Mit „Exit Strategy“ veröffentlicht Drangsal das vermutlich lauteste Album der Pandemie-Zeit. Anstatt es sich mit akustischen Balladen vor dem heimischen Kamin gemütlich zu machen, zieht er das Tempo an und liefert ein musikalisches Dauerfeuer ab Minute eins. Jegliche Zurückhaltung, die auf dem Vorgänger „Zores“ noch zu hören war, ist nun endgültig der selbstbewussten Darstellung der eigenen Künstlerperson gewichen. „Exit Strategy“ ist die Forderung nach Selbstbestimmung eines gereiften Musikers. Wir haben Max Gruber zum Interview in Berlin getroffen und mit ihm über die Produktion des Albums, das Leben in der Öffentlichkeit und natürlich über seine Beziehung zur Gender-Thematik gesprochen.
Wie liefen die ersten Konzerte nach der langen Abstinenz?
Herrlich! Zuerst war es strange, weil ich meine Sachen nicht mehr selber aufbaue, sondern erst zur Show auf die Bühne komme und deshalb dachte, dass es natürlich schief gehen muss. Ist es aber nicht. Es hat alles geklappt und ich würde behaupten, dass sich das viele Proben gelohnt hat. Vor allem war ich beseelt, weil es den Leuten so gut gefallen hat.
Bist du eigentlich ein bisschen froh über die Promo-Phrase?
An sich schon, es ist nur gerade so fragmentiert. Früher waren es zwei Wochen Radio-Promo, dann kommst du zurück und hast drei Tage frei. Dann machen wir drei Tage Interviews in irgendeinem Büro. Jetzt ist alles verteilt und nie an einem Tag. Das ist okay, aber manchmal wünscht man sich den einen Abwasch. Dazu kam natürlich diese Unsicherheit darüber, eine Platte während der Pandemie rauszubringen.
Mir ist ein Post von dir sehr eindrücklich im Gedächtnis geblieben, auf dem du zum Pandemie-Beginn mit gebrochenem Knöchel zu sehen warst. Du schriebst dazu, dass dich nichts davon abhalten wird, dieses Album fertigzustellen. Abgesehen von dem Knochenbruch. Hat das zeitlich für dich im Grunde ganz gut gepasst?
Das Ding ist. Geschrieben war das Album schon lange und ich war froh darüber, dass ich etwas etwas zu tun hatte. Das Studio war zehn Minuten von mir entfernt. Während viele damit konfrontiert waren, sich mit sich selbst beschäftigen zu müssen, hatte ich eine Aufgabe. Außerdem war es ein Glücksgriff, dass wir nicht auf die Idee gekommen sind, ein Studio in Italien, sondern direkt bei mir in der Gegend zu mieten.
Du hast dieses Album mit Patrick Majer aufgenommen, der sonst Wir Sind Helden und Rosenstolz produziert. Wie kam das und wie sah der Produktionsprozess aus? Hast du noch mehr alleine gemacht?
Es waren schon immer Leute vor Ort und da man sich testen lassen konnte, hat das auch gut funktioniert. Wir waren die meiste Zeit zu zweit oder zu dritt. Patrick war der Vorschlag von Casper-Ben. Anhand seiner bisherigen Produktionen hätte ich ihn vielleicht nicht gewählt. Nicht weil ich die kacke finde, aber weil ich dachte, dass es nicht zu meiner Platte passt. Aber es zeichnet einen guten Produzenten auch aus, dass er außerhalb seiner Comfort-Zone arbeiten kann. Ein bisschen war Patrick auch mein Notnagel. Ich hatte mich schon mit Alex Silva getroffen, der Manic Street Preachers und Grönemeyer gemacht hat, aber in der Situation hat einfach der Vibe nicht gestimmt.
An den Songs hast du viel mit Oli aus deiner Live-Band gearbeitet, oder?
Ja, mit Oli hab ich schon vorher an Songs gesessen. Zum Beispiel ist die Vocal-Melodie von „Mädchen sind die schönsten Jungs“ von ihm. Genau wie der Refrain von „Urlaub von mir“. Bei „Karussell“ hat er viel Sounddesign und Arrangement gemacht. Und natürlich war Oli auch öfter im Studio, um Gitarren einzuspielen.
