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Mavi Phoenix kehrt mit dreamy Pop-Rock zurück auf die Bühne

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Still von Mavi Phoenix ft. RTO Ehrenfeld im ZDF Magazin Royale
Still von Mavi Phoenix ft. RTO Ehrenfeld im ZDF Magazin Royale

Mit „Nothing Good“ ist Mavi Phoenix nach einjähriger Pause ein Comeback-Auftritt gelungen, den wir uns so nicht erwartet hätten. Musikalisch scheint der Musiker mit der Single einen neuen Weg fernab des Traps und Hip-Hops einzuschlagen.

Mit einem erstklassigen Gitarrenriff ist Mavi Phoenix zurück auf der Bühne. Es ist sein erster Live-Auftritt nach der einjährigen Pause, die sich der Musiker nach seinem Debütalbum „Boys Toys“ genommen hat. Nun steht er im Studio des „ZDF Magazin Royale“ – dort wo er drei Jahre zuvor noch den Song „Ibiza“ performt hat – und klingt dabei nicht mehr nach aggressivem Trap, sondern nach dreamy College-Rock.

Bereits mit der ruhigen Frühlingsnummer „Grass And The Sun“ war die Überraschung über die neue musikalische Facette Marlon Naders groß. In Jan Böhmermanns Show überbietet er das sogar noch, zeigt sich stilbewusst mit neuer Frisur im Flanellhemd und springt am Schluss auf etwas, das aussieht wie die abstrakte Version der Hochhauskulisse aus „Fck It up“. Das wohl Einzige, was mit „Nothing Good“ fortgeführt wird, ist das radikal ehrliche Songwriting, das an „Family“ oder „Bullet In My Heart“ erinnert.

Spätestens mit Refrainzeilen „Nothing is ever right with you / Nothing is ever good with you / Nothing is good enough for you” bohrt sich Mavi erneut tief in unsere Herzen. Hier, wo sich sämtliche Songs aus dem Debütalbum schon festverankert haben, ist auf jeden Fall noch Platz für mehr. Mavis sympathisches Grinsen nach dem Auftritt haben wir jedenfalls vermisst.

Den Auftritt von Mavi Phoenix mit „Nothing Good“ könnt ihr hier sehen:

 

„Get It Done“ von Sharktank macht die Sehnsucht nach dem Debütalbum größer

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Sharktank mit
Sharktank mit "Get It Done" © Hanna Fasching

Es sind nur fünf wuchtige Beats, die es braucht, um vom Sound der neuen Sharktank-Single überzeugt zu sein. Mit „Get It Done“ kündigen Sharktank ihr verheißungsvolles Debütalbum an.

„Slow down you can have some fun“, stellt Mile Lechner im Rap-Intro unter hämmernden Drums gleich mal klar. Guter Hip-Hop-Song, denkt man sich dann. Bisschen Old-School, bisschen Kanye, ziemlich catchy. Mit dem warmen Bass kommt der Refrain kommt Katrin Pauczs Stimme. Und plötzlich erkennt man ihn, diesen unvergleichlichen Sharktank-Klang, den ebendiese Mixtur aus erstklassigen Drums, rauen Raps und weicher Indie-Stimme formt.

Noch im November haben wir die Band aus Wien als Newcomer:innen vorgestellt. „New“ sind sie nach nicht mal einem Jahr Bandbestehen immer noch. „Coming“ kann man allerdings nicht mehr ganz behaupten, denn Mile Lechner, Katrin Paucz und Marco Kleebauer sind mit „Sharktank“ bereits ein fester Bestandteil der europäischen Musiklandschaft. Ihre Debütsingle „Washed Up“ wurde auf Spotify inzwischen schon fast 1 Million mal gehört und immer wieder landen sie in den Empfehlungslisten und Playlisten einschlägiger Musikmedien.

Das ist wohl dem sehr internationalen Sound zu verdanken, der nicht zuletzt wegen seiner musikalischen Referenzen („Stell dir vor, die Beatles haben mit Kanye West eine Punkband gegründet“) immer etwas anachronistisch wirkt. Gleichzeitig ist es aber auch die Leichtigkeit und die Spontanität, die das simple Erfolgskonzept der Band ausmachen. Dazu gehört auch der selbstironische Humor der Truppe, der ständige Schlagabtausch, die Insider-Jokes während der regelmäßigen Proben. Im Musikvideo zu „Get It Done“ fängt Rupert Höller und ein talentiertes Team Kreativer diese harmonische Banddynamik gekonnt ein.

