Mit dem etwas sperrigen EP-Titel „Operationen am faulen Zahn der Zeit“ überrascht und überzeugt Tristan Brusch weiterhin künstlerisch und musikalisch.
Für fast 15 Minuten entführt uns Tristan Brusch mit insgesamt vier Songs in eine Welt voller Oppositionen. Wenn man so will, fühlt der Musiker der Gesellschaft auf den Zahn und erklärt somit den Namen seiner EP „Operationen am faulen Zahn der Zeit“. Im Sommer vergangenen Jahres veröffentlichte der Musiker sein Album-Debüt „Das Paradies“ und war schon davor kein all zu neues Gesicht. Ein Teil der Bekanntheit scheint Tristan Brusch der Hip-Hop Kombi die Orsons zu verdanken. Im Umfeld der vier Schwaben war er an Produktionen beteiligt. Bei einem genauen Blick auf das Cover von „Operationen am faulen Zahn der Zeit“ ist bezeichnenderweise auch die goldene Schallplatte zu sehen, die Tristan Brusch durch die Zusammenarbeit an einem Album erhielt.
Die erste und einzige Singleauskopplung war „Die Moritat vom Schweighöfer“ und thematisiert Momente der Gegensätze. Beispielsweise heißt es hier: „Nimm mich so wie ich bin und bring mich zum Gesichtschirurg“. (Selbst-)Akzeptanz sieht anders aus. In Bezug zu Schweighöfer-Filmen ist sicherlich ebenfalls ein Kontrast gemeint. Entgegen dem deutschsprachigen Liebescontent verläuft das Leben ohne Script und schon gar nicht immer nach Plan. Im dazugehörige Video wird viel Haut gezeigt und das vollkommen frei von Obszönität. Der nächste Song „Siegertreppchen“ deutet ruhigere Töne an und Tristan Brusch bedient sanft die Klaviertasten. Der Titel handelt vom (falschen) Antrieb und Rastlosigkeit. Leitmotiv ist, das dürfte weniger überraschen, ein für Brusch mittlerweile obligatorisch gewordene Fisch. Dieser befindet sich in einem alten Astronauten-Helm auf seinem Schreibtisch. Als Metapher der thematisierten Sinnlosigkeit von Zielen dient der Fisch, der sein improvisiertes Aquarium nie verlassen kann.
„Wie ein Schneemann in the Sun“
Fast nahtlos geht es dann mit dem Song „Fisch“ weiter, der wohl zu den bekanntesten Stücken von Brusch gehört. Die gleichnamige EP erschien 2015 und bekommt mit der jetzigen Veröffentlichung eine Piano-Version. Dabei verleiht das Tasten-Instrument dem Song eine neue Ebene, die durchweg gefällt. Zeilen, wie der Vergleich mit einem „Schneemann in the Sun“ bleiben anders als der EP-Name beim Hören sehr gut hängen. Mit dem Prime-Time-Track „20.15“ beendet das musikalische Talent sein wortgewandtes Akustik-Paket und man ist sich am Ende der EP „Operationen am faulen Zahn der Zeit“ selbst gar nicht so sicher, ob das besungene eigene Badlicht ausgemacht wurde.
Das Grundrezept und -konzept besteht aus Tristan Bruschs Stimme mit Wiedererkennungswert, Klavier und Gitarre. Dass Tristan Brusch derart reduziert hat, macht auch die Umsetzung der Tour nachvollziehbar: Ab Oktober ist Tristan Brusch Solo unterwegs. Seine Titel und auch andere Songs wird er ohne Band alleine in Form einer großen Tour präsentieren. Bevor es frisch zum neuen Jahr 2020 für ihn dann auf zahlreiche Einzel-Konzerte geht, eröffnet er im Oktober einige Termine von der Höchsten Eisenbahn. Tickets dafür gibt es hier.
Beste Songs: Fisch, Siegertreppchen
VÖ: 11.10.2019 // Radicalis Music