Du hast gerade erwähnt, dass das Album schon vorher geschrieben war und man hört dem natürlich auch an, dass es für das live Spielen konzipiert ist.
(Lacht) Als klar wurde, dass die Tour nicht stattfindet dachte ich nur: oh fuck. Als ich mit dem Song „Exit Strategy“ fertig war hatte ich schon eine feste Vorstellung: Bierdose gegen den Kopf, so Southside-mäßig. Als klar war, dass das nicht passiert wusste ich zunächst auch nicht weiter.
Warst du erstmal verzweifelt oder hat sich schnell ein gewisser Pragmatismus eingestellt?
Mehr als Pragmatismus bleibt einem in so einer Situation nicht. Ich bin überhaupt froh, dass ich die Songs nah am Release spielen kann und ich merke schon, dass Songs wie „Urlaub von mir“ und „Liedrian“ besonders gut ankommen.
Ich hab dein Album das erste Mal an so einem melancholischen Regentag gehört und war erstmal fast überfordert, weil es so wahnsinnig laut und schnell ist. Gerade zu einer Zeit, in der viel veröffentlichte Musik ruhiger ist und es gleichzeitig diesen Wunsch nach Ausbruch gibt. Selbst ein Song wie „Karussell“ geht ab der Hälfte wieder nach vorne. Hast du dir gedacht, dass du jetzt erst recht diese Lautstärke willst?
Vielleicht hab ich diese Ruhe noch nicht in mir, wobei ich finde, dass ein Song wie „Ich bin nicht so schön wie du“ schon zu den ruhigeren gehört. Im Grunde hat es sich einfach so ergeben. Es gibt natürlich einen Arsch voll Demos und auch viel ruhigeres Zeug oder Klavier-Skizzen, aber das wurde alles ausgesiebt. Am Ende nimmt man die Songs, die am schlüssigsten ineinandergreifen und das waren diese elf. Es gefällt mir auch, dass es mit dem ersten Song losgeht und einfach nicht aufhört. Vor Jahren hat jemand meine Musik Wave-Metal-Schlager genannt – und das ist es auch. Es ist gleichermaßen Digimon-Intro-Musik und 80er Jahre Deutschpop. Das ist einfach die Musik, auf die ich Bock hab und natürlich hat es auch mit live spielen zu tun. Ich komme vom Punkrock und da wird schnell gespielt.
Wenn du Songs für ein Album nicht in Betracht ziehst, sind die auch wirklich weg?
Nein überhaupt nicht. „Rot“ sollte eigentlich auf „Zores“ erscheinen, aber der musste wohl noch ein bisschen im Kühlschrank liegen und reifen. Da musste ich einfach etwas Abstand gewinnen. Nach drei Jahren fand ich ihn immer noch gut und musste ihn nur etwas umbauen..
Veränderst du Songs über die Zeit sehr radikal in ihrer Form?
Auf jeden Fall. „Liedrian“ war zum Beispiel viel schneller, aber Patrick meinte, ich soll die Leute den Song verstehen lassen. Außerdem hatte er einen Instrumentalteil, der raus ist. „Mädchen sind die schönsten Jungs“ hatte eine ewig lange Bridge, die ebenfalls gestrichen wurde und der Refrain war völlig anders. Bei der Platte hatte ich oft das Gefühl, dass einzelne Songs noch nicht meiner Vorstellung entsprechen, aber in solchen Situationen muss man sich trauen, einfach mal einen ganzen Refrain zu löschen. Am längsten hat „Ein Lied geht nie kaputt“ gedauert. Ich glaube, ich saß zwei Jahre auf dieser Hauptmelodie.
Weißt du an einem bestimmten Punkt, dass ein Song fertig ist? Musste dir Patrick manchmal sagen, dass jetzt Schluss ist?
