Merrill Garbus ist die unbestrittene Papageien-Königin des Indie. Als tUnE-yArDs macht sie seit fünf Jahren bunte, verspielte, unkonventionelle Musik, die sich außerhalb der westlichen Popstrukturen bewegt. Worldbeat kann man das nennen, oder barock im ursprünglichen Sinne von „seltsam geformt“. Man kann tUnE-yArDs auch dem New Weird America zuordnen, denn ihre Songs sind humorvoll, experimentierfreudig und mit ausgeprägten Rhythmen versehen, die manchmal, wie auf „Rocking Chair“, an Working Songs erinnern. Der Spaß geht bis hin zu den bunten Videos und dem typographischen Spiel mit Albentiteln (Alben eins und zwei schreiben sich „BiRd-BrAiNs“ und „w h o k i l l“). Garbus‘ Alben sind das musikalische Äquivalent zu Unicorn Barf.
Und nun also „Nikki Nack“ – nur echt mit kursiven Anfangsbuchstaben –, das dritte Album der tUnE-yArDs. Garbus verschärft auf den 13 Songs die Electro-Spielereien, die beim Vorgänger schon ansatzweise zu hören waren. Anders als auf „w h o k i l l“ sind diese hier jedoch nicht nur bedingt durch ihre DIY-Ästhetik – die andere Hälfte von tUnE-yArDs ist Nate Brenner, der sich lediglich um den Bass kümmert; live wird die Band noch um drei Sängerinnen erweitert – sondern gleichzeitig Ausdruck einer Sensibilität für den tanzbaren Aspekt ihrer Lieder. „Nikki Nack“ ähnelt beizeiten fast schon Hot Chip, „Real Thing“ lässt sogar an den King of Pop denken.
Was gleich bleibt, ist der Gesang. Merrill Garbus ist eine Art weiblicher Dave Longstreth: Sie mag zwar keine schöne Stimme haben, aber dafür eine mit unglaublich viel Ausdruckskraft. Gleichzeitig hat sie auch keine Scham, diese Stimme einzusetzen, wie es ihr passt. Das „w h o k i l l“-Highlight „Bizness“ zog seine Kraft genau daraus, wie auch „Water Fountain“ und „Hey Life“, das so wunderbar seltsame Lyrics besitzt wie „Hey life / I am calling your name / but all I hear is an echo / unless your voice and mine sound the same“. Auch deshalb sind die Bands, mit denen sich tUnE-yArDs am ehesten vergleichen ließe, Longstreth’s Dirty Projectors oder das nicht minder verspielte Animal Collective. Eine andere Gemeinsamkeit mit letzteren ist die Fähigkeit, Musik zu spielen, die sowohl elektronisch als auch ungemein organisch klingt.
Hat man sich erst einmal an Garbus‘ sperrigen, eigenwilligen Gesang und „Nikki Nack“ im Ganzen gewöhnt, kommt man vom Album so schnell nicht mehr los. Bei aller Weirdness – die ihren Höhepunkt auf dem fast schon albernen, von Jonathan Swift inspirierten Spoken Word Zwischenspiel „Why Do We Dine on the Tots?“ erreicht – gibt es kaum einen Song, der sich nicht als Ohrwurm im Kopf festsetzen kann (und wird). „Nikki Nack“ ist auch keine banale Sammlung ätzend-fröhlicher Gute-Laune-Songs, wie die Höhepunkte „Time of Dark“ und „Real Thing“ beweisen. Es lohnt sich bei den tUnE-yArDs besonders, die Alben erst ein paar Mal durch zu hören, bevor man sich eine Meinung bildet. Die gute Laune kommt dann von ganz allein.
Beste Tracks: „Time of Dark“, „Real Thing“, „Hey Life“
Bewertung der Platte: 8/10
VÖ: 05/05 // 4AD
Hier kann man sich das Video zu Water Fountain anschauen:
[youtube http://www.youtube.com/watch?v=j-KulvW2TUQ&w=560&h=315]Facebook // Website // Clipfish
Fichon