Cold Specks in der Alten Feuerwache

26.1.2015: Ella and the Bad Seeds

Vor zwei Jahren, sagt Al Spx irgendwann zwischen zwei Songs, sei sie das erste Mal durch Deutschland getourt, aber an diesem Abend in Mannheim habe sie eine ganz andere Band dabei. Kaum verwunderlich, verhalten sich ihr Debütalbum als Cold Specks von 2012 und das einwandfreie Neuroplasticity aus dem letzten Jahr zueinander wie der Tag zur Nacht. Die erste Hälfte, gespickt mit Songs ihres neuen Albums, ist schwermütig und dunkel, bevor sich nach und nach der Schleier hebt und Al Spx allein auf der Bühne steht.

Doch zurück zum Anfang: Der Montagabend fängt recht locker an, Vorband sind die Halb-Einheimischen Still Parade. Irgendwo zwischen Folk und jangly Pop bewegt sich das Trio um Niklas Kramer, und mit „bewegt“ ist auch „bewegt“ gemeint. Zwar ist die Alte Feuerwache nicht übermäßig gut besucht, aber das kann man wohl auf den Wochentag, das schlechte Wetter und den Niedergang der Konzertkultur im Allgemeinen schieben. An Still Parade liegt es nicht und auch Cold Specks kann man nicht vorwerfen, dass sie nicht ordentlich abliefern.

Ohne große Einleitung startet die Hauptband direkt in den ersten Song, „Let Loose the Dogs“. Wem es nicht dann schon klar ist, der merkt spätestens bei Lied Nummer 2, dem Opener von Neuroplasticity mit dem programmatischen Namen „A Broken Memory“, dass gute Laune heute Abend keine große Rolle spielt. Nach „Living Signs“, sowohl auf dem Album als auch live ein Höhepunkt, kündigt Al Spx, die hinter Cold Specks steckt, „Old Knives“ an: Ein Traum, in dem sie ihren Liebhaber köpft, habe sie inspiriert, den Song zu schreiben. Sie glaube, es sei ein Liebeslied. Nach ein paar Minuten bricht das Chaos aus, der Saxophonist bläst um sein Leben und das Schlagzeug zerstört alles. Das Dunkle, das Unbehagen steckt in den Songs von Neuroplasticity, die bis auf das kaum weniger dunkle „Hector“ den ersten Teil des Konzerts ausmachen. „A Season of Doubt“ wird a cappella dargeboten, kurz darauf wird „We No Who U R“ von Nick Cave gecovert.

Beides zusammen weist darauf hin, wie seltsam die Musik von Cold Specks im Kern ist. Eine Soulstimme, die erst Folksongs schreibt und dann eine Post-Rock Combo frontet? Ella Fitzgerald als Sängerin der Bad Seeds? Man mag am Anfang gar nicht glauben, dass die Frau mit der ausdrucksstarken Stimme die Songs schreibt, die dort um sie herum gespielt werden. Doch das ist das Packende an Cold Specks, die Begegnung von Spx‘ Stimme, die klingt als käme sie von einem 50’s Jazzalbum, mit der nebligen, düsteren Musik des amerikanischen Südens. Live bekommt diese Begegnung noch mehr Körperlichkeit. Die Zuhörer sind gefesselt von der Bühnenpräsenz der Kanadierin, die der schwarze Hut, den sie das Konzert über trägt, noch verstärkt.

Es ist auch jene Stimme, die der Band danach die Show stiehlt. „Blank Maps“ – einer der ersten Songs aus Al Spx‘ Feder und inzwischen von Neuem ihr „favourite child“ – und „When the City Lights Dim“ leiten den Teil des Konzertes ein, der sich um die Songs von I Predict a Graceful Expulsion dreht. Zwei ihrer Lieder singt sie im Laufe des Konzertes noch ohne instrumentale Begleitung, ein weiteres wäre vielleicht auch zuviel des Guten gewesen. „Absisto“, einer der besten Songs des letzten Jahres, kommt live auch ohne die kurze Pause in seiner Mitte aus. Dafür muss man der Band und besonders Saxophonist Chris Cundy ein Lob aussprechen. Letzterer beweist, dass Konzerte wie dieses immer von Holzbläsern profitieren können.

Alleine mit ihrer Gitarre – einer der wenigen Songs, bei denen Al Spx zum Instrument greift – erzählt sie, ihr kleiner Bruder sei für den Titel „Elephant Head“ verantwortlich und dass hinter dem Lied ein Konzept stecke, es drehe sich um Erinnerungen. An diesem Punkt ist es keine Überraschung mehr, dass auch „Elephant Head“ begeistert. Nach der letzten Vokalperformance, der B-Seite „Old Stepstone“, steht die Sängerin kurz still auf der Bühne. Die Textzeile „I cherish the memories when I’m far away“ hängt in der Luft. Dann verabschiedet sich Cold Specks und der Applaus vertreibt das verklärte Dunkel.

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Hört euch hier „Old Stepstone“ an:


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