Das Video zu „Get It Done“ von Sharktank gibt es hier:

Exklusive Videopremiere: Auf „Analog“ verzehrt es SALÒ nach Körperlichkeit

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Still aus dem Video zu "Analog"

Auch an SALÒ nagen die Auswirkungen der Pandemie und des gefühlt ewig währenden Lockdowns. „Analog“ ist eine Elektropunk-Ode an das Bedürfnis nach realer körperlicher Nähe. Es ist die dritte Single der im Herbst erscheinenden LP „120 Jahre Einsamkeit“.

Sinn und Zweck des Lockdowns ist es, uns zu distanzieren. Dies ist richtig und wichtig, geht jedoch nicht spurlos an uns vorbei. Das Leben findet weitgehend digital statt und menschliche Interaktionen verändern sich in ihren Grundzügen. Dadurch, dass wir uns von anderen distanzieren, distanzieren wir uns teilweise auch von uns selbst. „Am Highway der Gefühle steh ich ewig schon im Stau / man vermisst ja immer irgendwas, ich vermisse deine Haut“ – In „Analog“ singt SALÒ über das menschliche Grundbedürfnis nach körperlicher Nähe und die Sehnsucht, jetzt, wo dieses hinten anstehen muss.

„Analog“ spiegelt erneut die Raffinesse des 31-jährigen Musikers aus Wien wider, komplexe Emotionen direkt und unverhohlen auszudrücken und sie so zugänglich zu machen. SALÒ übt sich mit Bravour in Selbstbeobachtung. Er spürt und reflektiert sein Dasein als Gefühlswesen in diesen Tagen und bringt Mängel auf den Punkt. Wie auch auf dem Vorgänger „Oxytocin“ zeigt er sich dabei verletzlich, wodurch es umso natürlicher ist, sich mit ihm und dem Gefühl zu identifizieren.

„Analog“ bildet die dritte Auskopplung des im Herbst erscheinenden Tapes „120 Jahre Einsamkeit“. Zwar bleibt SALÒ auch auf „Analog“ seinem EBM und Elektropunk lastigen Sound treu, schlägt jedoch im Vergleich zur Vorgängersingle „Oxytocin“ einen etwas harmonischeren Sound ein. Sein gesamtes Spektrum gab der Musiker zuletzt in der digitalen Ausgabe des diesjährigen c/o Pop zum Besten. Für die Produktion und Gestaltung des Musikvideos zu „Analog“ holte sich SALÒ die Künstlerin Sarah Kreuz ins Boot, welche bereits mit Dives, Lou Asril und Ankathie Koi zusammenarbeitete.

SALÒ mit „Analog“:

„Jede queere Person ist ein Vorbild“ – girl in red im Interview

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Die Norwegerin Marie Ulven ist gerade mal 22 Jahre alt. Und doch macht sie sich bereits einen Namen in der weltweiten Musiklandschaft. Mehr noch: Sie wird Leitfigur der internetaffinen „Gen Z“. Nun erscheint ihr Debütalbum „if i could make it go quiet“. Wir haben uns mit „girl in red“ über die LGBTQ+ Community, Selbstfindung und die kleinen Dinge des Lebens unterhalten.

New York City, Sao Paulo oder Moskau: Auf riesigen, roten Plakaten oder Bildschirmen mit schwarzer Schrift ist „Do you listen to ‚girl in red‘?“ zu lesen. Der Name ist von nun an weltweit bekannt. Und die Frage ein Code, groß geworden in der jungen, queeren Szene, um jemanden nach der sexuellen Orientierung zu fragen.Zurückzuführen ist das auf Marie Ulvens ersten großen Hit aus dem Jahr 2017. In „we fell in love in october“, aber auch in anderen Songs, verarbeitet sie ihre Erfahrungen mit gleichgeschlechtlichen Beziehungen. Instagram und später auch TikTok explodieren, die kritische Musikpresse lobt ihre Musik in den Himmel.

