Wir brauchen mehr Charli XCX im Pop, weil sie unsere Sicht auf Pop verändert

Charli XCX ist mit ihrer Musik die Emanzipation des Pop. Sie spricht Cyberpop-Fans, Team Britney und alle Menschen, die sich oftmals missverstanden gleichermaßen an. Mit dieser Mischung möchte sie uns in das nächste Jahrzehnt des Pop mitnehmen.

Charlotte Aitchison, besser bekannt als Charli XCX, hat keinen leichten Stand in der breiten Masse. Dies hängt vor allem noch immer mit dem Erfolg ihres Albums „Sucker“ zusammen. So fasste beispielsweise der Musikexpress die Musik der Britin wie folgt zusammen: „Man kann die Gläser heben und dieser Platte als großem Statement zuprosten oder sie ein bisschen albern finden. Oder beides.“ Und genau mit dem Image hat die Musikerin bis heute zu kämpfen.

Ein Hacker-Angriff, der alles veränderte

Wenn man an Charli XCX denkt, fallen einem schnell Songs wie „Boom Clap“ oder der Theme Song von „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ aus dem Jahr 2015 ein. Letzteres verhalf ihr auch in Deutschland zum Durchbruch. Doch dabei ist Charli XCX viel mehr, als ein reines Pop-Gebilde, der man Songs auf den Leib schneidert und die Sache dann schon irgendwie Plays genieren wird. Doch dann kam eine Art Cut in ihrer Karriere, der wohl auch mit dem Jahr 2016 zusammenhing. Sie steckte in den finalen Zügen zu ihrem dritten Studioalbum, als dieses quasi über Nacht geleakt wurde. Bis heute ist unklar, wie sie gehackt wurde doch mit dem „Release“ änderte sich die Sicht auf das komplette Konstrukt und die Arbeitsweise im Musikbusiness, wie sie Fader gegenüber erzählt.

Fortan schenkte sie dem Konzept eines „Albums“ weniger Bedeutung, nannte ihre Releases „Mixtape“ und kämpfte sich somit frei von dem Druck und Konventionen des Geschäfts. Es war die unfreiwillige Abkehr von dem Pop-Geschäft, wie man es kennt. Mit der EP „Vroom Vroom“ war sie nicht mehr das geschaffene Bild des Bad Girls für die Masse, sondern das Bad Girl, das sich gegen ein ganzes Genre emanzipiert. Dies tut sie zu Beginn vor allem musikalisch in dem sie mit der Avantgarde-Pop Bubble zusammenarbeitet. AG Cook war der Erste, der ihre Musik in die Zeitmaschine gepresst hat und sie damit auch für Acts wie SOPHIE oder Caroline Polacheck interessant gemacht.

Ein neues Selbstbewusstsein für Pop

Heute ist es Charli XCX selbst, die Türen für junge Künstler:innen öffnet, wenn sie Songs wie „Gone“ releast. Sie ist eine der gefragtesten Acts für Kollaborationen, da sie auch Genre-Grenzen für Pop überflüssig hat werden lassen. Christine and the Queens, Sky Ferreira, Tommy Cash, Uffie, Haim, Lil Yachti, man könnte diese Liste ewig so weiterführen. Oder sie holt sich halt das Who is Who in ihre Musikvideos wie bei „Boys“.  „Künstler:innen wie Charli XCX zeigen, dass sie die Kontrolle haben und damit Erfolg haben“, meint Girli und zeigt, dass die Britin Raum für ein neues Selbstbewusstsein der Protagonist:innen eines Genres gemacht hat. Charli XCX selbst und nicht irgendein Manager bestimmt ihren Sound, das nächste Musikvideo, ihr nächstes Release, ihr nächstes Projekt. Sie steht stellvertretend dafür, dass Pop längst mehr als eine Dienstleistung ist.

Charli XCX veröffentlicht den neuen Song "I Finally Understand"

Dies funktioniert aber auch so gut, weil die Künstlerin immer wieder Einflüsse anderer Genres in ihre Musik mit einfließen lässt. Elemente aus dem K-Pop, der Rave-Szene, Emo-Welt oder sogar Einflüsse von Bedroom-Pop und Indie werden von Charli XCX als Hommage zu neuen Songs verarbeitet ohne, dass sie dabei in die Falle der kulturellen Aneignung tappt. Vielmehr schätzt und liebt sie ihre Einflüsse derart, dass die ihnen zu einer größeren Bühne verhelfen möchte.

Es sind die bereits genannten Faktoren, die dann auf ein Verständnis für Trend- und vor allem Internet-Kultur stoßen, die dann auch den letzten Drinnie unter uns anspricht. Fans der Künstlerin wissen, dass Charli XCX, selbst wenn sie groß auftrumpft wie im Video zu „Good Ones“ im Herzen doch Charlotte Aitchison ist, die wahrscheinlich noch oft an die Zeit von Myspace zurückdenkt, wenn sie abends mit ihrem Freund auf der Couch abhängt, wie „1999“ auf ihre ganz eigene Art und Weise zeigt.

Charli XCX zeigt Verständnis für alle die, die eigentlich in Memes denken, jeden von Team Britney, für ihre Kolleg:innen und möchte uns alle gemeinsam an die Hand nehmen, um dann gemeinsam in das nächste Jahrzehnt des Pop zu reisen. Dies mag albern klingen oder nur einfach nach „how i’m feeling“ now.

Hier das neueste Video von Charli XCX zu „New Shapes“:

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