Motorama – Poverty

Wenn es je ein Crossover von Jangle Pop und Post-Punk gegeben hat, dann ist das Poverty von Motorama. Das dritte Album der Russen erschließt einen der letzten weißen Flecken auf der musikalischen Landkarte. Zum Einen sind Motorama unverkennbar von New Order beeinflusst, mit flacher, halb krautig halb elektronischer Rhythmusgruppe. Zum Anderen wippt und wackelt die Gitarre vor sich hin, als ob sie gedankenverloren bei den Eltern auf der Couch sitzen und in die untergehende Sonne starren würde. Auf „Write to Me“ überbieten sich die einzelnen Instrumente, um den Hörer zu hypnotisieren. Dieser Misch hört sich stark nach New Wave an, wenn Bernard Sumner und Ralf Hütter in einer Hippie-Kommune gelebt hätten. Doch ab und zu scheint die Tristesse des Post-Punk durch, wie auf „Impractical Advice“.

Die Laufzeit von Motorama-Alben geht immer weiter nach unten, während das Debüt Alps (noch stilecht auf CD-R released!) einen noch 44 Minuten lang beschäftigte, schafft es Poverty gerade mal auf eine halbe Stunde. Was dem Album allerdings gut tut, denn wie schon der Vorgänger Calendar von 2012 fließt Poverty angenehm, aber ohne große Wellen vor sich hin. Vom blinzelnden Anfang von „Corona“ bis zum Ende des sonnendurchfluteten „Heavy Wave“ sind es 13 Minuten – knapp die Hälfte des Album – doch könnte das auch fast ein einzelner 3-Minuten-Song sein. Über eine längere Dauer würde das ein wenig matt werden. Bis der Gesang von Vladislav Parshin (oder Walter Pearson; den wenigen Informationen über die Band aus Rostov-on-Don zufolge, die man im Internet findet, haben sich die Mitglieder russische Versionen ihrer richtigen, westlichen Namen zugelegt) auf „Old“ den Hörer wachrüttelt, befindet der sich in einer Art Wachtraum mit Poverty als Soundtrack.

Das auf dem bordelaisischen Indie-Label Talitres veröffentlichte Poverty ist recht hecklastig, auch wenn der Opener „Corona“ mit zu den besten Songs gehört. Das Trio „Old“, „Similar Way“ und „Write to Me“ bietet allerdings die meiste Abwechslung und emotionale Tiefe, sodass man nach den 30 Minuten doch zufrieden sein kann. Poverty mag nicht das beste New Wave Album sein, vielleicht nicht einmal das beste Album von Motorama. Um sich für eine halbe Stunde seinen Gedanken hinzugeben, gibt es wiederum kaum eine schönere und passendere musikalische Untermalung. Es muss ja nicht immer die große Geste sein.

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Beste Tracks: Old, Write to Me, Corona

VÖ: 30/01 // Talitres (Rough Trade)

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Schaut euch hier das Video zu „Heavy Wave“ an:


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Fichon

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