Auch ihre zwei EP’s („Chapter 1 & 2“) und zahlreiche Singles im Bedroom-Pop/Lo-Fi-Gewand sind unglaublich erfolgreich. Doch jetzt denkt die Künstlerin noch größer. Auf ihrem Debüt „if I could make it go quiet“ (VÖ: 30. April via world in red/AWAL) bricht sie weitestgehend aus dem DIY-Sound aus und macht einen Schritt nach vorm. Sie liefert mächtige und hochqualitativ produzierte Pophymnen, die sich allerdings nicht komplett von dem „girl in red“-Charme verabschieden.

Verrat, Depression oder Sehnsucht: „girl in red“ besticht auch weiterhin durch gnadenlose Ehrlichkeit. Mit „if i could make it go quiet“ kreiert sie Songs für die ganz großen Bühnen und findet eine Sprache, die universell ist und unterschiedlichste Menschen eint. Sie zementiert ihr Standing sowohl in in der Musik, als auch in der Popwelt generell. Doch was macht all das mit einer 22-Jährigen?

Musst du dich eigentlich manchmal kneifen, um zu begreifen, was die letzten Jahre in deinem Leben abging?

Es ist alles ziemlich verrückt. Aber da es ja mein Leben ist, bin ich daran gewöhnt. Wenn ich dann mal etwas Abstand von all dem nehme und zurückblicke, ist das wirklich unglaublich. Dafür bin ich sehr dankbar, ich hätte nie gedacht, dass sich das so entwickeln würde.

Du bist noch vor deinem ersten Album zu einer Symbolfigur für die LGBTG+ Community und für die queeren Menschen geworden. Wie hast du den ganzen „Do you listen to ‚girl in red‘?“-Hype empfunden?

Ich habe das definitiv verfolgt. Ich meine, wir haben Plakate auf der ganzen Welt aufgehängt. Es ist einfach super cool, dass das jetzt ein Ding geworden ist. Irgendwann war dann der Zeitpunkt erreicht, an dem ich zu mir selbst gesagt habe: „Oh mein Gott, du bist jetzt ein ‚Urban Dictionary‘“. Das zu beobachten macht wirklich Spaß.

Erzeugt das für dich auch einen gewissen Druck, so als Vorbild der „Generation Z“?

Nicht wirklich, ich gehöre ja selbst zu dieser Generation. Und man darf nicht vergessen, dass ich erst 22 Jahre alt bin. Es ist gerade mal drei Jahre her, dass ich die Schule beendet habe. Ich meine, was kann ich schon wissen? (lacht) Ich möchte eher, dass die Leute so denken: „Ich finde für mich heraus, was ich machen möchte, genauso wie es ‚girl in red‘ für sich selbst tut“. Dieser Ansatz ist besser. Weil ich auch eben erst 22 Jahre alt bin. Das ist super jung. Früher, als ich 16 war, dachte ich, ich wäre in diesem Alter weise. Aber das bin ich nicht.

Hast du da Tipps für die Leute in deinem Alter? Wie können sich junge Menschen selbst finden?

Nehmt euch Zeit, ihr Süßen. Es ist euer Leben, also setzt euch nicht unter Druck. Und ganz ehrlich: Gewissermaßen hoffe ich für euch, dass ihr es nie komplett herausfindet. Ich meine, wenn man ein Gefühl dafür entwickelt, ist das super. Aber irgendwie werden wir nie genau wissen, wer wir sind, weil wir uns doch ständig verändern. Also macht euch keine Sorgen, es wird sich alles finden.

Hast du ein Vorbild in der Queer-Community?

Nicht wirklich. Jede queere Person ist ein Vorbild. Mich inspirieren Menschen, die tun, was sie wollen – Menschen, die ihr Leben voll ausleben und ihr eigenes Ding machen.

Das gilt ja auch für dich. Auf deinem Debüt gibst du dich öffentlich sehr verletzlich. Musstest dafür eigene Grenzen überwinden?

Ich denke, dass ich einfach so bin. Ich möchte diese Ehrlichkeit nach außen tragen. Ich bin eine offene Person und vertraue den Menschen eigentlich sehr schnell, weil ich immer das Beste von ihnen denke. Da ist also dieser wichtige Teil von mir, der sich denkt: „Die Leute werden es schon kapieren“. Ich mache mir keine Sorgen, dass sie es missverstehen.

Mit was setzt du dich genau auseinander?

Es geht um meine mentale Gesundheit. Also sowohl um die guten, als auch die schlechten Seiten. Ich muss akzeptieren, wenn die eher schwierigen Zeiten überwiegen, aber da ich generell ein hoffnungsvoll bin, sind es eh meist die guten Seiten. Ich verarbeite aber auch all das, was im Leben eines jungen Menschen passiert: Liebe, Herzschmerz, Verlust und Sex.

