Zwei Wochen vor Veröffentlichung seines Albums veröffentlicht Casper die vierte Single aus „ALLES WAR SCHÖN UND NICHTS TAT WEH“. „BILLIE JO“ ist zugleich Titel des Songs und Name seiner Cousine, deren Geschichte er erzählt. Eine Geschichte, die an Tragik nicht zu überbieten ist und in ihrer Wirkung lange nachhallt.
Casper wuchs als Sohn eines US-Soldaten in den amerikanischen Südstaaten auf, sozialisiert im Umfeld einer christlich-konservativen Army-Familie. 2016 ereignet sich hier eine Tragödie, die sie erschüttert. Nach seinen Einsätzen als Army-Pilot erfährt Billie Jos Mann keine professionelle Hilfe, keine Behandlung seiner posttraumatischen Belastungsstörung. Er stützt sich auf Familie und Glauben, fällt in eine Abwärtsspirale aus Beruhigungsmitteln und Drogen. Sie endet im Mord seiner Frau, beider Kinder und seinem Selbstmord.
Es ist nicht das erste Mal, dass Casper in seinen Songs Geschichten teilt, die von seinen Verlusten handeln: Der Selbstmord eines Freundes in „Michael X“, der Tod seiner Schwester in „Ariel“. Und jetzt: „BILLIE JO“. Es ist eine Geschichte, die in ihrer Tragik fast unwirklich scheint. Und doch ist sie nicht die einzige ihrer Art. Casper richtet den Blick nicht nur auf das Schicksal seiner eigenen Familie, sondern auf das strukturelle Problem der mangelnden Hilfsnetzwerke für Kriegsrückkehrer:innen.
Es ist eine Gabe, Worte da zu finden, wo es einem die Sprache verschlägt. Caspers Sprachtalent wird um Max Riegers musikalisches Genie ergänzt. Die Musik zu „BILLIE JO“ schrieb und produzierte er schon 2017 für sein eigenes Projekt All diese Gewalt. Hintergrundgesänge von Drangsal und Lisa Morgenstern bilden mit Max Riegers Produktion ein Soundbett, das ebenso eindringlich wirkt, wie die Worte, die darüber liegen.
„BILLIE JO“ ist eine keine offensichtliche Wahl als Single. Zu groß die Schwere, die Tiefe, die Anzahl der Wörter. Dabei ist es doch genau das, was Casper der Musiklandschaft schenkt: Geschichten in all ihrer Tiefe und Schwere, in all und genau den Worten, die es dafür braucht. Vor zehn Jahren schon, heute noch immer. „BILLIE JO“ erinnert daran und stellt so eben doch einen eindrucksvollen Vorboten für „ALLES WAR SCHÖN UND NICHTS TAT WEH“ dar.