Ja unbedingt. Andererseits hat er auch wahnsinnig viel an den Songs gemacht. „Urlaub von mir“ stand eigentlich auf meiner Abschussliste, aber er hat nach den Aufnahmen noch viel verändert. Er hat dieses Arpeggio eingefügt und meine Vocals teilweise hochgepitcht und gedoppelt. Erst danach habe ich mich dazu entschieden, den Song mit reinzunehmen. Aber es gab auch andere Momente. Bei „Ich bin nicht so schön wie du“ hatte er lauter Synthies eingespielt, die ich am Ende alle rausgeworfen habe, weil es das für mich einfach nicht war.
Wo wir schon bei „Ich bin nicht so schön wie du“ sind. Da geht es viel um Selbstakzeptanz.
Voll! Aber es geht auch darum, dass das eine Ausrede für Leute sein kann, die keinen Bock haben, ihr Verhalten zu ändern. Mein Vater ist so einer. Der sagt, man soll ihn nehmen wie er ist. Das muss man zweischneidig sehen. Klar sollte man Leute nehmen wie sie sind, aber für viele Leute ist das eben die letzte Exit Strategie, wenn sie nicht mehr weiterkommen. Dann ist es eben nicht mein Problem, sondern dein Problem, wie ich bin. Aber so funktioniert es halt auch nicht.
Als sich bei deinem ersten Album „Harieschaim“ ein gewisser Erfolg abgezeichnet hat und du erstmals in der Öffentlichkeit warst, hast du es sehr genossen Dampf abzulassen und vor allem gehört zu werden. Hat sich in der Hinsicht mittlerweile etwas Genugtuung eingestellt?
Auf jeden Fall. Vor allem habe ich ein zwiegespaltenes Verhältnis zum Dasein als öffentliche Person. Klar bin ich zum Glück nicht so weit, dass sich das auf jeden Parameter meines Lebens auswirkt, aber ich merke dass es teilweise andere Maßstäbe gibt, anhand derer man bewertet wird. Natürlich gibt es auch wahnsinnig viele Vorzüge und vieles, was ich daran schön finde. Aber es gibt mindestens genau so viel, was mir mittlerweile daran missfällt. Das Verhältnis hat sich also umgekehrt oder zumindest um eine neue Perspektive erweitert.
Du singst in „Exit Strategy“ die Zeile: „Wie soll ich singen, was ein jeder versteht, wenn es mir nicht wie allen anderen geht.“ Spielst du da auf deine Situation als Person des öffentlichen Lebens an?
Das meinte ich nicht nur so. Es ging mir eher darum, dass von einem erwartet wird, etwas zu sagen, womit sich alle identifizieren können. Aber wie soll ich zu dir singen, was auf dich zutrifft, obwohl es mir nicht geht wie dir? Das ist aber auch in Ordnung. Manchmal hab ich das Gefühl, über so vertrackte und individuelle Dinge zu singen, dass es niemand checkt, aber dann sagen viele Leute, dass ihnen ein Song wie „Liedrian“ gerade sehr hilft. Ich hoffe, dass jeder einen eigenen Bezug dazu finden kann. Unabhängig vom Inhalt und vor allem unabhängig davon, was ich gemeint habe. Ich wünsche mir, dass die Leute sich die Songs in gewisser Hinsicht vereinnahmen. Auch wenn es textlich vielleicht gar nicht passt, gibt der Song der Person trotzdem etwas.
Wo wir schon bei Texten sind. Ich finde, dass du trotz persönlicher Texte als Person ein bisschen ungreifbar bleibst, weil immer dieser larger than live-approach mitschwingt. Hast du das Gefühl, dich beim Schreiben komplett nackt zu machen?
Ja schon. Gerade ein Song wie „Liedrian“, in dem es darum geht sich so klein zu machen. Das ist ja nicht unbedingt schön. Am meisten Spaß machen mir aber Songs wie „Schnuckel“. Ich wurde schon öfter gefragt, was das soll und genau das gibt mir die größte Genugtuung. Trotzdem ist es auf gewisse Art therapeutisch für mich. Ich rede im Freundeskreis eher ungern über Themen, die mich belasten, weil ich der Meinung bin, dass man das damit zweimal durcharbeitet. Einmal mit dir selber und einmal mit anderen. Da sind die Songs eine gute Müllhalde für den emotionalen Abfall, wo man es gut parken und zu etwas machen kann, das am Ende sogar Spaß macht.
