusehen.

Donnerstag, 19:40 Uhr – Gruenspan

The Mysterines

Alternative inspiriert durch Grunge der 1990er wie Nirvana und Hole wird von The Mysterines zu neuem Leben erweckt. Gitarrengetrieben, mit starken Basslinien und schwermütigem Gesang von Band-Leaderin Lia Metcalfe. Deren Vater war selbst Sänger der Band Sound of Guns, sie wuchs also quasi auf Tour auf und zu ihren Kindheitserinnerungen gehört eine Begegnung mit Nick Cave, der vor ihren Augen einen Luftballon kaputt machte. Sie nahm sich daran das beste Beispiel und gründete früh ihre erste Band, um die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Mit The Mysterines und dem Debüt „Reeling“ zeigt uns das englische Quartett seine düstersten und gleichzeitig lebensbejahendsten Seiten.

Mittwoch, 23 Uhr – Molotow

Stone

Post-Punk scheint gerade so en vogue zu sein wie kaum ein anderes Genre. Diese junge Band aus Liverpool treibt es wie einst die Beatles auf die Bühne, um ihre Energie zu teilen – und von der haben die vier mehr als genug. Die Gitarrenseiten werden abgebeizt, Sänger Finley Power spuckt Prosa, die den Nerv der Anfang Zwanzigjährigen trifft. “So you got your eyes on your ex-girl’s social media – That’s fine mate but I promise it ain’t healing ya.” ist aus ihrer Single „Leave it Out“, mit der Stone 2020 ihren ersten Durchbruch hatten, dann kam Corona, nun ist die Zeit gekommen endlich live zu performen und den Schweiß auf und vor der Bühne zu verspritzen.

Mittwoch, 20 Uhr – Molotow

Real Lies

Stolz können wir sagen, dass wir die Reise der Londoner Lads bereits mehrere Jahren verfolgen. Ein Blick in das Archiv zeigt: unser erster Artikel über das Electronic-Duo stammt aus dem Jahr 2015. Nun folgt der erste Gig in Deutschland. Real Lies, das bedeutet: atmosphärischer Afterhour-Schwebezustand mit einem ordentlichen Schuss Pathos. Wir verweisen an dieser Stelle gerne auf unsere Liebeserklärung an die Band. Hingehen, ein Muss!

Samstag, 23.30 Uhr – Nochtwache

HighSchool

Goth-Pop, Coldwave oder doch Post-Punk? HighSchool reiht sich irgendwo dazwischen ein. Die Band aus Melbourne in Australien veröffentlichte 2021 – mitten in Corona – ihre Debüt-EP „Forever at Last“ und schreibt damit den düsteren und melancholischen Soundtrack zum gesellschaftlichen Leben. Und dennoch schafft HighSchool es, eine wohlige Wärme zu kreieren. Empfohlen sei hier die Single „New York, Paris und London“, die in Twee-Pop-Manier zum Tanzen anregt. Auf dem Reeperbahn Festival spielt die Band gleich drei Konzerte. Und es besteht die Möglichkeit, dass wir bei jedem dabei sind. How could we not?

Donnerstag, 22.25 Uhr – Molotow/Backyard
Freitag, 16.30 Uhr – Molotow/Backyard
Samstag, 21.30 Uhr – Resonanzraum

Brenda Blitz

Wenn sie in einer Stadt ein Konzert spielt, sucht sie vorher via Instagram coole Leute, die mit ihr auf der Bühne tanzen wollen und auf Festivals werden die Wasserpistolen ausgepackt. Brenda Blitz verwandelt die Bühne zu einem schillernden Spektakel. Ihre Deutschpop Songs sprechen aus den Seelen der Generation Z. Seit 2019 produziert die junge Künstlerin ihre Musik und bereichert unsere Playlisten mit Songs wie „Durchsichtig“ oder „Energievampir“. Wer Brenda Blitz noch nicht Live gesehen hatte sollte auf dem Reeperbahn Festival die Chance dazu definitiv nutzen. 

Freitag, 19:55 Uhr – Thomas Read 2ND Floor

Fieh

Fieh machen Neo-Soul aus Oslo. Als achtköpfiges Gespann sind die Norweger gut aufgestellt, um R&B ein modernes Gewand zu geben. Mit Vorbildern bei The Roots, Erykah Badu und Solange transportieren sie Funk in unsere Zeit, einen von der Sorte, der durch hohes Tempo mitreißt, und scheuen dabei nicht vor Experimenten und Orchestration. Nicht nur Fiehs Sound auch ihr Look trifft den Nerv des aktuellen Verständnisses von Vintage und pleased damit sicherlich nicht nur Gen Z. „Cold Water Burning Skin“ ihr zweites und aktuelles Album war für den norwegischen Grammy nominiert, den Spellemannprisen.

Donnerstag, 19:40 Uhr – Knust

Das komplette Line-up vom Reeperbahn Festival findet ihr hier.

Ekstase im Hier und Jetzt – Mit Shelter Boy auf dem Dockville Festival

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Simon Graupner liebt es, Rockstar zu sein. Musikalisch am liebsten in der dreckigsten Ecke der Indieszene. Auf dem Dockville Festival erlebt er als Shelter Boy einen Tag des Zusammenhalts und der Liebe zum Rock’n’Roll.

„Ich habe dich so lieb, alter!“ Der Sänger Simon Graupner grinst, dünne Adern prägen sein verschwitztes Gesicht. Er fällt seinem Leadgitarristen Ernie Fizz in die Arme. Im Hintergrund verschmelzen tausende Stimmen, Schreie und Rufe in einem akustischen Wimmelbild. Als sich die Freunde voneinander lösen, kneift Graupner Fizz in die Wange. Er trinkt einen Schluck aus seinem Bier, ehe seine Augen weiter umherirren. Das Ziel ist klar: das nächste Bandmitglied oder besser, der nächste Freund. Es ist 18 Uhr. Simon Graupner, Shelter Boy, hat gerade eine Show auf dem Dockville-Festival beendet. Eine, von der er noch lange sprechen wird.

Über 60.000 Musikfans tummeln sich in diesem Jahr auf dem Dockville in Hamburg-Wilhelmsburg vor der einzigartigen Hafenkulisse. Es ist ein Festival, das fest in der Indieszene etabliert ist. Und nun findet es erstmals nach der Corona-Pause wieder in vollem Ausmaß statt. Die Pandemie hat die Musikszene schwer getroffen: Monatelanger Lockdown, kaum Konzerte und auch 2022 laufen die Ticketverkäufe vieler Shows – insbesondere in der Indieszene – miserabel.

