Maifeld Derby: Der Nachbericht

Sonntag: Arroganz und Nachwuchs

 

Der Sonntag ist mit Abstand der entspannteste Festivaltag. Die Interviews sind geführt, das reguläre Programm geht nur bis 22 Uhr – kurz, man kann sich den letzten Acts ganz entspannt widmen. Für Taymir braucht man auch eine gewissene ironische Distanz zum Geschehen, ansonsten wäre die Selbstverliebtheit der Holländer wohl kaum auszuhalten: „The next song is the best song you will ever hear. And that is no arrogance, that’s simply the truth.“ Taymir treten nicht nur musikalisch in die Fußstapfen von Pete Doherty und den Gallagher-Brüdern, auch was ihr Selbstbild angeht, hat sich das Quartett von den Britpop-Größen inspirieren lassen. Sie sind jung und haben Energie (von der guten Musik ganz zu schweigen), da kann man schonmal ein Auge zudrücken.

Waxahatchee, die im Anschluss die Fackelbühne bespielen, lassen es dagegen eher locker angehen. Angenehmer Indie Rock, dem live die Dreidimensionalität gegeben wird, die ihm auf den Studioaufnahmen fehlt. Katie Crutchfield, die hinter Waxahatchee steckt, scheint ganz in ihrem Element und spielt selbstbewusst ihre Klampfe. Und der Gesang erst, wow! Ein subtiler, aber verdammt geiler Act. Und auch Drangsal, die am Vortag schon von Sizarr-Frontmann Fabian Altstötter empfohlen wurden, werden den Erwartungen gerecht. Zuvor kursierten nur zwei Demos im Internet, man wusste also nicht recht, worauf man sich einstellen muss. Dass die sehr junge Band um Max Gruber mit sogenanntem Brachialpop – klingt tatsächlich wie the Smiths mit der dunklen Strenge von Savages-Frontfrau Jehnny Beth – den Dänen von Mew die Zuschauer weglockt, ist nur gerecht. Grubers Heimat Herxheim liegt nah bei Landau, Deutschlands derzeitiger Nachwuchsschmiede. Von denen kann man also noch einiges erwarten.

Drangsal
Drangsal // © Philipp Fischer.

Nachdem man zu Wanda, deren Deutschrock zwar ganz nett, aber doch sehr repetitiv ist, ein bisschen Sonne getankt hat, geht es zurück ins kleine Zelt. Dort zeigen die Ωracles, wie die Drangsal in einem Jahr aussehen könnte. Nach der EP Stanford Torus bereiten die Köln/Berliner gerade ihre Debüt-LP vor, von der sie ein paar Songs zum Besten geben. Inzwischen haben Ωracles ihr Zen gefunden, spielerisch ist ihnen nichts mehr vorzuwerfen. Gerade Drummer Niklas Wandt und Nils Herzogenrath am Gesang sorgen dafür, dass durchgängig Spannung da ist. Besonders schön: Die neuen Songs zeigen, dass sich die Band mit Stanford Torus stilistisch noch nicht erschöpft hat. Das Vorhaben, nach einer halben Stunde zu Fink zu wechseln, fällt dann ins Wasser – und nicht nur, weil jener in kleine Konzertsäle gehört anstatt auf Festivalbühnen.

Und dann, nach einer Stunde anstrengendem Geknüppel von Thee Oh Sees ist es endlich soweit. Nein, nicht etwa Róisín Murphy, auch wenn ich ihr ihre Headlinertauglichkeit nicht absprechen möchte. Aber BRNS, die mir vor zwei Jahren eher zufällig auf dem Appletree Garden Festival begegnet sind, sind ein absolutes Muss. Die Belgier haben im September letzten Jahres ihr wunderbares Debütalbum Patine herausgebracht, das in Deutschland immer noch nicht erhältlich ist. Live packt der Art Rock mit Math-Elementen die Menge, die so enthusiastisch ist wie vorher bei Wandas „Bologna“. Das ganze Konzert lang. Der Auftritt von BRNS krönt den Sonntagabend und das ganze Festival. Da bleibt mir glatt die Sprache weg. Fertig, Ende, aus. Und hoffentlich bis zum nächsten Mal, wenn das Maifeld wieder seine Pforten öffnet.

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Fazit: Richtig Geil!
Fazit: Richtig Geil! // © Philipp Fischer.

Fichon

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