Wie soll man 2022 beschreiben? Herausfordernd? Gut, dass 2022 in Sachen Musik nicht enttäuscht hat. Ein Jahr in dem Harry Styles abermals in der Liga der Stars aufgestiegen ist, in dem in Deutschland Hip Hop (endlich) Genregrenzen durchbrochen hat. 2022 geht als das Jahr in dem Clubmusik emotional wurde, in die Geschichte ein und das löst mit Blick auf die Zukunft ein schönes Gefühl in einem aus. Dies sind unsere besten Songs des Jahres 2022.

50. KeKe – Intro

„Zwischen Rap und Therapie, noch ’ne Session in Berlin hetzte mich zu Tode und das falsche Lächeln inklusiv“. KeKe schüttet uns auf „Intro“ schonungslos ihr Herz aus und wir lieben es.

49. Ski Aggu – Party Sahne

Wer ist dieser mysteriöse Typ mit der Skibrille, der sich auf den Straßen Berlins umhertreibt? Hier kann nur vom Rapper Ski Aggu die Rede sein, der sich gerne das Berliner Party- und Nachtleben für seine Texte vornimmt. Der Westberliner schnappte sich für seinen Track „Party Sahne“ die Melodie vom bekannten Indie-Song „Jerk It Out“ und verpasste dem ganzen mit einem tranceartigen Sound und guten Beats eine ganz eigene Handschrift. Fakt ist: Der Newcomer Ski Aggu mischt ordentlich das Rap-Game auf. Grund genug, dass dieser neue Stern am Himmel nicht auf unserer Jahresliste fehlen darf.

48. Rina Sawayama – This Hell

„The Hell“ ist dieser eine Country-Glam-Rock-Pop-Song mit Abba-Gitarrenriff, der auf der einen Seite an Shania Twains „That Don’t Impress Me Much“ und auf der anderen Seite an Marina (and the Diamonds) erinnert. Rina Sawayama wollte eine Art Protest-Song für die LGBTQIA+ Community schreiben für die das Leben in dieser Gesellschaft leider immer noch manchmal eine „Hölle“ darstellt.

47. Brenda Blitz – Barbie

So klingt Pop der irgendwie jung ist aber doch eine Prise Neue Deutsche Welle mit sich bringt. Wir reden von Brenda Blitz, die dieses Jahr mit „Schock Herzbrand“ ihre erste EP veröffentlicht hat. „Ich will ein Boy als Barbie. Der kommt auf meine Party. Der tanzt genau wie ich will“ – Mit ihren Song Barbie hat sich Brenda einen festen Platz in unserer Playlist gesaved und sich mit ihren fancy Choreos in unsere Herzen getanzt.

46. Wa22ermann – gogos

„Was denn? Wasser!“ Eine Ansage, die sich seit Song 1 durch die Releases von Wa22ermann zieht. Vor einem Jahr veröffentlichte die Berlinerin ihre Debütsingle „Salsa“. Es folgen eine Hand voll weiterer Singles und die Apsilon-Kollabo „BLBH“, jede davon ein Statement für sich. „gogos“ ist die jüngste dieser Ansagen und ein weitere Beweis für den vielversprechenden Weg, den Wa22ermann noch vor sich hat.

45. Oliver Sim – Fruit

Die schönste und rührendste Geschichte eines Outings.

44. Harry Styles – As It Was

Harry Styles probierte sich dieses Jahr an seiner Schauspielkarriere in „Don’t Worry Darling“ und „My Policeman“, expandierte in die Beautyindustrie und schaffte es trotzdem uns mit einem Album zu überraschen. „As It Was“, die erste Singleauskopplung, gab Fans eine ungefähre Idee, was vom dritten Studioalbum „Harry’s House“ erwartet werden konnte. – Sehr viel gute neue Musik und ein weiteres erfolgreiches Jahr für Harry Styles. Im nächsten Jahr geht es dann wieder auf eine ausverkaufte Tour und es stehen zwei Grammy-Nominierungen an. Spotify und Apple Music haben sich schon entschieden, „As it was“ ist der erfolgreichste Song des Jahres und auch auf unserer Liste darf der Hit nicht fehlen.