UK als Shelter Boys musikalische Sozialisation

Doch für Graupner ist es auch die Zeit, in der er sein Hobby zum Beruf machen will. Sein Debütalbum „Failure Familiar“ kommt 2021 heraus. Er will den Rock’n’Roll Lifestyle, will die Ekstase auf der Bühne und die Euphorie nach dem Gig. Schon im frühen Jugendalter hört der heutige Mittzwanziger The Kinks, The Beatles oder The Who. Mit 14 Jahren dann spielt er in einer Britpop-Band. Arctic Monkeys, The Maccabees und Co. – all diese Bands sind sein Leben: „Das ist die Musik, die zuerst mein Herz erreicht hat“.

Es ist 15.15 Uhr. Noch fast zwei Stunden bis zum Gig. Nur der Lichtkegel eines Kühlschranks erhellt den kleinen Raum. Er befindet sich im Obergeschoss in einer Art Jugendheim, welches als Backstage dient. Die Wände sind mit schwarzen Tüchern abgehängt, Fenster gibt es keine. „Mache ich heute den Pete Doherty? Oder doch eher den Alex Turner?“ Die fünfköpfige Band, die Graupner liebevoll die „Shelly Family“ nennt, flachst herum, umarmt sich und ahmt in einem akkurat britischen Akzent ihren Idolen nach.

Graupner schlüpft in die Ärmel seines weißen Mantels, der an Oasis-Bruder Liam Gallagher erinnert, dann greifen seine Hände nach dem Kragen. Das schwarze T-Shirt stopft er in seine knöchellange Jeans, die die weißen Tennissocken in dunkeln Doc Martens sichtbar macht. Das Outfit steht, UK-lastig ist es geworden, eben ganz wie ein astreiner Lad von der Insel.

Graupner verlässt den Raum anschließend. Neben ihm läuft Fizz in einem grauen Anzug. Er greift mit einer Hand nach der Schulter seines Bandkollegen, schüttelt ihn und küsst ihn auf die Wange. Die gelblichen Backsteinwände des in die Jahre gekommenen Hauses sind mit Graffiti besprüht, an den Glastüren klebt Absperrband in schwarz-gelber Farbe. Graupner biegt kurz vor der Treppe zur altbackenen Toilette ab: „Alter, was hat Billie Eilish wohl gesagt, als sie hier auf Klo gegangen ist?“ Der Superstar war 2019 der Hauptact des Festivals.

 

Den Status hat Shelter Boy noch nicht: keinen Mega-Hit am Start, aber dennoch eine gewisse Fanbase in der Indieszene. Drei seiner Songs haben bei Spotify bereits die Millionenmarke geknackt. „Es steckt viel Arbeit dahinter, wir haben auch schon viel Scheisse gespielt“, lacht er. „Und dennoch verdienen wir jetzt ein bisschen Geld mit der Musik, was absurd ist“. Nebenbei arbeitet der gebürtige Zwickauer in einer Leipziger Kneipe. Während der Festivalsaison weniger, in der Hochphase von Corona schiebt er dafür deutlich mehr Schichten. Finanzielle Sorgen beschäftigen ihn heute nicht. „Unsicherheiten hat man als Musiker immer“, sagt er. „Ich bin überzeugt von meinen Songs“.

Es ist 16.15 Uhr. 55 Minuten bis zum Auftritt. In einem weißen Zelt hinter der Bühne lagern die Instrumente, Roadies wuseln umher. „Gehört der Karton hier zu euch?“, ruft einer hinein. Karlo Colucci – Bassist von Shelter Boy – nickt ihm zu. Er zupft die Saiten seines Instrumentes weiter. Triple B – Schlagzeuger der Band – hievt Bassdrum, Snare und die Toms auf eine fahrende Bühne.

Ernie Fizz und Cadillac Carl laufen auf und ab. Sie haben ihre Gitarren umgehängt und spielen darauf herum. Als sie die Instrumente weglegen, zünden sie sich eine Zigarette an. Sie atmen tief ein und halten kurz inne. Fizz schaut zu Cadillac Carl, dann zum Gitarrenständer. „Smash?“, fragt Fizz. „Ich weiß nicht, ob sich das heute lohnt“, führt er fort. In einer Halterung stehen insgesamt fünf Gitarren bereit. Eine blaue ist lädiert, Teile von ihr mit weißem Tape beklebt. Das Konzert auf dem Sziget Festival in Budapest einige Tage zuvor hatte sie noch überlebt.

Graupner öffnet sich derweil ein Hustenbonbon. „Wie lange noch bis zum Auftritt? Muss überlegen, wann ich die Lemocin nehme, damit die zeitlich am besten ballert“. Wenige Meter entfernt dampft sein Ingwertee, daneben liegen Taschentücher und ein Nasenspray. Graupners Hals kratzt, erst seit einigen Wochen kämpft er mit den Nachwirkungen einer Mandelentzündung.

 

Es ist 16.55 Uhr. Fünf Minuten bis zum Gig. In einem engen Kreis stehen Ernie Fizz, Triple B, Karlo Colucci, Cadillac Carl, Tourmanager Morten Baumann und Simon Graupner zusammen. Im Takt trampeln sie mit ihren Füßen auf die Behelfsrampe hinter der Bühne. Das dumpfe Poltern wird schneller und schneller. „Hey, was geht ab? Wir feiern die ganze Nacht“, rufen sie hinter der Bühne. Sie grölen den Partytrack der Atzen, lachen sich kaputt und wuscheln sich durch die Haare. Mit einem „Alerta, Alerta, Antifaschista!“ findet das Bandritual seinen Höhepunkt.

Graupner lässt sich auf den Boden fallen, fängt sich mit den Armen ab. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben schnelle Liegestützen später springt er wieder auf. Er trabt die Rampe hoch zur Seite der Bühne, dreht seine Wasserflasche zu. „Let’s go“, ruft Triple B. Die Band rennt los, weit über tausend Menschen brüllen vor dem Vorschot – der zweitgrößten Bühne des Festivals. Die Show beginnt.

Euphorie greift aufs Publikum über

Es ist 17.55 Uhr. Dichte Staubwolken umhüllen die zweitgrößte Bühne des Dockville. Graupner schwebt auf Dutzenden Händen über die Köpfe des Publikums. Sie berühren ihm am Hintern, krallen sich an seinen Schultern fest oder schlagen gegen seine Füße. Seine Arme wirbeln umher, gerade so schafft er es, seine Hände zum Mund zu führen und Luftküsse zu verteilen. Nach wenigen Augenblicken tragen ihn die Hände zurück auf die Bühne. Tourmanager Baumann greift nach der bereits lädierten Gitarre. „Ihr wisst was jetzt passiert“, sagt er zu einem Roadie, streckt seine Zunge heraus und bringt die blaue Gitarre zu Fizz. Dieser grinst breit. Graupner schaut sich um. Alle bereit? Ab geht’s. Das große Finale.