Also gibt es keinen Unterschied zwischen „girl in red“ und Marie Ulven?

Ich glaube, es ist die selbe Person. Wobei ‚girl in red‘ schon noch energetischer auf der Bühne ist. Ich kann ein sehr energiegeladener Mensch sein in manchen Situationen.

Das merkt man auch bei deinem Album, das etwas weg geht von dem Lo-Fi/Bedroom-Pop eher hin zu einer fetten Produktion. War es wichtig für dich, diese teils schwierigen Themen in energiegeladene Sounds zu manifestieren?

Persönlich höre ich traurige Musik nicht so gerne. Versteh mich nicht falsch, ich mag schon auch Songs, die sad sind…nur meistens wird mir das dann schnell zu viel. Aber vielleicht kommt die Phase noch, in der ich mich an einen traurigen Sound wage.

Aktuell bist du allerdings eher beim Rappen angekommen. Zumindest auf dem Song „Serotonin“. Wie kam es dazu?

Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, weshalb ich rappen wollte. Irgendwann flogen diese Ideen durch meinen Kopf und ich finde, in der Umsetzung hat es geklappt. Ich denke, ich klinge immer noch wie „girl in red“ und nicht wie jemand, die gerne eine Rapperin sein möchte. Ich kann mehr als so zu klingen, wie es die Leute von „girl in red“ gewohnt sind. Dafür musste ich nichtmal meine Komfortzone verlassen, weil ich es selbst so unbedingt wollte. Ich möchte mich einfach immer wieder selbst herausfordern.

Für den Song hast du sogar mit dem GRAMMY-Produzenten und Bruder von Billie Eilish FINNEAS zusammengearbeitet. Wie war das?

Es war wirklich gut. Ich habe ihm den Song zugesendet, weil ich gerne noch etwas Input haben wollte. Und er war super entspannt. Wir haben uns den Song dann immer wieder hin und her geschickt, bis er dann so geworden ist, wie er nun klingt. Und laut ihm sagte Billie auch, dass sie den Song sehr mag. Ich selbst habe mit ihr allerdings noch nicht gesprochen.

Das klingt nach einer spannenden Zeit. Was nimmst du aus den vergangenen Monaten für dich mit?

Ich habe gelernt, dass ich eine Produzentin bin. Also das war ich vorher auch schon, nur jetzt nach meinem Debüt sage ich es voller Stolz. Abgesehen davon habe ich gelernt, dass ich mich mehr disziplinieren und mehr auf mich achten muss. Und ich habe gelernt, besser mit meiner Angst umzugehen – mein Hund hilft mir da sehr.

Wenn wir schon über „Serotonin“ sprechen. Was macht die glücklich?

Wenn ich meine Freund*innen sehen kann. Das ist mir erst in der vergangenen Zeit deutlich geworden. Und natürlich meinen Hund. Abgesehen davon versuche ich das allerdings noch herauszufinden. Zuletzt war es stressiger wegen der ganzen Arbeit. Aber jetzt kann ich sagen: Aktuell bin ich sehr, sehr glücklich – vielleicht so glücklich wie nie zuvor. Aber auch die Definition von Glück wechselt im Verlaufe eines Lebens.

Und live spielen, das sagst du ja immer wieder. Aber wie sieht dein Leben nach Corona, der hoffentlich bald kommenden Tour und allgemein nach dieser Platte aus?

In erster Linie möchte ich irgendwann zurück ins Studio und an neuer Musik arbeiten. Ich versuche jetzt schon herauszufinden, wie der Sound sein könnte. Aber natürlich möchte ich insbesondere auch meine Freund*innen sehen, also mal wieder richtig leben und neue Inspirationen bekommen. Das vergangene Jahr war nicht sehr inspirierend, so geht es mit Sicherheit vielen Künstler*innen. Es ist einfach ganz wichtig unter Leuten zu sein. Dadurch bekommt man neue Ideen. Aber ja: Ich möchte insbesondere auch einfach mal wieder richtig leben, weißt du? Ein Bier mit meinen Freund*innen, Wandern gehen hier in Norwegen und einfach ein Touri in meiner Heimat sein. Ich gebe mich da mit einfachen Dingen zufrieden.