In deinem Pressetext steht, dass deine Musik keine Schamgrenzen kennt.
Das check ich einfach nicht, dass Leute immer noch so Musik hören. Dieses guilty pleasure-Ding find ich mittlerweile einfach sau lame. Wenn Musik etwas in dir auslöst, dann macht sie das doch automatisch valide. Das sind so Diskussion für Musiknerds. Ich war selbst lang genug so, dass ich gesagt habe, was gut und was schlecht ist und was man hören und nicht hören darf, aber das ist einfach Käse. Mit Bewertungskriterien für Musik restriktiert man sich nur selber. Ich hasse es außerdem, wenn Leute etwas ironisch hören. Entweder man hört es oder halt nicht. Ich höre auch gern Mickie Krause, ja und? Und so bin ich letztendlich auch bei meiner Musik. Wenn es dir Freude bringt, ist es cool.
Du hast eben schon „Schnuckel“ erwähnt. An dem Song finde ich spannend, dass er aus der Perspektive eines Fans geschrieben ist. Eben die typische Stan-Story. Kannst du eigentlich selber noch Fan sein?
Stimmt, Stan. Das ist das passende Wort. Ja, ich bin immer noch geisteskrank obsessed mit allem. Zum Beispiel teilen wir uns jetzt den Proberaum mit den Tocos (Anm. der Redaktion: Tocotronic) und ich habe viel Kontakt mit Jan Müller. Ich will mit ihm immer über irgendwelche Songs reden und er ist daran überhaupt nicht interessiert. Wobei ich in privaten Gesprächen auch eher wenig Lust habe, über meine Musik zu sprechen.
Ich hätte mir vorstellen können, dass das Dasein als Musiker vieles entmystifiziert, weil du dich in die Situation leichter reinfühlen kannst.
Na klar, das kommt auf jeden Fall dazu, aber ich bin trotzdem immer noch jedes Mal starstruck. Gerade wenn wir bei Rock am Ring spielen, wo dann so riesige Bands wie Slayer spielen. Ich glaub es ist schwierig, das so auszudrücken, dass es nicht arschig klingt, aber jemand hat mir gestern ein Foto von mir bei einem Konzert geschickt. Da trag ich diese Maske, den bunten Anzug, die Ketten, den Nagellack, die Schuhe und diese rosa-glitzernde Custom-Gitarre. Und ich dachte mir nur, dass mein achtjähriges Ich sofort in love wäre. Das hat mich total gefreut, weil es am Ende das ist, was man selber werden will.
Durch Social Media ändert sich die gefühlte Nähe zu Musikern und Musikerinnen, indem man mehr privates und alltägliches mitbekommt. Das kann einerseits den direkten Einfluss verstärken, aber andererseits auch die Figur banalisieren. Kannst du dem etwas abgewinnen?
Ich finde das gut. Dadurch sehen die Leute, dass alles gar nicht so fancy ist, wie es scheint. Ich weiß noch, als ich mit 15 die Band Wavves live gesehen habe und wir danach mit denen noch einen geraucht haben. Ich fand es erst krass, dass der Typ mit 30-minütigem Pitchfork-Interview und dem Cover vom Fader hier mit mir steht. Aber man sieht eben auch, dass jemand einfach Musiker ist, der zwar vor ein paar hundert Leuten spielt, aber nicht die ganze Zeit mit der Limo unterwegs ist oder in seiner Villa sitzt.
In „Ein Lied geht nie kaputt“ singst du in gewisser Weise über die Unsterblichkeit von Musik. Hast du schon das Gefühl, dass du etwas hinterlässt, das größer ist, als du?
Auf eine gewisse Art ja. Auch wenn sich nur eine Person in hundert Jahren daran erinnert. Es gibt so viel Musik, die keine Sau interessiert, die mir aber die Welt bedeutet. Dadurch ist man auch auf eine Art unsterblich geworden. Ich hab gar nicht das Bedürfnis, unsterblich zu sein oder nie vergessen zu werden, ganz im Gegenteil. Am Ende mache ich das, weil ich Musik und das Musikmachen so liebe und ich geil finde, was das für eine universelle Sprache und Träger für Emotionen ist.
