Die bis jetzt 50 besten Songs des Jahres

Yung Hurn – Popo

Es wirkt so einfach, so sexy, so genau on point ausproduziert. Stickle und Yung Hurn rezitieren hier keinen Camus, bewegen sich aber immer weiter weg vom destruktiven Trashsound der frühen Produktionen des Süßgotts. Dafür gibt’s ja schließlich den großen Bruder K. Ronaldo.

Lea Porcelain – 12th Of September

Nach den Vorboten „Warsaw Street“ und dem Springsteen Cover „Streets of Philadelphia“ zeigen Lea Porcelain auf Albumlänge sphärischen, von Distortion und Hall zerriebenen Postpunk. Wie Sänger Markus Nikolaus zum im Hintergrund walzenden Bass in „12th Of September“ immer wieder betont „you know it well“, zeigt wie wenig Angst vor den ganz großen Gesten und Tönen hier vorherrscht. Vielleicht die international interessanteste Band aus dem Land der Leberwurst im Jahre 2017.

Toro y Moi – You and I

Chaz Bear schnippst aus dem Takt, steht vom Piano auf, blickt nach unten und beginnt zu tanzen. Alles im Video zu „You and I“ fokussiert sich auf den mittlerweile 30 jährigen, dessen „Oh my god“ Ausruf im Song zu soft ist, dass Drizzy vor Neid erblasst und dessen Lyrics hier an der Grenze zum Kitsch wandern, ohne diese zu überschreiten. Die weichen Synthies im Hintergrund, der smoothe Look des Videos, alles erzeugt einen Unterwasser Vibe, der den Hörer sofort für sich einnimmt, ohne dabei auch nur eine Sekunde deplatziert oder nervig zu werden.

Father John Misty – Birdie

Noch nie hat sich Joshua Tillman so sehr auf das Erzählen von Geschichten als Basis seiner Musik konzentriert, wie auf seinem letzten Werk „Pure Comedy“. Melodien treten ab und an in den Hintergrund, der große Chorus als Konstante fällt zumeist weg. „Birdie“ gelingt es, den Spagat zwischen dem Wort und der Musik vor allem durch ein großartiges Finale zu kombinieren, das an theatralischer Dramatik nichts zu wünschen übrig lässt. Der Father nähert sich an sein großes Vorbild Leonard Cohen auf seine ganz eigene ironische und gestenreiche  Art und Weise an.

FIBEL – KRIPO!

Bald auf dem c/o pop in Köln zu sehen und gegen Ende des Jahres mit neuem Material am Start. Fibel aus Mannheim sind lyrisch vielfältig wie geheimnisvoll, ohne dabei in metaphorisch aufgebauschte Selbstinszenierung abzugleiten. Wer nach „KRIPO!“ was zu schmusen braucht, bitte hier lang.

A Blaze of Feather – Carousel

Das Bandprojekt der Live Musiker eines gewissen Ben Howard entfernen sich musikalisch nur ein kleines Stück weit von ihrem Bühnenleader, der übrigens als Gitarist und Backround Sänger hier auch zu hören ist. Vornehmlich zu hören ist jedoch Mickey Smith, der „Carousel“ mit seiner treibenden Stimme trägt und das von hallenden Gitarren eingerahmte Stück in düstere, kalte Klangwelten versetzt, die wiederum durch die Akustikgitarre aufgelöst werden könnnen. Das Album ist, wie im Umfeld von Ben Howard üblich, ohne große Ankündgungsaktionen im Netz am 30. Juni erschienen.

The War On Drugs – Pain

Was Adam Granduciel auf dem neuen Album „A Deeper Understanding“ vorhat, lässt sich so langsam immer besser erkennen. Dass es vielleicht noch besser werden wird als sein Vorgänger „Lost in the Dream“ galt als unwahrscheinlich, so gut und konzeptuell ausgefeilt war es doch gewesen. Hört man nun „Pain“, „Holding On“ oder das hier später aufgeführte „Strangest Thing“, beginnt man sich zu wundern: Vielleicht war „Lost in the Dream“ ja nur ein Vorbote, vielleicht nur ein Hinweis auf das, was dieses Jahr kommen soll?

Phoenix – Fleur De Lys

Glitzriger Soft-Pop, süße Eskapismus Hymnen, Spaß und Tanzlust, all das findet sich in „Fleur De Lys“, dem besten Song des Albums einer Band, die man eigentlich schon mit gutem Gewissen ins Popmassengrab gelegt hatte. Phoenix aber sind mit viel Selbstironie und der nötigen Portion guter Laune eine der sommerlichsten Bands des Jahres. Wir verbieten uns namensbezogene Wiederauferstehungsfantasien und finden „Ti Amo“ eigentlich rundum gelungen.

The xx – Say Something Loving

„I See You“ war neben der Erkenntnis an Möglichkeiten, sich vom durchexerzierten Postpunkt der beiden Vorgängeralben zu lösen, vor allem auch ein visualisiertes Zusammenfinden und -halten zwischen Romy Madly-Croft, Oliver Sim und Jamie Smith. In so klaren Bildern wurde die Freundschaft zwischen den Bandmitgliedern wohl selten gezeigt, sei es in den Lyrics des Albums oder in den bewusst von klaren Farben strukturierten Videos. „Say Something Loving“ zeigt The xx in wunderschön ruhig gehaltenem, warmen Pop, der, sei es durch die Stimmen Crofts und Sims oder durch das Sample des 1978er Alessi Brothers Songs „Do You Feel It?“ in runde Formen gebracht wird.

Kodak Black  – Tunnel Vision

Das Sampling von Flötentönen hat Future mit „Mask Off“ zwar verkaufstechnisch auf die Spitze getrieben, aber es war Kodak Black, der dem Trend des Frühjahrs den Song bescherte, der ihm gebührte. Pure Unterhaltung, die im Video höchst politisch umgesetzt wird. Kodak liefert auf den durchweg reduziert arbeitenden Beat den eingängigsten Hit des bisherigen Jahres und schafft es, im Gegensatz zu Future, seinen Song auch ein halbes Jahr nach Erscheinen beim Hörer frisch wirken zu lassen. Real stuff anstatt One Hit Wonder.

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