„Well, shake it up, baby, now. Twist and shout“, singt Graupner in das Mikrofon, während er seine weiße Gitarre hochreißt. Zu seinen Füßen rennen Musikbegeisterte aufeinander zu. Sie brüllen den großen Beatles-Hit mit und schubsen sich in einem Moshpit umher. Knappe zwei Minuten später poltern mehrere Schläge auf der Bühne. BAM, BAM, BAM, BAM, BAM, BAM, BAM, BAM, BAM, KRACHZ. Beim zehnten Schlag ist der Sound weicher. Die blaue E-Gitarre zerschellt in Dutzende Teile. Ja, der „Smash“ hat sich heute gelohnt – und diese Show wird der Band in Erinnerung bleiben.

„Live zu spielen ist einfach das absolut schönste der Welt“, sagt Graupner nach dem Konzert. Er steht in dem weißen Zelt hinter der Bühne und raucht eine Zigarette, die erste seit zehn Tagen. „Ey, die schmeckt gerade so geil“. Er grinst seine „Shelly Family“ an, die Bandkollegen grinsen zurück, die Zigarette scheint sie nicht zu überraschen.

Nach so einem Auftritt wirkt er zufrieden mit seinem Leben als Berufsmusiker. Doch er weiß, dass es auch andere Zeiten geben kann. Phasen, in denen es nicht so gut läuft wie bei diesem Auftritt auf dem Dockville und in denen er weiter in der Leipziger Kneipe ackert. Aber das ist okay für ihn. Denn was er nicht möchte, ist das krankhafte Streben nach Perfektion, das so oft in der Musikbranche gefordert wird. „Ich will Fehler machen und offen dazu stehen“, sagt er. Seine Band gibt ihm dabei Rückhalt. „Weißt du, gerade hier, wo wir miteinander reden, finde ich eigentlich alles voll in Ordnung“, sagt er in einem letzten Gespräch. „Ganz genauso, wie es jetzt ist“.

Shelter Boy live auf dem ESNS in Groningen:

Fotos: Omid Arabbay

10/10 Neeve: „Man kann als Artist ne große Rolle im Leben einiger Menschen spielen“

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Die junge Stuttgarter Band Neeve will mit ihrem charismatischen Indie-Pop-Sound ihren Platz in der Musikwelt finden – und gefunden werden. Familie spielt eine große Rolle bei ihnen, denn das Familienporträt beinhaltet Musikalität, die ihnen im Blut liegt. Die 2×2 Brüder sind gleichzeitig Cousins und bestehen aus Felix Seyboth (Gesang, Drums), Axel Seyboth (Produktion, Piano, Gitarre), Marius Spohrer (Gitarre) und Philipp Spohrer (Bass). Daher ist der Bandname Neeve als „gemeinsamer, fiktiver Familienname“ zu verstehen, den sich die Band 2018 zur Gründung selbst gab.

Ihre EP „Where I wanna be found“ ist 2021 erschienen, dieses Jahr erschienen mehrere Singles darunter „this got me staying“, welche die Elemente repräsentieren, die den typischen Neeve-Sound ausmachen: Emotionalität, Leidenschaft, 80s-Vibe, Pop-Hymnen-Qualität – und nicht zuletzt ein Hauch überschwänglicher Melancholie. In ihrer Musik verarbeitet Sänger Felix seine ADHS-Erkrankung und Panik-Attacken und spricht auch von Themen wie toxischer Männlichkeit, mit der er, als junger Mann in einem Dorf bei Stuttgart mit lackierten Nägeln und Eyeliner, schmerzlich konfrontiert wurde.

Für unser Format 10/10 haben wir Felix Seyboth von Neeve unseren Fragebogen zugeschickt und seine Antworten bekommen.

1/10 Welche Themen beschäftigen dich und haben dabei direkten Einfluss auf die Musik?

Vor Allem Themen wie mentale Gesundheit, Selbstreflektion und toxic masculinity.

2/10 Welches Release würdest du einer Person vorstellen, die dich noch nicht kennt?

Where I wanna be found.

3/10 Wie entsteht deine Musik?

Meistens schreibe ich eine grobe Idee an der Gitarre zuhause und bringe sie mit ins Studio – wir entscheiden dann gemeinsam, ob wir die Idee fühlen und schreiben und produzieren von da an gemeinsam am Song.

4/10 Wie würdest du deine Rolle in der Musik beschreiben?

Man kann als Artist ne große Rolle im Leben einiger Menschen spielen, sei es der Bezug zu Texten, einem Lebensgefühl, der Connection sowohl live als auch über Social media und man muss diese Rolle ernst nehmen, da eine Verantwortung dahinter steckt.

5/10 Stehen Musik und Ästhetik für dich in einem Zusammenhang?

Komplett! Für uns waren von Anfang an Ästhetik und Musik auf einer Wellenlänge. In einer Zeit, in der man Kunst zum Großteil mit dem Smartphone konsumiert, gehören auch optische Faktoren dazu. Von Artworks, Bandshootings, bis hin zu aufwendigen Musikvideos, die den Vibe und die Stimmung des Songs vermitteln und zugänglicher machen sollen.

6/10 Welchen Stellenwert hat das Thema Digitalisierung für deine Musik?

Für uns persönlich einen sehr hohen. Gerade junge Menschen entdecken neue Musik und Artists über Plattformen wie TikTok und IG, wir konnten dadurch unsere Reichweite erhöhen und auch Werte vermitteln und Nahbarkeit schaffen. Das bringt aber auch einiges an Arbeit mit sich, da früher alle Marketing-Maßnahmen von Agenturen, Labels, etc. gemacht wurden.

7/10 Welche Jahre in der Musikgeschichte waren für dich am prägendsten?

Definitiv dieses Jahr! Wir haben uns in den letzten zwei (Corona)Jahren eine Fanbase aufgebaut und das spüren wir dieses Jahr sehr. Ausverkaufte Shows, Shows in UK, Italien, Belgien, Niederlande, Österreich,.. auch anhand von Streamingzahlen und dem schönen Festivalsommer.

8/10 Was ist deine größte Eigenart?

Ungeduld und Neid. Es braucht alles seine Zeit und man steckt JETZT viel Zeit rein, aber erntet die Lorbeeren meist erst Monate bis Jahre später. Zu Neid: Man beobachtet einfach durch Social Media und Spotify etc. andere Artists, bei denen Dinge scheinbar schneller und einfacher vorangehen, man vergleicht sich ständig und wird dabei auch missgünstig.

9/10 Was ist der beste Self-Care Rat, den du geben kannst?

Sprecht mit Freunden über eure Gefühle, geht rechtzeitig zur Therapie, schämt euch nicht für Gefühle, die sind meistens aus nem Grund da. Gefühle machen nur Halt in deinem Kopf und deinem Körper, sie gehen auch wieder und es kommen neue. Haltet euch nicht zu lange an der Vergangenheit fest (musste ich selbst und muss ich noch selbst lernen).

10/10 Willst du noch etwas loswerden?

