Pale Waves sprechen den Menschen aus der Seele, die im Club lieber hinten in der Ecke stehen und auf ihren großen Moment warten. Auf „My Mind Makes Noises“ haben Pale Waves ihren ganz eigenen großen Auftritt.
Goths, Emos, richtige Tagebücher – das klingt alles nach vergangenen Generationen, doch könnte es mit und wegen Pale Waves aktueller nicht sein. Als Heather Baron-Gracie und Ciara Doran sich vor einigen Jahren beim Alkoholkauf in irgendeinem Shop vor der Universität in Manchester kennenlernten, hätten sie wohl kaum gedacht, dass ihr Style schon bald für Furore sorgen sollte. Schnell entstand eine enge Freundschaft zwischen den zwei Britinnen, es wurden erste Texte geschrieben, sich neu in The Cure und Lucy Rose verliebt und schon stand das Projekt Pale Waves auf wackeligen aber eigenständigen Beinen. Etwas später stießen dann Hugo Silvani und Charlie Wood dazu. In dieser Kombo spielte die Band in einigen schummerigen Kellern irgendwo in Großbritannien bis irgendwann das Label Dirty Hit und damit auch Matt Healy von The 1975 auf sie aufmerksam wurde. Ab dem Moment schwebte die Band auf einer pink-schwarzen Hype-Wolke die von der Liebe zu großen Pop-Gesten der 80er und 90er getrieben wurde.
Aus dieser Wolke sollte es mit „There’s A Honey“ und „Television Romance“ schnell erste Hits regnen bei denen Healy allesamt seine Finger mit im Spiel hatte. Daraus entwickelte sich schnell eine unaufhaltsame Begeisterung für die Band, die am Anfang des Jahres mit ihrer Debüt-EP „All The Things I Never Said“ ein erstes Herantasten an einen Longplayer gemacht hat. Mit „My Mind Makes Noises“ tritt die Band mit der blassen Haut und dem schwarzen Make-Up nun aus dem Schatten hervor ins Rampenlicht. Doch gleich der Opener „Eighteen“ verrät, dass Pale Waves viel lieber Zeit in Intimität verbringen. ‚We sat on the corner kissing each other‘, heißt es. Das Songwriting von Heather und Ciara trägt die schwarze Note eines persönlichen Tagebucheintrages und so sind es Songs wie „Noises“ oder „Loveless Girl“, die uns an diesen Einblicken teilhaben lassen.
Mit „Came In Close“ bewegen sich Pale Waves weg von der poppigen Sadness ihres Emo-Daseins und wollen still und heimlich die Indie-Disko wiederbeleben. Denn schließlich heißt es auch für Goth-Girls ‚Girls Just Wanna Have Fun‘ – wie damals in den 80ern. Die manchmal wirre Zusammensetzung der Song wie „Drive“ oder „One More Time“ wirkt wie Geräusche, die, die Band offenkundig in ihren Köpfen trägt. Es ist, als würde eine junge Band, getrieben vom Hype, schnell alltägliche Gedanken der Liebe, der Trauer und des Frustes auf Papierschnipsel niederkritzeln.
Natürlich könnte man der Band ankreiden, dass ihre Musik ein wilder Mix aus den Popgeschichten der vergangenen drei Jahrzehnte ist und man auch den Style so schon bei Robert Smith oder der frühen Madonna gesehen hat, aber welche Band schafft es denn schon ein Debütalbum zu veröffentlichen, das mindestens zur Hälfte mit Hits gespickt ist? Pale Waves lassen mit ihrer Ansammlung von Songs wie „Television Romance“, „Kiss“ oder „Black“ nicht nur das Album als solches ziemlich obsolet wirken, sondern zeigen auch vielen Altherren-Indiebands wie man ordentliche Hits schreibt. Und das wäre doch mindestens einen Eintrag ins Tagebuch wert.