43. Maggie Rogers – That’s Where I Am

Seitdem Maggie Rogers vor ca. 6 Jahre mit Pharrell Williams bei seiner Masterclass im Studio saß und ihm ihren Song Alaska vorgespielt hat, hat sich einiges getan. Mit „Surrender“ veröffentlicht die 28-jährige Amerikanerin ihr nun schon drittes Album. Ein Song hat uns da besonders gecatcht, nämlich „That’s Where I Am“. Maggie Rogers erzählt hier die Geschichte einer Freundschaft die zu Liebe wurde und dem Gefühl, dass alles für immer haben zu wollen. Auch wenn Fehler gemacht wurden. “Boulders turn into sand. Wherever you go. That’s where I am“

42. ACE TEE – SAVAGE

Ihr wollt wissen, wie sich ACE TEE die Zukunft vorstellt? „SAVAGE“ liefert einen kurzen Snippet in eine dystopische Welt in der Menschen auf unberührten Planeten ihr Unwesen treiben. Immer mitten im Zentrum des Geschehens: Sie selbst. „SAVAGE“ erzählt die Geschichte von zwei Personen, deren Beziehung durch eine dritte Person gestört wird – man selbst aber immer die Kontrolle über das Geschehen haben möchte.

41. vico63 & penglord – Discman

„Mucho Gusto“ ist noch nicht vergessen, da legen viko63 und penglord bereits den nächsten Ohrwurm nach: Mit „Discman“ hat es sich das Duo aus Lörrach nur noch gemütlicher in seiner musikalischen Nische gemütlich gemacht und einen Song veröffentlicht, der ganz nach viko/penglord-Manier irgendwo zwischen Rap, House und Elektro zu Hause ist.

40. Schmyt feat. OG KEEMO – Mach Kaputt

Keiner hat schöner dieses Jahr emotionale Texte musikalisch so auf den Punkt gebracht wie Schmyt. Seit dem Aus seiner früheren Band Rakede, macht der Sänger und Rapper eine steile Solokarriere. Mit seiner gefühlvollen Stimme liegt Schmyt irgendwo zwischen Pop und Hip Hop und hat in seinen Songs einen Hang zu düsteren Themen. Für „Mach kaputt“ hat er sich OG KEEMO zur Unterstützung dazuholt und arbeitete für sein Album „Universum regelt“ auch mit CRO und MAJAN zusammen.

39. Eli Preiss – GLÜHHEISSE WÜSTE

„Ich existiere nur, schon fühl’n sich Rapper angegriffen Mach‘ nur mein Ding, schon denken Bitches, ich sei Competition.“ Heißt es im Text von Eli Preiss Single „Glühheiße Wüste“. Selbstbewusst und kritisch äußert sie sich an die Szene und es ist nicht zum ersten Mal, dass man solche Worte aus Preiss Mund hört. Immer wieder verarbeitet sie Misogynie und Fakeness in ihren Texten, auch auf Instagram gibt es Ansagen, indem sie die immer schnell werdende und konsumorientierte Musikindustrie kritisiert. Ihre Musikvideos sind aufwendig, erinnern an 90er Videospiele – da ist es nicht weit hergeholt, dass auch „Glühheiße Wüste“ vom beliebtesten Wii Spiel „Mario Kart“  inspiriert wurde.

38. Little Simz – Gorilla

Auf den allerletzten Zügen hat sich Little Simz mit ihrem spontanen Release „Gorilla“, welches stellvertretend für das Album „No Thank You“ steht, in diese Liste gemogelt. Von Mogeln kann allerdings keine Rede sein, wenn man in Betracht zieht, wie dermaßen stark die Künstlerin aus UK durchgehend auf dem Album flowt und uns den eigenen Spiegel vorhält. Sie selbst behauptet auf „Gorilla“: I’m cut with a different scissor, from the same cloth as my dear ancestors.“ True. 

37. Nia Archives – Baianá

Jungle ist back! Zumindest, wenn man sich die dominierenden Drums in „Baianá“ anhört. Dies mag man finden wie man will und doch schafft es Nia Archives in dem Fall einen brasilianischen Klassiker harmonisch mit dem Love-Hate-Genre zu kombinieren.