Kommt zu unserer `Chaos of my mind`- tour! Freut euch auf unser Debüt-Album, wir haben so hart daran gearbeitet und es sind so viele Emotionen rein gefloßen, das hört man und wir würden uns sehr freuen, wenn ihr euch die Zeit nehmt :)

Das Video zu „this got me staying“ gibt es hier:

Das Watt en Schlick durch die Linse von Edwin Rosen – ein Rückblick

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Das letzte Wochenende eines jeden Julis gehört allein dem Watt en Schlick. Dann wird es plötzlich laut im sonst so verschlafenen Dangast und das Kurörtchen an der Nordsee erwacht, um Festivalträume wahrwerden zu lassen. Auch Edwin Rosen machte in diesem Jahr einen Ausflug in den Norden und hat den Zauber des Festivals für uns mit seiner Kamera eingefangen.

Irgendwo zwischen Ebbe und Flut, zwischen Rhabarberkuchen und Jever, zwischen schlickigen Füßen und glitzernden Gesichtern, da hört das Watt en Schlick auf, ein Festival zu sein. Dort, zwischen lauter Musik und dem leisen Rauschen der Wellen wird es zu einem Refugium ganz weit weg vom Rest der Welt. Das ist kein Festival mehr, das ist Urlaub. Urlaub mit erstklassigem Unterhaltungsprogramm von Bilderbuch, shame, Nura, Jeremias, Bibiza, Paula Hartmann und vielen anderen großen und kleinen Namen der Musikwelt. Und so wie es sich für ein sorgfältig kuratiertes Musikprogramm in 2023 gehört, sollte auch Edwin Rosen ein Teil davon sein.

Edwin Rosen ist der letzte Act, der am ersten Festivaltag spielt. Es ist 1:30 Uhr, für Watt en Schlick Verhältnisse also schon spät, als er die Bühne betritt. Eine halbe Stunde nach der wilden Lasershow von ÄTNA steht noch immer dasselbe Publikum vor der Bühne und wartet geduldig auf das Kontrastprogramm. Als Edwin Rosen sich dann ganz allein auf die Bühne stellt, füllt er sie mit Worten, die die ganze Menge zu kennen scheint. Sie stehen hier nicht aus Zufall, sie alle haben genau auf diesen Auftritt gewartet. Und so endet der Festivalfreitag tanzend und singend unter dem glitzerndem Licht der Diskokugel im Mondlicht.

Seht euch hier Edwins Fotos an (mit Klick bekommt ihr die Bilder in der Slideshow in der richtigen Auflösung):

Domiziana veröffentlicht mit „Only Fans“ den Nachfolger von „Ohne Benzin“

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Still: Domiziana - Only Fans

„Ohne Benzin“ lief auf den Social Media, vor allem auf Tiktok, rauf und runter und wurde zum viralen Hit. Nun liefert Domiziana mit „Only Fans“ ihren nächsten Song.

Domiziana hat mit einem Song mehr erreicht, als andere Musiker:innen in ihrer ganzen Karriere. Platz Eins in den Single-Charts, unendlicher Hype, Viralität auf Tiktok und selbst Charli XCX ist auf die aufmerksam geworden. Deswegen war es auch sinnvoll, dass Domiziana die Bühne möglichst lange ausnutzt und zusätzlich Versionen wie „Ohne Benzin – 1,1x Speed“ oder die italienische Version „Senza Benzina“ veröffentlicht hat.

Und doch muss der Druck innerlich gestiegen sein. Was kommt nach „Ohne Benzin“? Bleibt es bei einem One-Hit-Wonder? Mit „Only Fans“ gibt uns die in Berlin lebende Künstlerin Antworten auf die Fragen. Überraschenderweise bewegt sie sich mit „Only Fans“ ein wenig von der Erfolgsformel Techno + Rap + Hyperpop = Hit ab.

Für „Only Fans“ wurden die BPM deutlich heruntergeschraubt und man tendiert eher zur 00er Jahre RnB-Schiene. Dies macht den „Hände gehen weiter nach unten, Ich fühl‘ mich so alleine und trotzdem verbunden, ja“ Refrain nicht weniger eingängig. Inhaltlich spielt sie natürlich auf die Social Media Plattform Onlyfans an, die für ihren expliziten Content bekannt ist.

Im dazugehörigen Video zeigt sich Domiziana als starke Frau, die über jede Entscheidung erhaben ist. Visuell wird diese Stärke zum einen durch übermenschliche Züge, wie auch animalischen Einschnitten, wie dies eines Leopards, aufgegriffen. Hierzu fallen einem schnell Namen wie Grimes oder Tommy Cash ein, die es immer wieder verstehen Wirklichkeit und Fiktion der Menschlichkeit miteinander verschmelzen zu lassen. „Only Fans“ kann man sich ab sofort auf allen gängigen Plattformen anhören.

Das Video zu „Only Fans“ gibt’s hier:

Der Angst zum Trotz – Verifiziert über die Kunst des ironischen Lebens

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Eigentlich wollte Verifiziert ihre Musik nie auf die Bühne bringen. Einige Shows und eine Casper-Tour später trat sie in diesem Jahr zum ersten Mal auf dem splash! auf, ein Meilenstein für viele junge Rapper:innen. Am Abend nach ihrem Auftritt erzählt Veri uns von ihrer Live-Angst und verrät ihren Weg, mit ihr umzugehen.

Du hast gerade zum allerersten Mal auf dem splash! gespielt. Wie war es?

Es war mega aufregend. Ich kenne das Gelände, weil ich 2018 und 2019 als Gast beim melt war. Damals hat schon eine Freundin gesagt, sie war am Wochenende davor beim splash! und da seien wirklich Welten dazwischen gewesen. Mich hat das splash! immer vom Line Up interessiert, aber nicht so, das ich mir ein Ticket gekauft hätte. Jetzt ist es mein erstes splash! als Person, nicht nur als Artist und ja, was soll ich sagen, es ist aufregend.

Für viele ist es ja auch so ein Meilenstein. Hat das für dich auch eine Bedeutung?

Doch auf jeden Fall. Es ist generell ein bisschen absurd für mich, weil ich jetzt hier gespielt habe und dann am Samstag spiele ich auf dem Frauenfeld. Das sind für mich persönlich die zwei größten Festivals, die ich irgendwie erreichen könnte und ich find’s voll absurd. Ich kann’s nicht wirklich realisieren, ehrlich gesagt. Ok, hä, jetzt spiele ich da. Weil ich so nervös bin, sehe ich das dann immer so ein bisschen ironisch. Ich denke mir dann: „Ok, lol, jetzt gehe ich einfach auf diese Stage und da sind wirklich Leute, die meine Texte können, what the fuck, random.“ Aber alles cool.

Deine ersten richtigen Live-Erfahrungen hast du auch erst dieses Jahr gesammelt, oder? Wie war es für dich, mit Casper auf Tour zu sein?

