Es ist nicht alles Gold, was glänzt – Gianni Suave im Kampf mit den „KETTEN“ um seinem Hals

Deutschraps Smoothest schließt sein nächstes Kapitel ab: Mit „KETTEN“ veröffentlicht Gianni Suave sein drittes Projekt. Auf sieben Tracks überzeugt er wortgewandt, lyrisch komplex und mit überragender Technik. Überproportional selbstbewusst und gleichzeitig verletzlich breitet er seinen inneren Konflikt als Rapper aus, der seinen Wert zurecht über der restlichen Szene sieht und einen Weg sucht, trotzdem auf dem Boden zu bleiben. „Ketten“ zeigt Gianni Suave als Außenseiter, der ganz bewusst die Distanz zu einer Szene hält, von der er kein Teil sein will und es doch muss.

Irgendwie war bei Gianni Suave von Anfang an klar, das wird was. Zuerst waren es seine Freunde, die das sahen und ihn darin bestärkten, eigene Songs zu schreiben. Kurze Zeit später im Jahr 2016 erkannte die „Raptags“ Jury, u.a. bestehend aus Visa Vie und Nico Backspin, sein Talent und kürte den Frankfurter zum Gewinner des Wettbewerbs, der von Universal Music ausgetragen wurde. An jenem Contest hatte Gianni Suave für keinen Preis und kein Geld teilgenommen. Einen Gewinn hätte er sich vermutlich nicht einmal vorstellen können. Er wollte sich lediglich professionelles Feedback für seine Musik einholen, um herauszufinden, wie viel Wahrheit im Lob seiner Freunde steckte. Den Major-Vertrag, der dem:der Gewinner:in versprochen wurde, lehnt er ab.

Don’t Mess With The Weather

Es ist wohl der erste Move, der zeigt: Gianni Suave hat nicht vor, einen Weg einzuschlagen, den andere Rapper:innen vor ihm beschritten haben. Stattdessen schafft er sich eigene Strukturen, bildet gemeinsam mit seinem Produzenten Rio und anderen Freunden das Kollektiv DMWTW (Don’t Mess With The Weather). Ihre Vision: HipHop weiterentwickeln, progressiv bleiben, sich nicht beeinflussen lassen, etwas Nachhaltiges aufbauen. Und dabei unberechenbar sein, wie das Wetter eben.

Von Anfang an denkt und arbeitet Gianni Suave nicht in einzelnen Songs, sondern in zusammenhängenden Projekten. Sein erstes Tape „Butter“ erscheint 2018. Namensgebend mag hier wohl seine Art gewesen sein, über seine Beats zu gleiten. Schon hier kollaboriert er mit dem berühmt-berüchtigten Zweiergespann OG Keemo und Funkvater Frank. Im letzten Jahr folgen mit „Dope“ sechs weitere Songs, die seinen Status als Ausnahmetalent festigen. Beide Projekte sind in sich geschlossen und greifen doch ineinander über.

Wie Ketten (nicht) zu Fesseln werden

Auch „Ketten“ ist ein eigenes Kapitel, das als Steigerung aus den Vorherigen hervorgeht. Die Songs fügen sich zu einem Bild, einem Gefühl zusammen. Sie überzeugen im Einzelnen, als Gesamtkonstrukt beeindrucken sie. Das Leitmotiv, das sich durch die sieben Tracks zieht: Die Ketten um Giannis Hals. Als Statussymbol, das Wohlstand und Erfolg repräsentiert. Als Fesseln, die ihm seine Freiheit nehmen. Als Objekte der Sehnsucht und des Abgrunds. Er bewegt sich stetig zwischen Streben nach Erfolg und materiellem Besitz und dem Wissen um die Gefahr, die das mit sich bringt.  Doch Gianni Suave weiß, wie er ihr entgehen kann: Indem er auf dem Boden bleibt oder immer wieder dahin zurückkehrt und die Szene auf Distanz hält.

Der Boden, das sind sein Kreis, seine Stadt, seine Freundin. Neben seiner Kritik an der Rapszene sind sie es, die das Projekt mit Inhalt füllen. Ihnen widmet Gianni Suave vier der sieben Songs. Sie scheinen wie ein Versprechen, sich nicht im Höhenflug zu verlieren, sondern zu bleiben. In Frankfurt, bei ihnen, bei ihr. „KETTEN“ bietet eine Einordnung seiner Sozialisation, Inspiration und seiner Zugehörigkeit und seinem Stand zur Szene. Immer wieder wiederholt er die Frage: „Ketten an mei’m Hals so fest, weiß nicht, ob ich die will“. Nach sechs Songs und knapp 19 Minuten findet Gianni Suave seine Antwort: „Ich will keine Ketten an mei’m Hals, ich dachte ich wär frei“.

Seht hier das Video zu „KETTEN“ von Gianni Suave:

 

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