36. Ansu, Lugatti – Herz klopft

Als Ansu und Lugatti ihren gemeinsamen Song auf Ansus Tour zum ersten Mal mit der Welt teilen, war das magisch. Selten hat man die beiden Rapper derart emotional gesehen. Auf einem geradezu dramatischem Beat lassen sie einmal alles an Liebe raus, was sie zum Teilen übrig haben und verzaubern dabei nicht nur die Crowd, sonden auch alle Hörer:innen, die bei Release ein paar Monate später Zeug:innen der großen Gefühle werden dürfen.

35. Apsilon x Xaver – Zahnfleisch

Ob Apsilon 2022 auch mal geschlafen hat, scheint fraglich. Anfang des Jahres veröffentlichte er seine Debüt-EP „Gast“, Ende des Jahres folgte die „32 Zähne EP“. Insgesamt sind es 12 Songs, die Apsilon dieses Jahr mit der Welt teilt – und damit die Rapwelt bereichert, wie kaum ein:e andere:r Newcomer:in in diesem Jahr. „Zahnfleisch“ stellt den Abschluss seiner zweiten EP dar und entlässt ihre Hörer:innen in Mut und Zuversicht in den Kampf mit der Welt.

34. Jockstrap – Greatest Hits

Was ein Jahr für die 24-Jährige Georgia Ellery. Nachdem sie als Mitglied von Black Country, New Road mit „Ants From Above There“ bereits ein hochkarätiges Albumrelease in diesem Jahr vorzuweisen hatte, veröffentlichte sie mit ihrer Hauptband Jockstrap im September deren Debütalbum. Nicht nur ist „I Love You Jennifer B“ eines der besten Alben dieses Jahres, sondern wird als eines der besten Debütalben einer Band in den letzten Jahren gehandelt. Das Albumhighlight „Greatest Hits“ bringt Jockstraps DNA dabei besonders gut auf den Punkt. Produzent Taylor Sky glänzt mit einem glamourösen Disco-Beat, angereichert mit etwas Hyper-Pop, während Georgia Ellery selbstbewusst ihren Ruhm heraufbeschwört: „Imagine I’m Madonna / Imagine I’m the Madonna“.

33. Djo – Change

Wenn man Joe Keerys, aka Djos, Jahr zusammenfassen möchte, denkt man in erster Linie vielleicht nicht unbedingt an Musik, sondern eher an den großen Erfolg der vierten Staffel „Stranger Things“. Manche Personen wurden mit mehr als einem Talent gesegnet, Djo ist einer davon. Das bewies er bereits 2019 mit seinem ersten Album „Twenty Twenty“. Das erste Indiz für neue Musik in diesem Jahr war der Song „Change“, die erste Single seines neuen Albums „Decide“. Mit Inspirationen von Daft Punk und Tame Impala, heftigen Synthesizern und Autotune, schafft Djo einen tanzbaren Hit.

32. Nina Chuba x Chapo102 – Ich hass dich

An Nina Chuba kam man – auch wenn man gewollt hätte – 2022 nicht vorbei. (Wir wollten es definitiv nicht!). Spätestens seit „Wilberry Lillet“ dürfte die junge Wahlberlinerin allen bekannt sein und dem gleichnamigen Drink gehörig Konkurrenz gemacht haben in Sachen Bekanntheit und Beliebtheit. Mit „Ich hass dich“ hat sie im Feature mit Chapo102 von den 102Boyz direkt den nächsten Ohrwurm geliefert, in dem sie gegen einen previlegierten Lifestyle rappen. Genau richtig für alle, die mal ein bisschen Dampf ablassen müssen.

31. Caroline Polachek – Welcome To My Island

Noch bevor das Musikjahr zu Ende geht, beschert uns Carolin Polachek mit ihrer EP „Welcome To My Island“, gleichzeitig einen Vorboten auf ihr am Valentinstag 2023 erscheinendes neues Album „Desire, I Want To Turn Into You“. Mit der Single-Auskopplung beweist Polachek ihre Innovation und Kreativität, die verführerisch und wild daher kommt. Die Power-Pop-Queen aus New York versteht große Gesten und eine theatralische Inszenierung, die sie uns lieben und gerne auf ihre Insel folgen lassen.