Das war super cool. Das war insane, Casper hat ein Team von über 30 Leuten und wir waren zu dritt. Was voll schön war, weil wir drei beste Freunde waren, die im Auto unterwegs waren. Da waren es 32 Leute, die aber auch voll gut connectet waren, das war so eine Family. Und das war mega schön, die haben uns so gut aufgenommen. Casper selbst hat gesagt, dass er früher so oft kacke behandelt wurde, als er angefangen hat, Musik zu machen und als Support gespielt hat. Und er hat von Anfang an gesagt, er will niemals, dass sein Support kacke behandelt wird. Das haben wir voll gespürt, wir wurden echt so gut angenommen und waren wie die eigene Crew. Er hat uns jeden Tag gefragt, ob wie uns eh wohlfühlen. Das war richtig schön.

Du machst Musik, die einen anderen Vibe hat, als vieles anderes hier. Leichter, verträumter. Du nimmst einen einzigartigen Raum ein und bietest ihn dem Publikum an. Fühlst du dich wohl damit oder ist das auch ein bisschen gruselig?

Es ist voll schwierig zu sagen. In meiner Empfindung ist es schon so, dass es im Großteil von Deutschrap darum geht, dass man über anderen steht. Das habe ich halt noch nie gefühlt, dass ich über jemandem stehe und deshalb vermittle ich das auch nicht. Wenn ich auf einer Bühne stehe, die so groß ist wie heute die Beach Stage, bin ich trotzdem mit den Leuten, die unten in der Crowd stehen in ihren Regenponchos. Vielleicht macht es das aus, weil ich da mitfühlen kann, weil ich mir denke: „Ach, letztes Jahr war ich da und es hat voll geregnet, aber passt schon“.

Wenn du so eine Connection zu der Crowd fühlst, dann ergibt es auch voll Sinn, dass du dich allein auf die Bühne stellst.

Ich bin mega nervös vor Auftritten und merke schon, wenn jemand dabei ist. In Berlin bei der Casper Support Show war Longus Mongus dabei. Das war das erste Mal Support spielen und das hat sich richtig angenehm angefühlt, dass jemand mit auf der Bühne ist. Aber ich habe jetzt schon voll viele Shows alleine gespielt. Meine DJ’s sind immer enge Freunde. Ich würde auch nicht mit irgendeinem Fremden auf die Bühne gehen. Longus Mongus hat gesagt, er findet es total crazy, dass ich alleine auf der Bühne bin. Weil er das gar nicht machen würde, weil er immer mit BHZ auftritt. Aber ich kenne es schon gar nicht mehr anders. Natürlich hätte ich gerne jemanden dabei und bei Features ist es dann immer voll schön, aber rund herum ist es voll anstrengend, von so vielen Leuten abhängig zu sein. Je mehr Leute im Team sind, desto anstrengender wird es, egal wie sehr ich die Leute liebe.

„Ich wollte nie live spielen und finde das immer noch sehr exhausting. Aber ich merke voll, wenn ich auf einem Festival spiele, dass da Leute sind, die das appreciaten. Das gibt mir dann Kraft.“

Siehst du dich als Teil der neuen Deutschrap Generation?

Ne irgendwie gar nicht (lacht). Ich habe da auch Imposter-Syndrom. Immer wenn ich auf der Bühne stehe und irgendwelche Leute singen meine Texte, denke ich mir so: „Hä, wieso hört ihr meine Musik?“ Ich zähle mich da gar nicht dazu, vielleicht auch, weil ich so gar nicht im Geschehen bin, weil ich in Wien bin und nicht bei allen Partys, wo dann alle Rapper:innen sind. Ich mache halt meine Musik, ich liebe es Songs zu kreieren. Dieses ganze Drumherum, Live, Social Media, ich muss das halt machen und ich mache es natürlich auch irgendwo gerne, aber am liebsten würde ich nur im Studio chillen und Songs machen.

Auch wenn du dich da nicht siehst, findest du da statt. Fühlst du dich denn wohl in diesem Kosmos?

Ich wollte nie live spielen und finde das immer noch sehr exhausting. Aber ich merke voll, wenn ich auf einem Festival spiele, dass da Leute sind, die das appreciaten. Das gibt mir dann Kraft. Das kommt gar nicht von mir aus, dass ich mir denke: „Boah, live spielen ist so geil, ich will auf die Bühne“. Es ist eher so, dass ich mir voll einscheiße vor der Show. Dann stehe ich oben auf der Bühne und alle Leute können das auswendig und ich denke mir, hey, voll schön, dass ich denen das jetzt gegeben habe. Das mache ich echt hauptsächlich für die Leute.

Ich finde das beeindruckend, welche Leichtigkeit du dann aber ausstrahlst und die auch direkt auf dein Publikum überträgst.

Das freut mich. Ich habe mega Anxiety vor den Shows. Mir geht es wirklich nicht gut. Bei den ersten Shows ging es mir drei Tage lang scheiße, jetzt ist es mittlerweile so, dass es mir eine Stunde davor scheiße geht. Ich habe mal ein TikTok gesehen, da hat ein Girl gepostet, dass sie ihr Leben jetzt einfach ironisch macht. Sie geht jetzt ironisch spazieren und schreibt ironisch Tagebuch, weil sie das eigentlich cringe findet. Dann habe ich mir gedacht, hey, fuck it, ich mache das mit der Bühne jetzt auch so. Mir ging es wirklich nicht gut vor Shows. Es ist ja auch so: Hä?! Wie random ist es, hier auf einer Bühne zu stehen und vor Leuten zu spielen? Ich sehe das jetzt so: Lol, ich gehe jetzt einfach auf die Stage und wenn was kacke ist, dann ist es halt kacke, wurscht. Auf die Art fällt es mir viel leichter. Es gab einen Auftritt, da war ich ein bisschen dicht, ehrlich gesagt, weil ich aus Nervosität getrunken habe und ich habe mega viele Töne verkackt. Meiner Meinung nach war das wirklich kein guter Auftritt, aber die Leute haben es trotzdem so sehr gefeiert. Das hat mir gezeigt, hey, die sind da, weil ich da bin und die feiern eh was ich mache. Das war ein Game Changer.

Also tastest du dich noch heran und guckst, was da für dich passt?

Ja, man lernt mega daraus. Aber da hängt auch so viel dran. Niemand weiß, was vor und nach der Show passiert. Vor der Show wollen 40 Leute mit dir reden, nach der Show wollen 50 Leute mit dir reden, während der Show wollen 300 was von dir. Das ist schon hart, aber es macht auch Spaß.

Und es ist toll, dass du es trotzdem machst, weil du machst es wirklich so gut!

Harry Styles in Köln: Club der guten Laune

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Konzerte des britischen Stars Harry Styles sind der schöne Blick in eine bessere Welt. Um das Phänomen vollends zu verstehen, muss man in diesen Club der guten Laune eintreten. Wir haben dies in der Kölner Lanxess Arena getan.

