Doldrums – The Air Conditioned Nightmare

Um die schlechte Nachricht vorwegzunehmen: The Air Conditioned Nightmare klingt wie ein „Very Best of Doldrums‘ Influences“. Jeder der neuneinhalb Tracks des zweiten Albums von Eric „Airick“ Woodhead ruft eine oder zwei bestimmte Assoziationen hervor, die sich zusammen ein bisschen wie ein Querschnitt der elektronischen Musik der letzten zwanzig Jahre lesen. Ungewöhnlich für Woodhead, der 2013 mit seinem Debüt Lesser Evil die vorwärtsdenkende Electro-Szene Montreals (ShrinesVisions) weiter ins Internet-Unmenschliche trieb.

Doldrums‘ erstes Album für Sub Pop ist deutlich gezähmter als Lesser Evil. Bis auf die erste Single „HOTFOOT“, die noch am ehesten nach dem Fraktur-Pop des ersten Albums klingt, und das an Faithless erinnernde fast-schon-Drum’n’Bass Biest „My Friend Simjen“ sind die Songs überwiegend leicht verdaulich. „Industry City“ wird seinem Namen durch die stahlblauen Synthesizer und maschinellen Sounds gerecht, ist dabei aber lange nicht so harsch wie „Anomaly“ oder „Holographic Sandcastles“. Die bedrohliche Atmosphäre jener Songs bleibt im Kern die gleiche, nur fehlen auf The Air Conditioned Nightmare die Noise-Ausbrüche und harmonischen Achterbahnfahrten.

Mit Nightmare hat Woodhead einen Sprung in die Mitte des dunklen Electronica des letzten Jahrzehnts getan, mit Crystal Castles, Röyksopp und M83 als Nachbarn. „Video Hostage“ wäre auf The King of Limbs einer der besseren Tracks; „Funeral for Lightning“ erinnert mit seinem pulsierenden Bass und gedämpftem Drumtrack in Marschtempo an PVTs Depeche Mode-Hommage Homosapien. „We Awake“ macht sogar einen Schritt Richtung Moderat, mit mittlerem Erfolg. Die Stimme von Doldrums aus diesem Tributfest herauszuhören, fällt da nicht leicht – auch wenn Airick Woodheads Stimme so klar wie die eines Cyber-Engels über dem Dunkel seiner elektronischen Kompositionen schwebt. Mit dem zweiten Album ist Doldrums nicht mehr so sehr Ausdruck einer individuellen musikalischen Vision; Woodhead wirkt stattdessen wie ein Kurator.

All dem zum Trotz, und entgegen meiner Vorliebe für krude auditive Herausforderungen wie Lesser Evil, bin ich geneigt, The Air Conditioned Nightmare besser zu bewerten als den Vorgänger. Während Lesser Evil mit Textur und dem Kontrast von kantigen Rhythmen und dem in die Länge gezogenen, hellen Gesang ein Novum darstellte, ist Nightmare geschliffener und durchdachter, wie das Spiel mit Percussion auf „Blow Away“ beweist. Die „Avant Pop“-Waagschale schlägt diesmal Richtung Pop aus, was Doldrums auf Songwriter-Seite durchaus zum Guten gereicht.

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Beste Tracks: Loops, Video Hostage, Blow Away

VÖ: 10/04 // Sub Pop/Cargo Records

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Schaut euch hier das Video zu „Loops“ an:


Fichon

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