30. Real Lies – Dream On

Die Postie-Lieblinge Real Lies schaffen es auch 2022 in die Top 50. Kein Wunder – haben sie im Frühjahr doch ihr starkes Zweitwerk „Lad Ash“ veröffentlicht. Und was sollen wir sagen? Nie war sphärische Afterhour-Melancholie schöner. Die pathetische Poesie verzahnt sich mit treibendem Clubsound, der schwer zu beschreiben ist. Auf dem Reeperbahnfestival 2022 hat die Band ihr allererstes Deutschlandkonzert gespielt. Natürlich war ein Teil der Redaktion dabei.

29. Arctic Monkeys – There’d Better Be A Mirrorball

Das Spaceship ist gelandet. Mit „There’d Better Be A Mirrorball“ sind die Arctic Monkeys und damit auch Alex Turner. In dem Break-Up Track schleicht sich Turner nicht nur wohlig um eine Discokugel, sondern flirtet auch stark mit Bond-esquen Songschemen. Immer retro, aber auch immer im Jahr 2022.

28. OG KEEMO – Civic

Es ist der erste Freitag im Januar, als das beste Deutschrap-Album des Jahres erscheint. Es ist ein Meisterwerk, das OG Keemo und Funkvater Frank fast in den Wahnsinn getrieben hätte. „Mann Beisst Hund“ erzählt eine Geschichte von Freundschaft, Verlust und Schuldgefühlen. Ihren Anfang findet sie in einem Mainzer Wohnblock an einem Sonntag-Abend, Anfang der Nuller-Jahre. Karim lernt Malik und Yasha kennen. „Civic“ bildet den Ausgangspunkt der Geschichte, die Geburt einer Freundschaft, den Anfang ihres Endes. „Der Mobb ist tot, lang lebe der Mobb.“

27. BABYJOY – Ophelia

Seit Anbeginn ihrer Laufbahn in der deutschen Musiklandschaft haben Babyjoys Texte etwas therapeutisches. Dazu gehört auch ihre neueste EP „Ophelia“. Egal, ob sie ihre Texte auf Deutsch, Englisch oder Französisch singt. Während „Wenn du weinst“ noch an ihre frühesten Liebeskummer-Songs erinnern, öffnet „Ophelia“, der zweite Song in der EP Auskopplung, neue Türen. Mit der gleichnamigen Figur Ophelia aus Shakespeares Hamlet, die sich im Wasser ertränkt, begibt sich Babyjoy in einen emotionalen Abgrund: „Leg mich sterbend in das Wasser wie Ophelia“. Babyjoy besingt gescheiterte Partnerschaften und ihre depressiven Episoden, ihre Wut auf rassistische und diskriminierende Situationen. Der Beat kommt, wie immer, vom Schöneberger Produzenten KazOnDaBeat.

26. das bisschen Totschlag ft. Drangsal – LG Unlimited

Das in Hamburg-Berlin ansässige Trio das bisschen Totschlag hat in diesem Jahr seine EP „Swamp“ rausgebracht. Unter den sechs Songs befindet sich „Lg Unlimited“, für das Fabian, Niklas und Max Drangsal gewinnen konnten, der sich stimmlich so harmonisch einfügt, als sei er das vierte verloren gegangene Mitglied. Sphärisch, mehrstimmig, vor allem mehrschichtig klingt die Single. Gitarrensound trifft auf Worte, die mit Bedeutung besetzt werden, indem sie nach stetig sanfter Wiederholung von einem Aufschrei durchbrochen werden. Für die Akzente im Visuellen mit dem wunderbar animierten Video mit Knetfiguren zeigt sich Art Director und 3D Animations-Künstler Misha Gurovich verantwortlich.

25. Soccer Mommy – Shotgun

Ein Hit, auf den sich dieses Jahr alle einigen konnten, kommt aus den USA, von Sophie Allison alias Soccer Mommy. Der nostalgische, butterweiche Track „Shotgun“ erzählt von wahrhaftiger Liebe, für die man einfach alles tun würde. Lo-Fi-Instrumente in Kombination mit Retro-Synthies und einer großen Portion Melancholie sind das Patentrezept des Wohlfühl-Songs und ziehen sich auch durch die dazugehörige Platte „Sometimes, Forever“, die im Sommer erschienen ist.