Es scheint, als hätte es erst die „Love On“-Tour von Harry Styles gebraucht, damit auch der Feuilleton den Hype des britischen Musikers einordnen kann. Doch warum erst jetzt? Als der Harry Styles am Freitagabend einer seiner vielen Dankesreden hält, fällt einem auf, dass auch er, dieser oftmals als reiner Teenie-Schwarm denunzierter Künstler, nun bereits seit über zehn Jahren im Geschäft ist – und sich kontinuierlich zu einer Ikone entwickelt hat.

Einen ersten Eindruck davon hat bereits der Weg in die Lanxess Arena geliefert. Ein Besucher:innen-Meer an Federboas, Schlaghosen, Cowboyhüten spielen charmant an die Outfits des Musikers an, zeigen aber auch, dass bei Harry Styles eben jede:r sein kann, wie er:sie mag. Selten hatte man es auf einem Konzert mit einer derart respektvollen und rücksichtsvollen Crowd zu tun. Man wurde höflich auf mehrere Fan-Mitmachaktionen hingewiesen, in Klo-Schlangen vorgelassen und es wurde penibel darauf geachtet, dass man sich nich vordrängelt.

So überrascht es nicht, dass auch der Support Act Wolf Alice warm und herzlich begrüßt wurde. Als die Band um 20:00 Uhr die Bühne der restlos ausverkauften, und größtenteils bestuhlte, Lanxess Arena betrat, störte sich niemand an dem minimalen Sound-Clash. Tracks wie „Smile“, „You’re Germ“ oder „Play The Greatest Hits“ zeigten die härtere Seite der Band. Dennoch schien es fast, als kämen die etwas ruhigere Nummern wie „Delicious Things“ oder „Bros“ noch einen Tacken besser beim Publikum an. Den perfekten Abschluss, der gleichzeitig auch den Übergang zu Harry Styles ebnete, lieferte „Don’t Delete The Kisses“. Der Song erzählt die sehr nachvollziehbare, autobiografische Geschichte, wie sich zwei Menschen ineinander verlieben.

Die anschließende Pause könnte man auch unter den Begriff „Probesingen“ einordnen. „Best Song Ever“ zeigt, dass viele Fans Harry Styles bereits seine komplette Karriere über begleiten und „Bohemian Rhapsody“ zeigt, wofür der Abend steht: Offenheit, Respekt und Liebe. Um 21:10 war es dann endlich so weit. Harry Edward Styles betrat mit roter Schlaghose und funkelnder Jacke die Bühne und hieß sein Publikum in „Harry’s House“ willkommen. Nach „Music for a Sushi Restaurant“ färbte sich die Bühne „Golden“. Eine Mischung aus dem schlichten aber passenden Bühnenbild und den funkelnden Augen der vielen mitsingenden Fans. Bei „Adore You“ wurden erstmals frenetisch die vielen Regenbogenflaggen geschwenkt.

Eine Liebeserklärung an Harry Styles

Zwischendurch gibt es von dem Musiker immer wieder Grüße ins Publikum und genau diese Fan-Nähe ist es, die die Konzerte von Harry Styles so besonders machen. In der Mitte des Konzertes videocallt er die Tante eines jungen Fans an, die wegen einer bevorstehenden Geburt leider nicht vor Ort sein kann. Und auch Oma Magrit wird im Urlaub genau so gegrüßt, wie auch Papa Ingo, der sich gemeinsam mit seiner Tochter in die vorderen Ränge gekämpft hat. Harry Styles hat für jede:n ein großes Herz und daher ist es irgendwie nur fair, dass seine Fans ihm diese Liebe bei Songs wie „Boyfriends“, „Matilda“ oder „Treat People With Kindness“ zurückspielen.

Ein Meer aus Regenbogenfarben

Musikalisch sollte man auf jeden Fall seine harmonisch eingespielte Band hervorheben. Mithilfe dieser kriegt selbst das Cover zu „What Makes You Beautiful“ einen leichten Indie-Einschlag und Tracks „Late Night Talking“ wirken noch einmal stärker und vielseitiger, als auf dem aktuellen Album „Harry’s House“. Mit „Love of My Life“ öffnete sich auf den Rängen ein Meer an regenbogenfarbenen Handylichtern. In solchen Momenten vergaß man kurz sämtlichen Weltschmerz und eine tiefe Hoffnung auf eine bessere Zukunft durchdrang jeden einzelnen Körper in der Lanxess Arena.

Viel Zeit zum Nachdenken blieb jedoch nicht, als Harry Styles nach kurzer Pause mit „Sign of the Times“ eine seiner fünf Zugaben performte. Es folgten „Watermelon Sugar“ und „Medicine“ bevor man mit „As It Was“ so langsam realisierte, dass sich der Auftritt des Briten dem Ende zuneigt. Dies folgte fulminant in Form von „Kiwi“. Als man nach knapp zwei Stunden den Club der guten Laune verließ, blieb ein Gefühl: Es gibt noch Hoffnung auf eine bessere, buntere Welt. Eine Welt, in der jede:r sein Kann, wie er:sie mag. Egal ob Wassermelone, queer, Daddy oder ein Part-Time-Bäcker, der eben jetzt ein Weltstar ist.

„As It Was“ von Harry Styles in der Live-Version:

 

Dennis Dies Das dreht den „Bass“ auf

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Mit „Bass“ veröffentlicht der Kölner Musiker Dennis Dies Das seinen vielleicht plakativsten Song. Wie kaum ein anderer in der Szene vermischt er Techno mit Deutschrap.

Genres wie House oder Techno haben nicht erst seit Drakes letztem Release den Weg in die Hip Hop-Szene gefunden. Bereits seit einiger Zeit verschmelzen die beiden ursprünglichen Subkulturen immer mehr miteinander und so werden Gigs zu Raves und umgekehrt. In Köln wird dies von einem jungen Herrn namens Dennis Dies Das in Perfektion zelebriert. Wie passend also, dass er nun den Track „Bass“ veröffentlicht.

Gleich zu Beginn des Tracks heißt es „Krieg den Bass nicht mehr aus meinem Kopf. Augenringe so groß wie das Universe“. Dann setzen die Vocals des Kölner Musikers ein, der fast panisch mit „8:10 wer hat an der Uhr gedreht?“ in den Song reinkommt. Im Anschluss schallert den Zuhörer:innen fetter Bass und ein Sample von „Can’t Get You Out Of My Head“ von Kylie Minogue um die Ohren. Support hat sich Dennis Dies Das für den Track von Whitey en vogue und Robbensohn geholt – alleine ravt es sich halt nicht so gut.

