Wir hatten die Möglichkeit uns kurz nach dem Auftritt beim diesjährigen Maifeld Derby in Mannheim mit dem Künstler Inner Tongue zu unterhalten. Inner Tongue hat mit seiner ersten EP TZ, KA nicht nur die Aufmerksamkeit der Blogger auf sich gezogen, sondern konnte auch Medien wie die Spex oder Noisey von sich begeistern.
Es ist nicht wirklich therapeutisch zu sehen, hat mich aber selber doch sehr beruhigt.
Lass uns einfach mal mit der ersten Frage starten. Wie fandest du deinen Auftritt auf dem Maifeld Derby?
Ja, es war sehr schön! Ich hatte anfangs die Befürchtung, weil wir ja der erste Act in dem Palastzelt waren, dass eher wenige Leute kommen würden, aber es war sehr schön anzusehen. Es war der erste Gig auf einem Festival überhaupt und somit auch besonders.
Dem kann ich nur zustimmen! Du hast ja drei Songs als EP veröffentlicht und da kommt doch die Frage auf, warum du gleich alle auf einmal raushaust und nicht hintereinander?
Mir war es wichtig, dass man gleich mehr von meiner musikalischen Seite erfährt und das Ganze erklärt sich nicht mit einem Song. Es sind auch keine typischen Singles, wo man mal einen raushaut und dann fahren tausende Leute gleich drauf ab. Deshalb habe ich darauf gehofft, dass es ein paar Leute gibt, die es mögen und gut finden…
Was ja ganz gut geklappt hat! Es gab ja anfangs schon eine große Euphorie.
Also ich persönlich war doch sehr überrascht, dass es gleich so viel Feedback gab. Das war ein schönes Gefühl für mich!
Ist es ungewohnt für dich mit einer Liveband aufzutreten, da du doch eigentlich Solokünstler bist?
Nein, ungewohnt nicht so. Ich schreibe alleine, kümmere mich um das Arrangieren der Instrumente und mir war es dann schon von Anfang an wichtig mit den drei ersten Songs mit einer Band ins Studio zu gehen. Ich wollte das Gefühl des Perfomens auf Band haben, um zu spüren wie die Songs sich anfühlen. Es war nie der Gedanke da Musik zu machen, die sich live nicht umsetzen lässt, deshalb war es bereits vor den Studioaufnahmen wichtig es auch live umzusetzen.
Daraus lässt sich deuten, dass es auch keine Probleme bei den Gigs gab?
Ich hatte das große Glück, dass die gleichen Leute, die es mit mir aufgenommen haben auch mit mir auf Tour jetzt sind. Also wir fühlen uns auf Tour schon wie eine Band und sind somit alle ein Stück Inner Tongue quasi. Ich glaube der Spagat zwischen einer fixen Liveband und einem Solo-Act gelingt doch ganz gut.
Am Anfang war das Rätselraten, um Inner Tongue ja doch sehr groß. Warum hast du dich so lange versteckt?
Also ich dachte nie, dass es das Ganze interessanter machen würde. Ich wollte eigentlich nur schauen wie die Leute auf die Musik reagieren, also ohne Bild. Es folgten ja dann mit dem Video doch ziemlich schnell Bilder. Dass es so ein Mysterium geworden ist, kam eher von den Blogs. Mir war zwar bewusst, dass man von mir nichts als Person weiß, was aber auch hätte damit enden können, dass sich niemand für die Songs interessiert und sie auf Soundcloud mit 10 Plays enden. Erst als die Songs dann doch gut angekommen sind, habe ich mir gedacht, dass man das Versteckspiel doch noch weiter treiben könnte.
Es gab also von deiner Seite aus nie die Bedenken, dass sich der Zauber beim ersten Live-Auftritt dann auflöst?
Naja, ich muss zugeben, dass ich mir vor dem Release des Videos schon Gedanken gemacht hab, ob wir es tatsächlich schon auflösen sollen, weil es ja eigentlich auch ein gutes Thema ist, was die Leute unterhält. Schlussendlich habe ich mir dann aber gedacht, dass den Leuten ja die Musik gefallen muss und ich somit dem Versteckspiel ein Ende bereitet hab.