24. Paula Hartmann – Babyblau

Paula Hartmann singt und alle kriegen Gänsehaut. Ihr Debütalbum „Nie verliebt“ erzählt Geschichten von Liebe und Schmerz, Großstadt und Einsamkeit, Suchen und Erwachsen-Werden. Auf der Bühne erweisen sich die Songs dabei nicht etwa als Einladung zum Weinen, sondern zum Tanzen. Allen voran „Babyblau“, ein Lied, das ursprünglich nur für Live-Shows gedacht war und für das Paula lange kämpfen musste, wie sie erzählt. Auch die Fans kämpfen, bis „Nie verliebt“ schließlich noch einmal neu veröffentlicht wird. Dieses Mal „Babyblau“ inklusive.

23. Wet Leg – Wet Dream

Eine Band, die es diesen Sommer in die Ohren jedes Indie-Pop-Liebhabers geschafft haben, ist Wet Leg. Spätestens nach Harry Styles „Live Lounge“ Cover, dass auf TikTok-Viral ging, hatte auch der Mainstream „Wet Dream“ auf dem Schirm. Das Indie Duo aus Großbritannien begeistert mit, zugegeben, etwas skurrilen Texten, die man aber wochenlang nicht aus dem Kopf bekommt. „Wet Dream“ war da ein erster Vorgeschmack auf das self titled Album, das auch in diesem Jahr erschien. Platz 1 in den britischen Charts 2022, Support Act für die Harry Styles Tour 2023, da kommt noch etwas Großes.

22. Big Thief – Simulation Swarm

Auf manche Bands kann man sich blind verlassen. Es ist schwer beeindruckend, in welcher Frequenz die Indierock-Helden Big Thief Songs releasen. „Dragon New Warm Mountain I Believe In You“ aus dem Frühjahr ist das fünfte Album der Band in sechs Jahren. „Simulation Warm“ beweist, dass das hohe Tempo der Band rund um Songwriterin Adrienne Lenker nichts an Qualität einbüßt.

21. Kendrick Lamar – N95

Materialismuskritik im Rap? Ungewöhnlich. Wenn diese allerdings von Kendrick Lamar kommt, ist dies wieder verständlicher. N95 ist ein amerikanischer Produktionsstandard für teilchenfiltrierende Atemschutzmasken, ähnlich der europäischen FFP2-Norm. In dem Song kritisiert Kendrick Lamar die materialistische Lebenswiese viele Menschen, die sich erst mit dem Tragen einer Maske so richtig erkennt.

20. Betterov – Böller aus Polen

Es lässt sich wohl nicht mehr leugnen, dass wir gerade eine neue Welle des Wave in Deutschland erleben und ohne Frage ist Betterov ganz vorne mit dabei. Böller aus Polen von Betterovs Debütalbum malt ein tristes Bild einer deutschen Heimatstadt zu den Winterfeiertagen. „Das ist doch das schöne an der Weihnachtszeit / die Familie rückt ein Stück näher zusammen“, singt Betterov über das Böllerzünden mit der Familie, löst diesen schönen Moment jedoch sofort wieder in typischer bittersüßen Wave-Facon im Zynismus auf „Von allen Orten die es gibt auf der Welt / bin ich ausgerechnet hier geboren“.

19. Loyle Carner – Nobody Knows (Ladas Road)

Für die dritte Single-Auskopplung „Nobody Knows (Ladas Road)“ seines aktuellen Albums „hugo“ nutzt Loyle Carner eine Sample von Pastor T.L. Barrett & the Youth For Christ Choir. Wie man schon ahnt, ist ein ausgeprägter Gospel-Anteil rauszuhören. Sehr intim, sehr verletzlich ist der Song über das Aufwachsen in Abwesenheit eines Vaters. Sein zentralstes Stück auf dem Album nennt Carner „Nobody Knows (Ladas Road)“, das von Vaterschaft, Lücken und Vergebung handelt. Seine Reise und die Suche nach Antworten ist sicherlich noch nicht am Ende, aber immerhin: Kurz vor Release des Albums hat sich Carner mit seinem Vater ausgesöhnt.