„Bass“ ist nach „Topform“ und „Çok Güzel“ die dritte Single, die der Musiker in kürzester Zeit releast hat. Mit seinem Sound fängt der Musiker das Nachtleben ein. Dies spielt sich sowohl in der Kölner Umgebung ab, könnte aber eben genau so gut in Berlin, Hamburg oder Amsterdam stattfinden. Von Unbekümmertheit und jugendlichem Leichtsinn durchdrungen propagiert er ein Lebensgefühl voller Positivität.

„Bass“ von Dennis Dies Das gibt’s hier:

Deutschraps Middle Child – Ahzumjot über seine Rolle(n) in der Szene

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Ahzumjot gehört auf dem splash! zum Inventar. Vor zehn Jahren hat er seine erste Show dort gespielt, heute hat er seinen Slot sicher. Wenn er die Bühnen auf Ferropolis betritt, entsteht ein besonderer Raum, den er sich mit seinem Publikum teilt. Die Energie auf und vor der Bühne verändert sich, wird zu kollektiver Ekstase. Wir treffen Alan am splash!-Freitag, einen Tag nach seinem Auftritt und sprechen mit ihm über seine Live-Shows, seine Rolle(n) in der Szene, Apsilon und die neue Deutschrap-Generation.

Du hast dein erstes splash! vor zehn Jahren gespielt, es ist also ein bisschen Jubiläum. Ist es dieses Jahr etwas Besonderes für dich?

In dem Jubiläumskontext? Ne. Das ist ja nur etwas, was ich selber weiß, das weiß ja das Publikum nicht. Die meisten, die dort stehen, waren nicht bei meinem ersten splash! Auftritt da. Viele davon haben ihr erstes splash! überhaupt jemals besucht. Deswegen nein, es war eher etwas Besonderes, nach dieser Zeit jetzt mal wieder hier zu spielen.

Wie erinnerst du dich denn an das splash! vor zehn Jahren? Wie war das für dich?

Geil! Es war ultra krass. Wir hatten auch extremes Glück. Wir haben damals vor Cro gespielt. Das war noch diese Zeit, da war Carlo noch nicht der eindeutige Superstar, aber der hatte „Easy“ draußen und es war klar, er wird jetzt einer. Er wurde dann auf später geschoben und war Headliner. Das war noch der Warm-Up-Tag und es war nur die Nebenbühne geöffnet. Es war viel zu voll, keiner ist mehr reingekommen und dann standen wir da vor 10.000 Leuten, an meinem Geburtstag tatsächlich. Das war natürlich krass, das erste Mal Festival und das erste Mal, so etwas zu sehen, so viele Menschen. Das ist schon eine crazy Erinnerung.

Auf Instagram hast du geschrieben, dass da dein Höhenflug anfing. Trübt das die Erinnerung?

Nein. Das ist etwas, das zu mir und meiner History gehört. Ich kann auch nur so darüber sprechen, weil ich diese Phase ja überwunden habe. Das gehört zu meiner Persona und ist ein wichtiger Bestandteil.

Löst so ein splash! Auftritt dann für die Zeit auf der Bühne noch diesen Egotrip aus?

Naja, in dem Moment, in dem ich auf der Bühne bin, bin ich ein Superstar. Das ist aber auch einfach mein Job, das zu sein. Ich stehe gerade hier oben, ich will euch entertainen und ihr habt nicht für Alan gezahlt, sondern für Ahzumjot. Sobald ich auf der Bühne stehe, ist der Superstarmodus einfach an. Das ist auch das, was ich am geilsten finde, wenn ich andere Acts sehe. Dass sie auf die Bühne gehen und sagen: „So, das ist mein Spotlight and I own that shit.“

Das ist dann wahrscheinlich auch das, was deine Shows ausmacht.

Wahrscheinlich. Gestern habe ich zum Beispiel wenige Ansagen gemacht und sehr durchgezockt. Ich bin auch kein Fan von Ansagen, wenn sie nicht wirklich Bestandteil der Show sind. Wenn es nur ein Danke ist, finde ich das oft deplatziert. Ich hasse das, wenn Acts sich zu oft bedanken. Dann habe ich das Gefühl, der macht das, weil er mir was schuldig ist. Aber ich als Zuschauer will einfach full on Superstar auf der Bühne sehen.

„Ich bin auf jeden Fall das Middle Child. (…) Ich glaube, ich war’s eigentlich schon immer.“

Es ist ganz witzig, dass du dich vorhin schon als Boomer-Rapper bezeichnet hast.

(lacht)

Darüber wollte ich nämlich mit dir sprechen. Das splash! ist wie ein Klassentreffen, bei dem alle Generationen an Rapper:innen zusammenkommen. Meistens sind die ziemlich genau voneinander getrennt. Du hast dich in den 10 Jahren zwar extrem verändert und entwickelt, bist aber als Rapper kaum gealtert. Du findest bei den OGs, aber auch in der New Wave statt. Wo siehst du dich? Wo fühlst du dich wohl?

Ich kenne natürlich meine Position. Ich weiß, dass ich nicht mehr zu den Younguns gehöre und will das auch gar nicht. Ich bringe etwas ganz anderes in das Game mit rein als die Younguns, aber ich bringe auch etwas anderes als die Älteren. Ich bin jetzt 33 geworden, ist alt, aber ich finde es tatsächlich cool, mit Rapper:innen zu arbeiten, die auch jünger sind, weil die mich inspirieren. Mit der Lockerheit, mit der Herangehensweise an das ganze Ding, mit so einer Unbefangenheit. Ich merke, wenn ich mit Älteren zusammenarbeite, dass sie ganz oft sagen „Das kann ich nicht machen, weil ich dafür nicht bekannt bin“. Aber ich finde eigentlich die Acts am spannendsten, die etwas droppen, was mich überrascht. Klar arbeite ich auch gerne mit Leuten, die länger im Game sind, weil ich da auf einem anderen Level etwas lernen kann. Ich hatte letztens ein längeres Gespräch mit Max Herre darüber, wo ich mich einordnen würde. Ich bin auf jeden Fall das Middle Child. Ich glaube das hat nicht einmal etwas mit meinem Alter zu tun, sondern ich glaube, das ist mein Mindstate. Ich glaube, ich war’s eigentlich schon immer.

Eine Erklärung ist auch deine Position als Konnektor in der Szene. Als Produzent arbeitest du mit vielen Acts zusammen, die noch sehr neu sind oder in anderen Nischen stattfinden und schaffst da neue Verbindungen. Siehst du dich in dieser Rolle?

Voll, 100 pro. Ich finde, die Kultur kann nur so wirklich florieren und geschehen, wenn keine Grenzen geschaffen werden zwischen Oldheads und Younguns. Ich glaube, nur deswegen kann ich nach so vielen Jahren und ja auch immer noch keinem Durchbruch überhaupt noch da sein. Ich hatte ja noch keinen Hit oder so, aber ich bin noch da, weil ich sowohl von den Younguns, als auch von den Älteren akzeptiert werde. Ich kann an einem Tag mit einem Max Herre vier Stunden chillen und am nächsten Tag mit BHZ ins Studio gehen. Das ist das, was mich ausmacht, aber auch, wie es mir am meisten Spaß macht.

