Normalität nur besser: So war das 11. Maifeld Derby

Nach kurzer Pause 2020 und einem darauffolgenden Festivaljahr unter strengeren Corona-Bedingungen durften die Besucher:innen des 11. Maifeld Derby dieses Jahr fast zur pre-Corona Normalität zurückkehren. Das Booking beglückte uns in typischer Maifeld Derby Facon mit einer Mischung aus Favoriten, Geheimtipps und dem ein oder anderen Act, der hier seine erste Deutschland Show verzeichnen durfte.

Nach einem starken Festival-Auftakt am Donnerstag mit unter anderem Levin Goes Lightly und einem DJ Set von Kid Simius, der bereits zum vierten Mal das Maifeld Derby besuchte, leitet Autor und Theaterregisseur Tobias Ginsburg den Freitag mit ernsteren Themen ein. Ginsburg berichte über Erfahrungen in einer antifeministischen rechten Szene, der er sich ein Jahrlang anschloss, und die er in seinem neusten Buch „Die letzten Männer des Westens“ festhielt. Wem das an diesem sonnigen Tag zu dunkel war, konnte sich zeitgleich an der Open Air Bühne beim US-amerikanisch-ecuadorianischen Sonnenschein Helado Negro eingrooven, der vermutlich auch dem grimmigsten Festival-Besucher ein Lächeln auf die Lippen zaubern konnte.

Geheimer Favorit an diesem Freitag war wohl die junge Band Easy Life, die trotz stolzen 28 Grad souverän in Ganzkörper-Jeans-Looks auf der Bühne standen. Aber nicht nur in Sachen Fashion überzeugen die fünf Boys aus Leicester – der Indie-Pop mit Hip-Hop und Funk-Einflüssen ist alles andere als langweilig. Kein Wunder also, dass auch bereits das Glastonbury und Coachella auf die Band aufmerksam wurde.

Wer nun also Lust auf mehr Hip-Hop hatte, konnte sich gleich im Anschluss im Hüttenzelt die Rostocker Waving The Guns anschauen, bevor es auf der Open Air Bühne mit Headlinerin Arlo Parks weiterging.

Die Sängerin hat nicht nur eine engelsgleiche Stimme, sondern auch eine grandiose Liveband. Dass Arlo Parks, wie sie dem Publikum anfangs gesteht, nicht den besten Tag hatte, merkt man ihr nicht an. Die 21-jährige singt in den Sonnenuntergang und sagt schlussendlich, dass auch ihre Laune nun angehoben sei.

Das Tanzbein konnte abschließend im Palastzelt zu Myd geschwungen werden. Wer über Mac DeMarcos Absage enttäuscht war, durfte sich hier ein Stück Maccie abholen, denn der Franzose hat sich diesen auf seinem Debütalbum als Feature dazugeholt. Und auch sonst sind die beiden nicht unähnlich – auf der Bühne wird der ein oder andere Witz gerissen und wild rumgetanzt. Nicht nur tanzbar, sondern auch unglaublich witzig kommt Elektropop-Künstler Myd auf seinem ersten Deutschland-Gig daher!

Französischer Mac DeMarco Lookalike mit Tanz-Sounds

Am Samstag kommen schließlich auch Rockfans nicht zu kurz. UK Band Black Midi rockt an diesem Tag im Hüttenzelt, King Gizzard & The Lizard Wizard geben abends im Palastzelt Ausschnitte ihrer unzähligen Alben zum Besten, zwischendrin liefern die Shoegazer DIIV auf der Open Air Bühne ab. DIIV scheint sich übrigens von Drogenexzessen des Frontmannes Zachary Cole Smith und Streitigkeiten innerhalb der Band erholt zu haben und steht in alter (oder eher neuer) Frische auf der Bühne. An dieser Stelle muss ich gestehen, dass ich mir vor zehn Jahren mein eigenes DIIV Merch gebastelt habe. Meiner Meinung nach also nicht umsonst ein persönlicher Favorit des Bookings.

Wer tagsüber nicht bei den sommerlichen Temperaturen geschmolzen ist, nahm noch im Palastzelt den ersten Auftritt in Deutschland der australisch-sambischen Musikerin Sampa The Great mit und lud dort seine Batterien auf, denn Sampa und ihre Entourage strotzen nur so vor Energie. Also jetzt energiegeladen das wohl bestbesuchte Konzert auf dem Maifeld Derby genießen: die Österreicher Bilderbuch bringen gewohnt glamourös die Menge bis hin zu den Getränkeständen zum Beben und scheinen trotz unzähligen chamäleonartigen Neuerfindungen ihre Fanbase nie verloren zu haben.

Am letzten Tag des Maifeld Derby verzeichnet vor allem der Parcours D’Amours absolute Highlights. Dort trifft man unter anderem Liedermacher Tristan Brusch an, der es sich laut eigener Aussage an diesem heißen Sonntag zur Aufgabe gemacht hat, die Stimmung beim Festival zu senken. Das klappt zum Glück schlecht. Brusch, der im Oktober letzten Jahres erst sein neues Album veröffentlichte, hat seither schon an neuen Songs gearbeitet. Über eine gescheiterte Liebesbeziehung singt er: „Ich hätte sie schon getroffen, nur halt knapp am Herz vorbei“. Naja – uns hat er jedenfalls mitten ins Herz getroffen.

Kontrastprogramm gibt es an diesem letzten Tag mit Amyl and the Sniffers auf der Open Air Bühne. Direkt danach darf bei Die Nerven im Hüttenzelt weitergepunktet werden. Spätestens hier sollte sich auch der/die letzte Festival-Besucher:in im Moshpit ausgepowert haben.

Stelle Donnelly: Primavera Sound < Maifeld Derby

Also zurück zu Stella Donnelly in den Parcours D’Amours, die trotz Bestuhlung die Crowd zum Tanzen bringt. Wunderschöne folkige Songs mit pointierten feministischen Texten führen zu tobendem Applaus, Donnelly versichert dem Publikum mehrmals „You’re the best!“ und sagt in dem Zuge, wie viel schöner das Maifeld Derby für sie im Vergleich zum Primavera Festival sei, das sie einen Tag vorher bespielt hatte. Ein weiterer Ritterschlag für das Maifeld Derby.

 

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