Autolux – Pussy’s Dead

Düsterer Spagat zwischen Barbiturate Trip-Hop und lärmendem Art Rock: Autolux mit ihrem besten Album

Autolux sind in gewissem Sinne die Anti-Radiohead. Anstatt alle paar Jahre ein Album rauszuhauen, das sich stilistisch vom Vorgänger entfernt hat, braucht es für ein Album sechs Jahre und die Ansatzpunkte bleiben irgendwie immer dieselben: mit Noises gespickte Rockmusik, viel Rhythmus, grau-auf-graues Industrieflair und der paranoide Gesang von allen drei Bandmitgliedern. Was beide Bands verbindet, ist ihre Sprengkraft hinsichtlich Genreklassifizierungen, die Barbiturate-geschwängerte Atmosphäre ihrer Songs und die Tatsache, dass sie immer verlässlich sind, was die Qualität ihrer Veröffentlichungen angeht. Pussy’s Dead, die dritte LP von Autolux, ist wie erwartet ein harter Brocken.

Wie nimmt man ein Album einer solchen Band auseinander? Mit Verweisen auf die Verwandtschaft? Die Beobachtung, dass Autolux sich im gleichen klanglichen und kompositorischen Universum wie Clinic, Public Memory, Beak> und Suuns befinden, bringt wenig mehr, als die Einflüsse von Can und Neu!, Tortoise, Suicide und Sonic Youth nochmal deutlicher hervorzuheben. Diese kaum originelle Analyse zeigt indes eine interessante Strömung in dem gedanklichen Milieu auf, das man grob unter dem ambivalenten tag „Art Rock“ gruppieren kann: Die Songs sind in den letzten Jahren deutlich düsterer geworden, zu Krautrock und Noise hat sich Trip-Hop als Einfluss gesellt, alles wird weniger „rockig“ und mehr „post-rockig“ dargeboten.

Das trifft bei Pussy’s Dead nur in der Hälfte der Fälle zu. Die Gitarre wird oft zu Gunsten von Synthesizern zur Seite gelegt. Der Trend geht, wie auch bei Suuns‘ bald erscheinendem vierten Album Hold/Still, zum Bass als Leadinstrument. Der herausstechende Opener „Selectallcopy“ (wahrste Textzeile des Albums: „It’s so, so sad to be happy all the time.“) wird durch Eugene Goreshters Gesang leicht psychedelisch. Songs wie „Junk for Food“ und „Hamster Suite“ sind durch Carla Azars Drumming im Gegensatz zu denen von Suuns allerdings weiterhin sehr physisch und „Listen to the Order“ und „Brainwasher“ suggerieren, dass Autolux auch zwölf Jahre nach „Turnstile Blues“ noch den Willen haben, es mit Jimmy Page und Thurston Moore aufzunehmen. Brilliant ist auch der wiederholte Einsatz von akustischer Gitarre, der zusammen mit dem trockenen Schlagzeug den Sound von Songs wie „Selectallcopy“ und „Becker“ am stärksten bestimmt.

Trotz des hohen Wiedererkennungswertes, den Autolux besitzen, klingen in den meisten Songs andere Bands an. „Change My Head“ lässt einen sowohl an Son Lux als auch an Genesis circa The Lamb Lies Down On Broadway denken; „Junk for Code“, „Reappearing“ und der instrumentale Endteil von „Soft Scene“ erinnern an Fear of a Blank Planet und Oceansize. Das fällt allerdings überhaupt nicht negativ auf, Pussy’s Dead ist so eigenständig wie die anderen beiden Alben der Band. Als Kritiker lässt es einen aber auch verzweifeln, wenn anstatt einer Beschreibung der Musik eine Art Milieustudie herauskommt, für die das Album der Eingangspunkt ist. Dann wiederum ist es vielleicht besser so, dass einem bei Pussy’s Dead die Worte fehlen. Für Autolux gilt im Endeffekt schließlich dasselbe wie für Radiohead: Diese Musik ist zu einzigartig, um ihr mit Sprache nahe zu kommen.

 

Beste Songs: „Junk for Code“, „Selectallcopy“, „Soft Scene“

VÖ: 01/04 // 30th Century Records

„Change My Head“:

https://vimeo.com/151944473

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