Ich habe neulich erst bei den Kollegen von Noisey gelesen, dass deine Songs anfangs alle ohne Gesang geplant waren?
Ja, das stimmt. Ich hatte vor ca. zwei Jahren meine Stimme verloren und konnte über acht Monate lang nicht richtig performen. Große Teile dieser Zeit musste ich sogar ganz schweigen, durfte noch nicht einmal husten. Das war schon eine sehr heftige Zeit, weil ich wusste nicht, wie sich meine Stimme nach dem Schweigen anhören würde und ob ich überhaupt jemals live singen kann. Aus dem Grund habe ich nach neuen Wegen gesucht, die Musik für mich sprechen zu lassen. Ich hatte eigentlich schon meine Vergangenheit als Sänger aufgegeben und habe die Musik sozusagen als Neuanfang gesehen. Das ist aber eher auf einer persönlichen Basis passiert. Ich wollte einfach etwas finden, was ich für mich selber auch ohne Gesang akzeptieren kann. Es war eigentlich wirklich nur für mich bestimmt. Es ist nicht wirklich therapeutisch zu sehen, hat mich aber selber doch sehr beruhigt.
Sind die Texte dann nachträglich entstanden?
Ja, die sind in den Monaten entstanden, in denen ich schon wieder im Training war. Ich habe die Angewohnheit, wenn immer mir was einfällt, schnell das Handy herauszuholen und es schnell einzutippen, um es dann später mal zu einem Text zu verfassen. Die Texte stehen aber ziemlich unabhängig von den Songs. Sie sind auf aus ewig langen Texten entrissen und ich schaue es dann so mit einem Track zu kombinieren, dass es auch wirklich Sinn macht. Es geht beispielsweise darum ein Gefühl eines Abends mit den Textstücken möglichst gut zusammen zu fassen.
Du wirst oft, vor allem in der Bloggerlandschaft, mit James Blake verglichen. Wie stehst du dazu? Kannst du dem folgen?
Es ist natürlich ein sehr schmeichelnder Vergleich! Natürlich gefällt mir James Blake sehr gut, aber so wie ich die Musik wahrnehme, würde ich mich jetzt nicht unbedingt mit ihm vergleichen. Möglicherweise liegt es an den ruhigen Passagen in Kombination mit den Synth-Passagen und dem Gesang, aber ich kann das insgesamt sehr schlecht beurteilen.
Wie erklärst du dir die Welle an guten österreichischen Acts, die da gerade auf uns einschlägt?
Also ich kann da nur im Zusammenhang mit Wien sprechen. In Wien hat sich die Szene beispielsweise bisschen professionalisiert. Vorreiter war in dem Zusammenhang sicherlich SOHN, der bereits sehr erfolgreich war und zu dem damaligen Zeitpunkt seinen Schaffensmittelpunkt in Wien hatte. Er hat quasi gezeigt, dass man mit guter Musik sehr weit kommen kann. Dazu muss ich aber sagen, dass ich selbst gar nicht zu dieser Szene gehöre! Ich betrachte das Ganze auch eher von außen. (lacht)
Eine letzte Frage hätte ich noch! Was hat dich bei den Aufnahmen deiner Songs am beeinflusst?
Hm, da gibt es so einen Einfluss! Ich habe nämlich zu den Helfen meiner Kindheit zurückgefunden. Und zwar waren das The Cure. Im Alter von drei Jahren habe ich extrem viel Disintegration gehört. Ich höre das auch heute noch gern, kann mir aber nicht erklären warum mir das als Kind gefallen hat. (lacht) Ich habe dann auch irgendwann angefangen mir die Lippen sexy anzumalen wie Robert Smith, was meine Eltern dann doch etwas verwirrt hat, aber wir sind ja offen. (lacht) Dann waren aber natürlich auch so Zeug wie Dark Side Of The Moon von Pink Floyd dabei. Das sind so die konkretesten Sachen, die mich wirklich inspiriert haben. Das Entschleunigte an den Cure Songs hat mich immer beeindruckt. Es ist trotz dieser langsamen Beats, extrem emotional. Mir hat einfach imponiert, dass man mit so wenig einen Menschen so berühren kann.
Hier kann man sich Inner Tongue in bewegten Bildern anschauen:
Yannick