18. Steve Lacy – Bad Habit

Bad Habit auf einen TikTok Hit zu reduzieren, würde dem Song nicht gerecht werden. Klar, wahrscheinlich hat sich 2022 kein anderer Song auf der Plattform so lange gehalten, wurde so häufig neu interpretiert oder zum Meme gemacht. Trotzdem: 2022 war selbst abgesehen davon irgendwie auch Steve Lacy Jahr. So schaffte es der Künstler, dass Tickets für sein einziges Deutschlandkonzert in Berlin teilweise für das achtfache des Verkaufspreises weiterverkauft wurden. In Bad Habit besingt er die Reue um eine gescheiterte Liebesbeziehung, untermalt von einer Mischung aus melancholischem R&B und funky Indie Pop Sounds. Wer sich nicht schon in Steve Lacy als The Internet Mitglied verliebt hat, hat es spätestens jetzt.

17. Domiziana – Ohne Benzin

Dafür, dass die Berliner Hyper-Pop Hoffnung Domiziana bisher wenig von sich hat hören lassen, haben wir ihre erste Single Ohne Benzin vergangenes Jahr dann doch sehr häufig gehört. Domiziana schlug ein wie eine Bombe, Ohne Benzin war plötzlich omnipräsent und belagerte so lange unsere TikTok ForYou Pages bis auch wirklich jede:r von uns Domizianas dazugehörige Tanzchoreografie drauf hatte. Hyper-Pop a la Charli XCX meets Rave. Macht süchtig!

16. PinkPantheress ft. WILLOW – Where you are

Früher hätte man Kollaborationen wie „Where you are“ als Supergroup bezeichnet. Heute nennt man es einfach virale Hits. Tatsächlich haben neben PinkPantheress und WILLOW auch Mura Masa und Skrillex an dem Track mitgearbeitet. Wenn man also hören möchte, wie viele Köch:innen nicht den Brei verderben, sollte man sich den Song unbedingt anhören.

15. Beyoncé – CUFF IT

Beyoncé ist weit mehr als die Queen of R’n’B! Im Juli veröffentlichte sie ihr Album „RENAISSANCE“ und hat mit der Single „CUFF IT“ einen viralen Hit in der Social Media Bubble gelandet, den auch wir nicht ignorieren können und sich damit easy einen Rang bei uns abgegriffen hat. Mit ihrem treibenden Sound verbreitet die Feel-Good-Nummer ordentlich Disco-Vibes mit der wir gerne ins neue Jahr steppen.

14. The 1975 – I’m In Love With You

Beim Tumblr-Comeback in diesem Jahr darf eine Band auf gar keinen Fall fehlen. Alte Freunde, neue Ära, neues Album. Mit ihrer dritten Singleauskopplung „I’m In Love With You“ holten The 1975 alle Fans des zweiten Albums und der Pink-Ära ab und ließen die Vorfreude auf neue Musik steigen. Für das Video werden Referenzen zum 2016 erschienen Song „A Change Of Heart“ gezogen. Außerdem wurde niemand anderes als Phoebe Bridgers als Gaststar eingeladen. Ein gelungenes Gesamtpaket und eine Hymne für alle, die sich dieses Jahr neu verliebt haben.

13. Alvvays – Pharmacist

Mit „Pharmacist“ erschien im Juli das erste Lebenszeichen der kanadischen Indie-Größe seit 5 Jahren und die Lead-Single zum neuen Album „Blue Rev“. Dabei fackeln Frontfrau Molly Rankins und Band nicht lange: in zwei Minuten liefern sie ein Noise-Pop Feuerwerk, das seinesgleichen sucht. Melodiös und eingängig wie eh und je, ein wenig shoegazy-er als noch auf den Alben zuvor und der perfekte Vorgeschmack auf eines der besten Alben des Jahres.

12. Working Men’s Club – Widow

Was gibt es Schöneres, als das Wachstum und schließlich die Blüte einer Band live mitzuerleben. So ist es auch bei Working Men’s Club der Fall. Das britische Quartett releaste vor zwei Jahren ihr selbstbetiteltes Debütalbum, welches diverse Genres aus den 80s aufgriff und diese in ein zeitgenössisches Gewand kleidete. War der Ton auf dem Vorgängeralbum noch punkiger und rauer, so ist er auf dem diesjährigen Album „Fear Fear“ geordneter und tendiert noch ein Stück weiter in Richtung Synthpop. Die Albumauskopplung „Widow“ ist eine düstere und gleichzeitig melodiöse Synthpop-Hymne und eines der bisherigen Highlights aus der Diskografie der noch jungen Band.