Und wo siehst du deine heutige Rolle in der Musikszene?

Ich hoffe sehr, dass ich als aufstrebende Künstlerin angesehen werde, weil ich das Gefühl habe, gerade erst anzufangen.

Wo möchtest du mittel-/langfristig hin?

Madison Square Garden.

Uh, gibt es da bereits Pläne?

Noch nicht (lacht). Aber dort möchte ich spielen. Und ich will zu den Grammys. Ja, ihr hört richtig: Ich gehe die Scheisse an!

Vielen Dank für das Interview!

Seht hier das Video von girl in red zu Serotonin:

Fotos: Jonathan Kise

Zum Albumrelease veröffentlicht Mine „Hinüber“ mit einem Gastbeitrag von Sophie Hunger

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Mine veröffentlicht
Mine veröffentlicht "Hinüber"

Für die aktuelle Singleauskopplung aus ihrem heute erschienen Album hat Mine die Musikerin Sophie Hunger eingeladen. In „Hinüber“ setzen sie sich selbstreflektiert mit der aktuellen Klimakrise auseinander.

„Ich bin hundert Jahre alt“ singt Mine zu Beginn ihrer neuen Single „Hinüber“. Eine Müdigkeit, die wohl viele verspüren, wenn Diskussion sich jahrelang im Kreis drehen. Die Musikerin macht diesem Gefühl Luft und veröffentlicht ihr neues Album mit einer Single, die fordernder kaum sein könnte. Anstatt eines eingängigen Popsongs unterstreicht Mine ihr Release mit einer Ansage. Unterstützt wird sie dabei von Sophie Hunger. „Sophie Hunger ist meine persönliche Heldin“ sagt Mine selbst zu der Zusammenarbeit.

„Hinüber“ lässt sich als thematische Anknüpfung an Mines erste Singleauskopplung „Unfall“ deuten. Das dramatische Streicherarrangement und die bedrohliche Drum-Kulisse vertonen den Ernst der Lage. Die katastrophale Klimasituation ist präsenter denn je, findet aber verhältnismäßig selten Einzug in die Musik. Vielleicht auch okay so. Statt aktivistischer Selbstbeweihräucherung wirkt ihr Umgang ehrlich und gleichzeitig distanziert. Ihr Anliegen ist persönlich und funktioniert ebenso als Stimmungsabbild der Gegenwart.

Dabei meistert Mine durch ihr Songwriting die Gradwanderung zwischen Zugänglichkeit und thematischer Tiefe. Es findet eine Auseinandersetzung mit Phänomen der Gegenwart statt, die trotz allem nachvollziehbar und verständlich bleibt. Besonders bezeichnend wird dies, wenn Mine singt: „Solang du nicht wach bist, lass ich dich nicht los.“ Eine Reflektion der eigenen Wokeness und das Bewusstsein von zwischenmenschlichen Grabenkämpfen, die Diskussion um solche Themen auslösen können.

Betont werden darf hier auch die musikalische Vielseitigkeit von Mine. Egal welche Instrumentierung oder welche Feature-Gäste. Die Songs tragen immer ihre Handschrift. Mit „Hinüber“ hat Mine erneut bewiesen, dass sie einen einzigartigen Stellenwert in der deutschsprachigen Musiklandschaft hat.

Seht hier das Video zu „Hinüber“ mit Sophie Hunger:

10/10 Ex Olympic: „Es ist eine subtile Telepathie, die den Künstler an das Publikum bindet“

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Ex Olympic // © Kent Andreasen

Zugegeben: Südafrika gilt aus europäischer Sicht nicht unbedingt als die Brutstätte unzähliger und international renommierter Künstler:innen und Bands – auf dem ersten Blick. Multiinstrumentalist Nicolaas Van Reenen beweist das Gegenteil: Sein ätherisch-ästhetischer Mix aus Psychedelic Rock und Neofolk, der zeitweise an Grizzly Bear oder Radiohead erinnert, ist Aushängeschild der Musikszene am Kap der guten Hoffnung. Vor kurzem hat er sein Album „xo“ herausgebracht. Für unser Format 10/10 hat uns Ex Olympic zehn Fragen beantwortet.

1/10 Welche Themen beschäftigen dich und haben dabei direkten Einfluss auf die Musik?

