Maifeld Derby: Der Nachbericht

Samstag: Zwischen wilden Tänzen und großer Lustlosigkeit

Bei Ankunft auf das Gelände des Festivals schossen uns bereits die verschachtelten Beats von East India Youth aus dem Zelt zu. Leider kamen wir ein wenig zu spät und kamen nicht mehr in den Genuss uns die stilvolle Perfomance zu geben. Als kleinen Trost ging es dann aber schnell zum Duo Vin Blanc/White Wine, einem deutschen Duo, das irgendwo zwischen Perfomance-Kunst und Wahnsinn liegt. Ihre Show ist mitreißend und so hielt es viele Schaulustige nicht mehr auf den quietschgelben Plastikschalen des Parcours d’Amour. Danach ging es dann schnell zurück auf den „Hauptplatz“ des Festivals, also den Platz wo Fackelbühne und Palastzelt aufeinander treffen. Gespannt warteten wir auf TOPS aus Kanada, die uns von den Organisatoren des Maifeld Derbys dringend ans Herz gelegt wurden und wir wurden nicht enttäuscht! Gekleidet wie vom Laufsteg einer Urban Outfitters-Kollektion musizierte das Quartett in die Herzen vieler Besucher. Mit Songs wie „Way To Be Loved“ haben die Kanadier mit ihrem sonnigen Sound auf jeden Fall einen Weg gefunden vom Maifeld Derby geliebt zu werden. Dass ihre lockere Art und das Spiel mit dem Publikum auch wesentlich dazu beigetragen hat, muss nicht erwähnt werden.

Nach dem Auftritt von TOPS war dann erst einmal Pause angesagt. Zwar haben wir uns von der äußerst charmanten aber doch irgendwie austauschbaren Aurora beschallen lassen, haben aber kaum „aktiv“ daran teilgenommen. Manche Nummern, unter anderem die aus der bekannten Handy-Werbung, sind zwar ganz nett und doch hat man aber immer das Gefühl, dass jedes Jahr eine andere Künstlerin aus Skandinavien wie ein Wanderzirkus durch die Charts und Festivals zieht. Also war der Punkt gekommen wo man sich schon mal wieder um die Nahrungszunahme kümmern muss. In dieser Hinsicht sollte man das Maifeld klar und deutlich loben, da das komplette Angebot mit großer Qualität und Freundlichkeit überzeugen kann. Auf dem Maifeld Derby lässt man es sich gerne schmecken!

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Waren wirklich top(s) // © Philipp Fischer

Schmeckenlassen ist auch das nächste Stichwort, da man weiter zu Only Real ziehen musste, der sich auf Pressebildern schon mal gerne mit Fruit Loops abbilden lässt. Für diejenigen, die nicht mehr weissen was Fruit Loops sind, können beruhigt sein, denn eigentlich interessiert sich schon seit den 90’ern niemand mehr für den viel zu bunten Frühstückssnack. Bei Only Real handelt es sich aber eben genau um einen solchen Jahrgang, der diese kleinen Krümel als Kind gefeiert haben muss. Musikalisch bewegt der stets mit einem verschmitzten Lächeln ausgestattete Musiker irgendwo zwischen Jamie-T und Hipstertum. Der Mix aus Hip-Hop und 07’er Indie kommt bei den Fans sichtlich an und so sorgt er dafür, dass die Menge mächtig in Bewegung gekommen ist. Als bei „Pass The Pain“ dann auch noch die Sonne kurz gegrüßt hat, war einer der vielen Highlights des Wochenendes perfekt. Diese Euphorie und die Lust die ganze Welt zu umarmen wurde im Palastzelt bei The Soft Moon dann ganz schnell in eine depressive Stimmung umgewandelt. Mit wildem Tonnengetrommel, viel Nebel, schwarzer Kleidung und noch düsterer Musik schindete der Act aus Oakland durchaus Eindruck. Jemand der die Lebensgeschichte eines Ian Curtis‘ kennt und den unverkennbaren Einfluss seiner Band bei Luis Vasquez zur Kenntnis genommen hat, fragt sich was dem Menschen wohl bereits alles in seinem Leben passiert sein muss. Gerne würde man ihn einfach in den Arm nehmen und ihm sagen, dass alles halb so wild ist. Man hat aber bereits allein beim Gedanken, die üble Vorahnung, dass es der genialen Musik keinen Gefallen tun würde.

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Schwere Kost: The Soft Moon // © Philipp Fischer

Also ließen wir dies lieber und machten uns stattdessen zum lustig aufgelegten Charlie Cunningham, der bewies, dass das Mann-mit-Gitarre-Konzept nach wie vor zieht. Leider musste man den lustig aufgelegten Briten etwas früher verlassen, da man sich den deutschen Indie-Act schlechthin nicht entgehen lassen wollte. Nach einem langen Kampf an den Blumengirls vorbei gelangten wir dann in das Palastzelt und wurden durch die große Professionalität der Band beeindruckt. Nach diesem Paukenschlag fiel der Entschluss einfach mal die Headliner beiseite zu lassen und sich doch lieber den Jungs von Klaus Johann Grobe anzuschließen und sich ihrem Zurück-in-die-Zukunft-Sound vollends hinzugeben. Mit ihnen kam die Erkenntnis, dass Orgel und Oberlippenbärte 2015 zu den wohl coolsten Must-Haves überhaupt gehören. Naja, Musiker können es halt tragen (und in dem Fall auch spielen). Während den Leute nach dem Gig noch immer wie die Bekloppten nach einer Zugabe fragten, machte man sich schnell weiter zu Foxygen, die man doch immer als die veträumte Psychedelic-Pop-Band aus den Staaten kannte. Was einen dann aber erwartete überstieg jegliche Vorstellungskraft. Wie besessen tobte der Frontmann Sam France wie ein Mick Jagger auf Speed über die Bühne und bildete zusammen mit den Showgirls und der Band ein fast schon unvergessliches Band. Ihr Auftritt schwankt immer zwischen Wahnsinn und Genialität und mag es durchaus zu provozieren, was leider nicht bei jedem der Besucher verstanden wurde und verstanden werden wollte.

Nach dieser atemberaubenden Vorstellung ging es bei Mogwai mit einer ohrenbetäubenden Leistung weiter. Es war ein solider Auftritt, der Fans wohl zufrieden stimmte, den neutralen Besucher aber nicht vom Hocker riss. Aus dem Grund verliefen sich doch immer mal wieder Besucher ins Brückenaward Zelt in dem Human Abfall schlechte Laune schoben. „Nein, ich will keinen neuen Staubsauger“, hallte es mit gespielter Lustlosigkeit durch das ganze Zelt. Man merkte schnell: hier wird sich noch mit den wichtigen Sachen des Lebens beschäftigt. Nach Mogwai und Human Abfall, was beides durchaus anstrengende Angelegenheiten waren, geriet man in einen Zwiespalt. Iceage oder Von Spar? Die Wahl fiel schlussendlich auf eine Mischung von beiden. Da aber keiner der beiden Acts es schaffte uns noch einmal so wirklich wachzurütteln (was wirklich schwer zu glauben ist), entschieden wir uns die letzten paar übrig gebliebenen Körner doch lieber in den Sonntag zu investieren. Ein eigentlich unwürdiger Abschied eines doch sehr unterhaltsamen zweiten Tages.

 


Yannick

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