Wir müssen natürlich noch über Gender sprechen. Mir ist kein deutschsprachiger Song eingefallen, in dem das Thema Trans*- und Intergeschlechtlichkeit so selbstverständlich und unbeschwert aufgegriffen wird.
Im Grunde war mir nicht richtig bewusst, was ich da tue. Wenn man einen Song schreibt, beschäftigt man sich ein Jahr lang damit, wie die Kick-Drum klingt und man hier und da was wegziehen könnte, damit es noch mehr nach – keine Ahnung – Basketball klingt. Dann vergisst man manchmal den Inhalt des Songs. Selbst beim Aufnehmen denke ich nicht an die Lyrics. Vieles hat sich mir erst im Nachhinein erschlossen.
Das ist ein so subjektives Thema und Kunst kann heute noch viel weniger universell sein. Gerade weil es so ein individuelles Thema ist, kann es auf milliarden Arten und Weisen gehört und interpretiert werden. Letztendlich liegt es an der Hörer*In, das auf die persönlichen Lebensumstände zu beziehen. Darüber hab ich keine Kontrolle mehr. Für mich ist der Song ein gewisser Lernprozess, weil es keinen Freifahrtschein mehr gibt. Wenn eine Person, die sich mit dem Themenbereich identifiziert oder diesen Umständen ausgesetzt ist, sagt, dass in dem Song beschissene Narrative bedient werden, kann ich nur zuhören. Und das versuche ich. Im Grunde ist es erst das Echo, das einem den Song wirklich bewusst macht.
Gab es auch viel negative Reaktionen zu dem Song?
Einen Tag nach der Show bin ich völlig fertig nach Hause gekommen und war noch ganz euphorisiert von den vorherigen Tagen. Mia war mit ihrer ganzen Band da, Blond waren da, die ich sehr gut leiden kann. Außerdem hatte ich Geburtstag. Es war eine richtige Ferienfreizeit. Am nächsten Morgen checke ich mein Handy und die ersten Nachrichten waren: „Gott wird dich richten“ oder „Was für eine kranke satanische Scheiße“. Der Tag war gelaufen. Das ist etwas, das mich an der Öffentlichkeitswirksamkeit stört. Die Hochs sind extrem hoch und die Tiefs dementsprechend tief. Es kann so plötzlich und so extrem sein. Gerade bei „Mädchen sind die schönsten Jungs“ gab es auch widerliche Nachrichten und Drohungen.
Hast du mittlerweile eine gewisse Methode entwickelt, um mit sowas umzugehen oder geht dir das immer nah?
Das ist von der Tagesform abhängig. Ich frage mich ständig, warum Leute sich die Zeit für soetwas nehmen. Wir leben hier in einer Bubble, die in Berlin natürlich recht groß ist. Wenn jemand kommt und eklig findet, wie ich mich auf Promofotos anziehe, verwirrt mich das richtig und holt mich gleichzeitig zurück auf den Boden der Tatsache. Die Erkenntnis, dass Leute in der echten Welt sowas immer noch strange finden, macht mich schon traurig.
Dass du mit Geschlechtsidentitäten spielst ist nicht neu. Was du machst ist mehr als bloßes Crossdressing. Welche Rolle spielt das für dich heute noch?
Ich halte mich selber nicht für ein Sprachrohr und nicht für mutig, weil ich Nagellack und hochhackige Schuhe trage. Am ehesten hoffe ich, dass Leute dem Song das abgewinnen können, was du gemeint hast. Nämlich die Selbstverständlichkeit und die Unbeschwertheit. Ich will keinen Mut propagieren. Ich will einfach, dass es nicht mehr hinterfragt wird. Dass nicht hinterfragt wird, welche Schuhe ich trage, sondern dass es einfach selbstverständlich ist, weil es mir gefällt. Ich will, dass es nicht relevant ist, weil es für mich nicht relevant ist. Ich fordere nur eine neue Normalität.