Tristan Brusch – Das Paradies

Bei „Das Paradies“ handelt es sich um das Debütalbum von Tristan Brusch. Akustisch nimmt er einen an die Hand und wagt eine Runde über den Rummelplatz. Die Songs sind eine bunte Mischung aus Zuckerwatte und allerlei Süßem, machen aber auch keinen Halt vor der Geisterbahn.

Was das Paradies eigentlich ist, kann in verschiedener Weise beantwortet werden und eigentlich auf fast alles zutreffen. Im Interview mit uns sagte Tristan Brusch genau das. „Das Paradies kann sein: Ein Versprechen und eine Hoffnung, ein Ort nach dem Tod, ein Ort hier auf der Welt, ein Zustand oder auch einfach der Name für einen Puff oder ein Fahrgeschäft auf der Kirmes.“ An diesem Punkt handelt es sich bei „Das Paradies“ um das erste Album des Künstlers. Auch das Cover der Platte zeigt bereits, worum es gehen wird: Tristan Brusch, den man definitiv auf den Schirm haben sollte, wenn dies nicht schon längst passiert ist. Die enthaltenen Tracks sind süß, wie der Apfel (aber nicht ganz so verboten, wie die Frucht aus dem biblischen Paradies), trotzdem an manchen Stellen so giftig, wie der Biss der gezeigten Schlange. Das Album ist vor allem aber eines in jedem Fall: Eine willkommene Abwechslung davon, was der Deutsch-Pop des Mainstreams ansonsten zu bieten hat.

Verrücktheit und Talent

Mit „Zuckerwatte“ führt uns eine der Singleauskopplungen in das Album von 12 Songs. Eine Liebeserklärung, die aber doch etwas Verbotenes zeigt: Eine Tür, in die man sich trauen muss. Wie das Bier, so verschüttet der Künstler sich dann auch selbst, wenn die besungene Person den Mut dazu aufbringt, Verbote zu überschreiten. Der zweite Track „Karussell“ zeugt von der Verrücktheit, aber auch von dem Talent, das in Tristan Brusch steckt. Fast niemandem gelingt es, zur selben Zeit vulgäre Worte wie Kotze, Pisse und Fresse zu verwenden und dabei einen leichtfüßigen Refrain zu liefern, bei dem man eigentlich auch auf einem Karussell sitzen könnte und zum Beat den Kopf hin und her schwingen möchte. „Trümmer“ erschien ganz knapp vor dieser Albumveröffentlichung und überraschte mit experimentellen, aber ernsten und wichtigen Tönen.

„Ich lass dich nie los“, „Neujahrsschnee“ und „Die fetten Jahre“ sind Ausflüge in verschiedene musikalische Richtungen. Dort taucht man in elektronische Beats, Gitarrenriffs und 80er-Sounds, ruhige, fast schon balladenhafte Erzählungen und popige Selbstreflexionen ein, die durchaus tanzbar verpackt sind. Mit Charlotte Brandi holt sich Tristan Brusch die einzige Person als Gast auf sein Debütalbum. „Dispoqueen“ lässt aber dennoch auch Bezüge zu anderen Weggefährten zu. „Papa wollte immer nur ein rollender Stein sein“ könnte eine Referenz auf Maeckes Song „Urlaubsfotograf“ sein. Hier heißt es: „Papa war kein rollender Stein, Papa war ein Stein, den man von Autobahnbrücken auf fremde Frontscheiben schmeißt.“ Dieser Song erschien auf dessen Solo-Album „Tilt“, das Tristan Brusch komponierte. Bei seiner Arbeit am Album von Maeckes, lernte Tristan Brusch Äh, Dings kennen, der nun auch bei „Das Paradies“ tätig war. Charlotte Brandi ist ein Teil des Duos der Band Me and my Drummer und ist mit „Disoqueen“ auf den Spuren echter Liebe, die frei sein muss. Dies ganz ohne ins Schnulzige abzudriften. „Nicht mehr Zuhaus“ ist ein Beispiel dafür, welche starke Bildgewalt der Künstler im Gepäck hat. Das wird besonders an Zeilen wie „Die Welt ist meine Schlangenhaut“ mehr als deutlich. Das Album endet mit „Hier kommt euer bester Freund“ und „Tier“. Beide Songs sind ebenfalls vorab erschienen. Besonders mit dem Hinweis auf den besten Freund, deutet Tristan Brusch an, dass damit auch der Feind gemeint sein kann, der nicht all zu selten in einem selbst wohnt.

„Das Paradies“ ist ein ehrliches Album. Und das nicht nur deswegen, weil Tristan Brusch das selbst sagt: „Ich besinge halt Themen, die mir in meinem Leben begegnen und die mich berühren. Da ist nichts Ausgedachtes in meinen Texten, die eben alle meine Lebensbereiche behandeln.“ Genau diese Kunst besteht am Ende genau darin, dass Alltäglichkeit in Songs gepackt wird, die einen ergreifen und einen dann auch selbst berühren. So verschieden solche Themen sein können, sind auch die Songs auf der Platte, von denen jeder eine Überraschung birgt. Diese Überraschung offenbart sich hier und da auch dadurch, dass man in dem Track einen Spiegel erkennt, den man vor sich gehalten bekommt. Genau das ist das Gute an diesem Album: Es steckt nicht nur Arbeit vom Künstler drin, sondern fordert auch Arbeit vom Hörer, die sich aber definitiv lohnt, wenn man sich traut. Der Gang durch die verschiedenen Stände der Kirmes bringt einem zum Straucheln, doch man übergibt sich weder von zu schnellen Karussells, noch von zu viel Zuckerwatte.

Beste Songs: Zuckerwatte, Karussell

VÖ: 08.06.2018 // Downbeat Record / Warner Music Germany

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