Im letzten Jahr hast du noch eine weitere Rolle eingenommen. Du hast Apsilon ein Stück weit entdeckt.

(hadert)

Würdest du nicht so sagen?

Ich will mir das nicht auf die Kappe schreiben, weil es früher oder später eh dazu gekommen wäre, dass er auf einem höheren Level wahrgenommen wird. Weil es sein Talent ist, das ihn ausmacht und nicht, dass ich ihm Props gegeben habe. Ein Stück weit war ich der erste größere Künstler, der mit ihm gearbeitet hat. Er hat mir Sachen geschickt, da gab es noch nichts von ihm außer eines Instagram-Accounts mit einem Freestyle. Aber entdeckt…

Er hat dann aber auf einem extrem hohen Niveau angefangen. Kein Newcomer, der das erste Mal einen Song rausbringt, bringt einen Song wie „Sport“ raus und da hattest du ja schon Einfluss drauf.

Ich hab den produziert, ja.

Wie bist du in seinen Künstleraufbau involviert? Was bist du gerade für ihn?

Es kommt so viel von ihm. Er ist ein unfassbar schlauer Typ. Das bin nicht ich, er arbeitet ja auch mit so vielen unterschiedlichen Leuten zusammen. Ich bin da nicht in jeden Song involviert, aber wir reden sehr viel miteinander. Er selbst hat es gesagt, ich zitiere ihn da nur, dass es ein bisschen eine Mentoren-Rolle ist. Auch das würde ich nicht sagen, weil das ist voll whack und cheesy, übertreib mal nicht, Bro. Ich kenne auch einfach meine Rolle. Ich bin selbst kein Künstler, der einen Durchbruch hatte, also wo soll ich es mir rausnehmen, plötzlich zu sagen, ich bin dein Türöffner? Aber klar weiß ich, was ihm die Gespräche auch bedeuten und gleichzeitig bedeuten sie mir ja auch total viel. Weil ich in ihm auch Sachen sehe, die ich an mir habe und hatte und ich profitiere genauso an diesen Gesprächen und diesem Austausch. Dieses junge, frische, infantile teilweise und vor allem sehr dankbare hält mein Mindset auch auf dem Boden am Ende des Tages.

Im letzten Interview hast du von der Zukunftsperspektive Executive Producer gesprochen. Da bist du ja aber auch Mentor, oder?

Das hat ein Stück weit auch so eine Mentoren-Rolle, aber ich würde eher sagen, eine begleitende Rolle. Ich versuche nicht, Leuten etwas aufzustülpen, sondern ich versuche eher, ihre Visions zu erweitern und sie auf ihrem Weg zu begleiten. Deshalb würde ich auch sagen, dass ich der beste Executive in Deutschland bin, weil ich komplett auf die Leute eingehe. Das macht mich aber natürlich nicht zum erfolgreichsten executive Producer. Ich kann niemanden zu einem Superstar machen, weil ich das ja selbst noch nicht bei mir geschafft habe (lacht).

„Ich habe das Gefühl, dass Neid in der jüngeren Bubble weniger eine Rolle spielt.“

Du hast in letzter Zeit mit vielen Künstler:innen der neuen Generation aus Deutschrap zusammengearbeitet: Babyjoy, Apsilon, MAJAN, FELLY, Gianni Suave, Souly, Lugatti & 9ine, OG Keemo. Was findest du, macht sie aus? Was eint sie?

Sehr viel Lifestyle. Es ist sehr viel Lifestyle-Mucke. Deswegen sehe ich mich auch da immer nur als Connector und als Zwischenglied, weil ich nicht denselben Lifestyle lebe. Ich lebe einen ganz anderen, ich habe zwei Kinder und bin ganz wo anders im Leben. Es macht sehr viel Lifestyle aus und sehr viel Nahbarkeit. Und ich meine nicht einmal durch Social Media. Sehr viele dieser Acts sehen so aus, als würden sie selbst als Besucher auf dieses Festival gehen. Die kriegen dann zwar ihren Superstarfilm auf der Bühne, aber die Leute davor sehen auch: „Der sieht aus wie ich, der lebt wie ich, hat dieselben Probleme, aber auch denselben Grund zu feiern. Das könnte ich sein.“ Und ich glaube, das macht es aus.

Ich finde, was gerade auf dem splash! aber generell auch sonst auffällt, ist dieses sehr enge Netzwerk und der bedingungslose Support zwischen den Künstler:innen. Als du dein Mixtape veröffentlicht hast, hast du auf Instagram bemängelt, dass dir dieser Support manchmal fehlt.

Ja, aber in meiner Bubble. Und meine Bubble ist eine andere. Gatti & 9ine und sonst wer haben das geteilt, aber die Leute aus meiner Riege, mit denen ich auch groß geworden bin, das war sehr verhalten. Ich habe das Gefühl, dass Neid in der jüngeren Bubble weniger eine Rolle spielt. Du wirst heute die BHZ Show sehen. Du wirst sehen, dass an irgendeinem Punkt Lugatti & 9ine auf die Bühne hüpfen, selbst wenn es nicht deren Song ist. Und dass auch deren Jungs auf die Bühne hüpfen, weil alle zusammen diesen Moment feiern. Gestern bei mir kam dann irgendwann Kelvyn Colt hoch, Nura kam hoch und Felly kam nochmal und wir haben zusammen den Moment gefeiert. Da geht es nicht um die Einzelperson, sondern es geht darum: „Wir supporten dich, wir sind da.“ Und Neid spielt in meiner Bubble aber tatsächlich eine große Rolle.

Glaubst du das hat auch was mit Männlichkeitsbildern zu tun? Da sehe ich bei der jüngeren Generation auch eine Entwicklung.

Voll! Unfassbar. Natürlich, Alpha-Tier, mir gehört dieser Space. Ich gehe da zwar hoch und mir gehört diese Bühne, aber am Ende des Tages gehört dieser Moment uns allen. Das ist vielleicht ein bisschen Old-Head-Shit, das so zu sagen, aber for the culture. So macht der ganze Scheiß doch auch nur Spaß, wenn du das Gefühl hast, dass diese Energy sich auf alles überträgt, auf die Leute, die hinter der Bühne stehen, auf die Leute vor der Bühne und auf die Leute auf der Bühne.  Das geht nur mit einem gemeinsamen Feeling. Das fängt an mit einem Starmoment, aber es soll in so einem wholesome Safe Space enden. Ich habe euch dann den Superstar gegeben, aber am Ende des Tages habe ich hier gerade eine gute Zeit und ich hoffe, ihr habt sie genauso. Deswegen wird Ahzumjot dann gegen Ende der Show immer mehr zu Alan.