11. Charli XCX – Baby

Wirft man einen Blick auf den musikalischen Trend-Radar dieses Jahres, ist es neben vielen aufkommenden Genres vor allem eines, das immer wieder Thema war – nämlich Hyper-Pop. Charli XCX hat sich in den letzten Jahren als eine der Vorreiterinnen auf dem Gebiet dieser schnellen, verzerrten Musik hervorgetan und mit der Single „Baby“ neues Material geliefert. Als Leadsingle ihres neuen Albums „Crash“ setzt der Song den Ton für die Charli von 2022: futuristisch, selbstbewusst und sehr sexuell.

10. HighSchool – Only a Dream

Das Indie-Revival ist real. Kaum eine Band beweist das so exzellent wie HighSchool. Sie treffen den Sweetspot zwischen 00er-Jahre Indierock und der Postpunk-Welle der vergangenen Jahre. Damit könnten sie Wegbereiter der neuen Indie-Generation werden. Ansässig in London, ist die gebürtig australische Band in UK nicht lange unentdeckt geblieben. Speedy Wunderground, das rasant aufstrebende Label aus London, welches bereits mit Squid, Black Midi, Sinead O Brien und Co. arbeitete, nahm schnell Kontakt zu HighSchool auf. 

9. Central Cee – Doja

Ein Song, der sich länger auf den ForYou-Pages gehalten hat, als ein gewisser Junge mit einem Maiskolben. Alleine deswegen gebührt diesem Grime-Banger von Central Cee ein Platz in der Top10 der besten Songs des Jahres 2022.

8. FKA twigs – honda feat. Pa Salieu

Wenn FKA Twigs zu einem Feature-Part auf ihrem Mixtape „Caprisongs“ einlädt, kommen sie alle: Jorja Smith, Shygirl oder eben Pa Salieu. As bri’ish as it gets. Dass das funktioniert, zeigt „honda“. Über das Mixtape sagt sie unter anderem selbst: „CAPRISONGS…it’s apple juice when you’re thirsty“. Checken wir.

7. RAPK – petit frère

Es war Ende Mai, als RAPK mit „petit frère“ einen Song veröffentlichten, der den bevorstehenden Berliner Sommer in seinem Wechselspiel aus Schwere und Leichtigkeit prophezeite. Von der Magie des Songs erzählt das Kreuzberger Trio im Interview über ihr Album „Odysse“: „Tariq und ich, wir haben manchmal diese Momente, wir hören diesen Beat und wir reden kein Wort miteinander, bis wir diesen Song aufgenommen haben. Er wusste nicht, was ich für eine Hook mache, ich wusste nicht, was er für einen Part macht und dann nehmen wir es auf und es ist so ,uff, es ist magic einfach“, so Victor. So entstand mit „petit frère“ eine Hymne der sommerlichen Melancholie, ein musikgewordener Sommerregen.

6. Black Country, New Road – Basketball Shoes

Nicht nur ist Charlie XCX selbst als Interpretin in unserer Liste vertreten, so ist es auch ein Song über sie. Und zwar in Form von „Basketball Shoes“, dem Magnum Opus von Black Country, New Roads fantastischem Album „Ants from Above There“. Den Text zu „Basketball Shoes“ schrieb Sänger Isaac Wood bereits vor einer ganzen Weile nach einem, ehm, feuchten-Traum über die Sängerin. Gemeinsam mit seiner Band formte er daraus einen Chamber-Rock Überhit, bei dem vermutlich selbst Arcade Fire aus 2004 nicht schlecht gestaunt hätten. Kurz vor Albumrelease verkündete Sänger Isaac Wood seinen Rücktritt aus der Band, um sich um seine Gesundheit zu kümmern. Einen gebührenderen Abschied als „Basketball Shoes“ hätte uns Wood nicht bescheren können.