Ich denke, das meiste, über das ich schreibe, ist ziemlich persönlich – wie eine Art Selbsttherapie. Ich versuche, meine Gedanken und Ideen sehr offen einzubeziehen. Während des Songwriting möchte ich meine Emotionen in etwas verwandeln, das ich hinterher selbst nachvollziehen kann. Ich glaube und hoffe, dass die Themen, die ich anspreche, recht universell sind.

2/10 Welches Release würdest du einer Person vorstellen, die dich noch nicht kennt?

Uff…ich bin mir nicht sicher. Ich denke, meine erste EP „Hangups“ ist ein guter Anfang, da es sich um ein breit gestreutes Moodboard mit verschiedenen Musikstilen handelt, die ich feiere. Mein Album „xo“ hingegen fokussiert sich ein bisschen mehr auf eine Ästhetik, die sich ehrlich und transparent anfühlt – ohne viel Schnörkel. Ich versuche da mit meiner Verwundbarkeit umzugehen.

3/10 Wie entsteht deine Musik?

Tracks beginnen normalerweise vor dem Klavier oder auf meiner Gitarre. Manchmal beginne ich mit einem Groove. Es kommt wirklich darauf an, wie meine Stimmung an dem Tag st. Ich komme meistens ins Studio und schreibe mindestens eine neue Idee auf, die ich habe – das heißt, nur sehr wenige meiner Ideen, werden dann zu vollständigen Songs. Bei mir gibt es also viele Festplatten mit halbgaren Demos. Die Songs, die ich am Ende fertigstelle, rufen normalerweise in den frühen Stadien ein Gefühl emotionaler oder konzeptioneller Dringlichkeit in mir hervor, und ich bin davon besessen, bis ich das Gefühl habe, etwas geschaffen zu haben, das für sich selbst spricht.

4/10 Wie würdest du deine Rolle in der Musik beschreiben?

Ich weiß nicht, ob ich eine Rolle habe, um ehrlich zu sein. Ich arbeite im Allgemeinen isoliert. Da möchte ich allerdings gerne ändern, weil ich denke, dass eine Zusammenarbeit mit anderen Musikern eine wunderbare und erfüllende Übung sein kann, mit der ich mich nicht oft genug beschäftige. Das heißt nicht, dass ich mich als Ideenmaschine mit geschlossenem Kreislauf betrachte. Ich lasse mich von vielen anderen Künstler inspirieren und hoffe, dass meine Musik wiederum etwas wertvolles hervorbringt, aus dem andere Künstler schöpfen können.

5/10 Stehen Musik und Ästhetik für dich in einem Zusammenhang?

Ich denke, Musik ist wie jede Kunst (in meiner Konzeption des Wortes) an sich ästhetisch. Sie drückt aus, was eine Person (der Musiker) für schön und eben ästhetisch hält. In der Hoffnung, dass die Wahrnehmung dieser Schönheit für eine andere Person (die Beobachter) ungefähr auf gleichem Level ist. Ich habe das Gefühl, dass Empathie eine große Rolle beim Musikmachen und Hören spielt. Ohne Empathie kann ein Künstler nichts schaffen, das die Sensibilität einer anderen Person anspricht, und als Zuhörer liegt der Musikgenuss oft darin, irgendwie zu verstehen, was der Künstler fühlte oder welche Sensibilität er beim Schaffen des Werkes auszudrücken versuchte. Es ist eine subtile Telepathie, die den Künstler an das Publikum bindet. Ich weiß nicht, das fühlt sich wie eine ausschweifende Antwort an, aber ich glaube, ich habe möglicherweise kein perfektes Verständnis dafür, was unter dem Begriff „Ästhetik“ zu verstehen ist. :)

6/10 Welchen Stellenwert hat das Thema Digitalisierung für deine Musik?

Ich weiß nicht genau.

7/10 Welche Jahre in der Musikgeschichte waren für dich am prägendsten?

Ich bin in den 90ern mit älteren Schwestern aufgewachsen, die mir coole Musik gezeigt haben. Und die liebe ich immer noch. Es gibt da also eine Menge, die irgendwie in meine DNA eingebaut ist. Und als ich aufgewachsen bin, hat mein Vater Musik aus den 70ern geliebt, die sich also auch bei mir eingebrannt hat.

8/10 Hast du irgendwelche Eigenarten?

Wahrscheinlich schon.

9/10 Was ist der beste Self-Care Rat, den du geben kannst?

Holt euch Hilfe, wenn ihr sie braucht. Sagt Leuten, dass ihr sie liebt, wenn es so ist. Meditiert. Lernt Dinge zu fühlen, ohne euch zu fürchten, dass sie euch überwältigen könnten. Lernt, euer inneres Kind zu lieben. Ich denke, dass Baz Luhrmanns Song „Everybody’s Free (To Wear Sunscreen) die meisten wesentlichen Punkte abdeckt.

10/10 Willst du noch etwas loswerden?

Haltet durch, Leute!

Hört hier die Single „Eagles!“ von Ex Olympic:

Drangsal ist über Nacht mit „Urlaub von mir“ zurück und kündigt „Exit Strategy“ an

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Drangsal ist über Nacht mit
Drangsal // © Max vom Hofe

Die neue Single „Urlaub von mir“ ist die erste Singleauskopplung aus dem Nachfolgewerk von „Zores“. In seinem neuen Song geht es um den inneren Teufel, den jeder in sich trägt.

Seit nun etwa über einem Jahr ist jeder Einzelne von uns dazu gezwungen sich sehr viel mit sich selbst zu beschäftigen. Wir verbringen mehr Zeit in den eigenen Räumlichkeiten und haben daher auch mehr Zeit, um den inneren Teufel in sich kennenzulernen und ihm die Hand zu reichen. So ähnlich muss es auch Max Gruber aka Drangsal beim Schreiben des Textes zu „Urlaub von mir“ ergangen sein. In seiner neuen Single geht es um Selbsthass, das Gefühl der nie erreichten Zufriedenheit und die sich daraus ergebene Erschöpfung. Diese führt in dem Fall so weit, dass Drangsal dringend Urlaub von sich selbst benötigt.

„Urlaub von mir“ ist die erste Singleauskopplung aus dem neuen Album „Exit Strategy“. Der Nachfolger von Zores aus dem Jahr 2018 erscheint am 27. August – mitten in der Urlaubszeit. Wirft man einen Blick auf den Social Media-Account des Musikers, stellt man fest, dass sämtliche alten Posts verschwunden sind und lediglich das Artwork zu dem neuen Song zu sehen ist. Dies zeigt Max Gruber vor einem Spiegel stehend. Ihm gegenüber steht eine Mephistopheles Version von ihm selbst.

Musikalisch knüpft „Urlaub von mir“ an den Sound von „Zores“ an, lässt jedoch auch Momente aus dem ersten Album Harieschaim immer wieder kurz aufblitzen. Dies zeugt von einer neuen Freiheit, die sich Drangsal selbstbewusst für „Exit Strategy“ genommen hat: „Fesseln zerbeißen /
Auf alles scheißen /Ich will die Paläste sprengen“. Auf „Urlaub von mir“ hört man einen jungen deutschen Musiker, der irgendwie nicht so richtig in die deutsche Poplandschaft passen will und gerade deshalb wahrscheinlich so gegenwärtig wie kaum ein anderer ist. Die Single ist ab sofort auf allen gängigen Plattformen verfügbar.

Tracklist

01. Escape Fantasy
02. Exit Strategy
03. Mädchen sind die schönsten Jungs
04. Rot
05. Liedrian
06. Ich bin nicht so schön wie du
07. Urlaub von mir
08. Schnuckel
09. Benzoe
10. Ein Lied geht nie kaputt
11. Karussell

„Urlaub von mir“ von Drangsal gibt es hier:

Poesie im Aufwind: Sinead O’Brien veröffentlicht „Kid Stuff“

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Sinead O'Brien // © Wanda Martin

Die Irin kehrt nach ihrer hochgelobten Debüt-EP „Drowning In Blessings“ mit „Kid Stuff“ zurück. Dort verbindet sie Lyrik mit Art Rock/Post-Punk und zeigt, dass das die Dichtkunst alles andere als veraltet ist.

Spoken Word ist in Großbritannien und Irland beliebt. Zahlreiche Künstler*innen und Bands wie The Streets, Sleaford Mords oder Kae Tempest beweisen das seit langer Zeit. Seit kurzem macht eine weitere Dichterin auf sich aufmerksam: Sinead O’Brien. Sie kommt, ebenso wie David Balfe mit seinem bemerkenswerten Spoken-Word-Projekt „For Those I Love“, aus Dublin. Auch er releaste kürzlich sein Debüt. Die Hauptstadt der Dichter scheint seinem Namen also auch im Jahr 2021 gerecht zu werden.