5. LAYLA – Pose

Layla ist eine der wichtigen Figuren, wenn es um das Thema Female Empowerment geht. Ihre Texte sind sex-positiver Feminismus und auch in ihrem Song „Pose“ geht es nicht nur um Männer, die ihr zu Füßen liegen, sondern auch um eine Verbeugung vor der Ballroom Szene, die sich Anfang der 80er Jahre etabliert hat. Im sehr schlichten Musikvideo, das in komplett weiß gehalten ist, sind die Outfits umso aufwendiger.

4. TEMMIS – Wenn du da bist

Für die meisten von uns war “Wenn Du da bist” der erste Berührungspunkt mit der Newcomer-Band Temmis aus Tübingen. Mittlerweile haben Temmis innerhalb eines Jahres gleich zwei EPs veröffentlicht, die zweite, “ Klinge” , produziert von Max Rieger, der nicht nur die ein oder anderen Newcomer produziert sondern auch Frontmann der Band Die Nerven ist. So richtig einordnen kann man Temmis nicht – irgendwas zwischen Post Punk und New Wave vielleicht, wobei in Songs wie Wenn Du Da Bist auch Technoeinflüsse rauszuhören sind, die das Ganze sehr tanzbar machen. Als Hörer:in kann man sich also in “Wenn Du Da Bist” je nach Stimmung in romantisch-melancholischem Schwermut als auch in spielerischer Leichtigkeit verlieren –
oder in beidem.

3. Fontaines D.C. – Jackie Down The Line

Kaum eine Band hatte in den letzten Jahren einen derartig konsistenten Output wie die Iren von Fontaines D.C. In nur vier Jahren veröffentlichten sie drei Alben, die durchweg überzeugten. Mit ihrem diesjährigen Album „Skinty Fia“ schafften sie es schließlich auf die Mainstages der größten Festivals der Welt. Einen nicht unerheblichen Anteil an dem Erfolg der Post-Punk Gruppe hat dabei sicherlich Sänger Grian Chatten, der vermutlich charismatischste Frontmann seit Pete Doherty. Direkt zu Beginn des Jahres 2022 läuteten Fontaines D.C. mit „Jackie Down The Line“ ihre neue Ära ein und lieferten ein Highlight ihrer bisherigen Diskografie. Gebettet auf einem durchdringenden Bass und düsteren 90s Post-Punk-Gitarren singt Chatten über die unverblümte Sicht eines toxischen Mannes auf sein Beziehungsgeschehen.

2. ROSALÍA – SAOKO

In der zweiten Single ihres dritten Albums “Motomami” zeigt sich die spanische Sängerin Rosalía experimenteller denn je. Harte industrial Sounds und Synthesizer über einem Reggaeton-Beat sowie ein zehnsekündiger Avant Jazz-Ausflug unterstreichen die Vielfältigkeit der Einflüsse dieses grandiosen Popalbums. “Saoko” (aus puertoricanischem Slang wohl am ehesten als „hervorragender Rhythmus“ zu übersetzen) bedient sich am gleichnamigen Song von Wisin und Daddy Yankee und interpretiert diesen weiter. Der Song zelebriert die ständige Transformation der man als Individuum unterliegt und dass man trotz dieser ständigen Veränderung immer man selbst bleibt und ist damit eine erfrischend unstereotypische Selbstliebe-Hymne.

1. Fred again.. – Delilah (pull me out of this)

2022 war nicht immer einfach. Manchmal trug man Ängste und Unbehagen mit sich herum, die sich nur schwer in Worte fassen lassen. Um es in den Worten der Musikerin Delilah Montagu zu sagen: „So when I just got here. I was just a bit like. I don’t want to be here anymore“. Mit genau diesen Zeilen startet der Song „Delilah (pull me out of this)“ von Fred Again… Dieser hat den Spagat zwischen emotionalen Texten und Clubatmosphäre wie niemand vor ihm geschafft und ist gerade dabei Clubmusik an eine Generation anzupassen, die das Leben, die Gesellschaft und sich selbst immer wieder hinterfragt. Dass dies Phasen der Schwäche zur Folge hat, sollten allen klar sein und löst die Musik von Fred Again das Gefühl in einem aus, das wir alle gemeinsam auch wieder in eine schönere Welt blicken können.