Die Punk-Poetin und hauptberufliche Designerin Sinead O’Brien fängt alltägliche Momente und Begebenheiten in einem Zustand ein, der sich jeglicher Genre-Restriktion und Zuordnung widersetzt. Sie kombiniert sie mit Einflüssen literarischer Werke von Samuel Beckett oder W.B Yeats. Musikalisch untermalt sie das gesprochene Wort mit der aktuell in UK aufstrebenden, fesselnden und rotzfrechen Post-Punk-Attitüde á la Squid, Dry Cleaning oder Do Nothing.

Über ihren neuen Song sagt Sinead O’Brien selbst: „‚Kid Stuff‘ shows up all different tones on different days. There’s something alive in it which cannot be caught or told. It is direkt but complex; it contains chapters. This feels like our purest and most succinct expression yet“. Produziert wurde der Song von Dan Carey, der unter anderem auch mit Fontaines DC zusammengearbeitet hat.

Seht hier das Video zu der neuen Single „Kid Stuff“ von Sinead O’Brien:

„What Else Can Break“ ist Mira Lu Kovacs‘ kraftvolles Überlebensalbum

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'What Else Can Break' ist Mira Lu Kovacs Überlebensalbum
Mira Lu Kovacs 2020 - © Hanna Fasching

Wer sie kennt, weiß es: Sobald Mira Lu Kovacs mit ihren Fingern über die Saiten rutscht und dazu in den höchsten Tönen berührende Herzschmerzballaden singt, stellen sich einem die feinen Härchen auf. Nun veröffentlicht die Wiener Sängerin (ehemals Schmieds Puls) ihr wohl persönlichstes Album und das erste unter ihrem bürgerlichen Namen.

„Es war für mich das Natürlichste der Welt, dieses neue Kapitel aufzumachen. Nicht mehr einen Bandsound mit einer feststehenden Besetzung zu verfolgen, sondern mich soundmäßig komplett zu befreien und mit jedem Song alles neu entscheiden zu können,“ so das Statement zu „What Else Can Break“ von Mira Lu Kovacs. Die Künstlerin, die sich selbst nie als solche bezeichnen würde, wechselt ständig die Rollen – ist sie doch in vielseitigen Bandprojekten gleichzeitig verstrickt.

Der Weg zum Solo-Projekt

Mit ihrer früheren Band „Schmieds Puls“ beginnt sie 2013 ihre Singer-Songwriter-Skills in einem Gerüst aus Fingerpicking und spielerischer Leichtigkeit zu präsentieren. Mit der Zeit wird das Gitarrenspiel forscher, der Sound bestimmter und Kovacs zunehmend pop-orientierter. Als Stimme der Avantgarde-Pop-Formation „5K HD“ zeigt sie sich heute experimentell und bei der grungigen Supergroup „My Ugly Clementine“ als singende Gitarren-Virtuosin neben Sophie Lindinger, Kathrin Kolleritsch und Nastasja Ronck.

 

 

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Bleibe, um zu scheitern

So ist das Projekt Mira Lu Kovacs gewissermaßen als Abnabelungs-Versuch zu verstehen, als musikalischer Unterschlupf für regelmäßige Selbstreflektion. Von „Stuck“ bis „Stay A Little Longer“ sind die Leitmotive von „What Else Can Break“ der Schmerz, das Scheitern und die (Selbst-)Liebe. Die lyrischen Bilder sind dabei fast erschreckend transparent und klar. Zwischen den Zeilen lesen muss man hier nicht. Mit jedem Song wirkt die Nähe zum Leid der Sängerin spürbarer. Man fällt in ihre Gedankenwelt aus toxischen Beziehungen (Pull Away), vererbtem Trauma (84), der Unfähigkeit weinen zu können (Stuck), und bleibt am Ende, um zu Scheitern (Stay A Little Longer).

Letzteres hat Kovacs während ihrer Covid-19-Erkrankung direkt aus dem Bett recorded. Weil der Text das war, was sie zu dieser Zeit dringend hören musste. Und weil ihr das niemand anders sagen konnte. Auf Instagram schreibt sie dazu: […] only I can save myself, love myself, entirely. What a basic, but essential realization.

„What Else Can Break“ von Mira Lu Kovacs könnt ihr hier hören: