Wir haben eine Grafikdesignerin sechs aktuelle Album-Artworks bewerten lassen

Wir haben eine junge Grafikdesignerin gebeten uns ihren ersten Eindruck zu anstehenden oder aktuellen Album-Artworks zu schildern.

Fanny Hertz ist eine Grafikdesignerin, die in Luxemburg aufgewachsen ist, dann aber für fünf Jahre nach Paris gezogen ist. Dort hat sie ihren Abschluss auf der Kunstschule Penninghen in Art Direction gemacht. Die junge Künstlerin plant nach Tel Aviv zu ziehen und will dort als Freelance Art Director arbeiten. Ihr schaffender Fokus liegt vor allem auf Editorial Design, Typografie, und Fotografie, welche aus ihrer Passion zu Farben und Ästhetik entstammen. Mit ihrem Abschlussprojekt „Switch“ hat sie die Grenzen des Brandings verfließen lassen aber dazu weiter unten mer. Wir haben ihr sechs Artworks von aktuellen oder anstehenden Platten gezeigt und wollten von ihr ihren ersten, persönlichen Eindruck erfahren. Erstaunlicherweise bekommt das Cover von LCD Soundsystem von ihr weniger Hate ab als auf den Online-Plattformen.

 

Jay-Z – 4:44

Das Cover zu Jay-Zs neuem Album „4:44“ gefällt mir. Ich finde, dass die Schlichtheit und das Fehlen der Informationen, wie zum Beispiel das Fehlen des Künstlernamens, den Betrachter neugierig machen. Ich habe festgestellt, dass ich das Gefühl hatte die Bedeutung der Zahlenkombination nachschlagen zu wollen. Über diese Herangehensweise habe ich auch Lust bekommen mir das Album anzuhören. Die Tatsache, dass das Cover nur von Typographie und von lediglich zwei Farben geprägt ist, macht es sehr angenehm fürs Auge und es sticht im Plattenladen sicherlich neben den anderen Platten heraus. Natürlich kann man sagen, dass so ein „simples“ Cover immer auch ein Risiko ist, für mich persönlich ist der Plan hier aber perfekt aufgegangen.

Joywave – CONTENT

Ich habe absolut keine Idee, welcher Künstler sich hinter dem Cover verstecken könnte. Im Gegensatz zu dem 4:44 Album, bei dem man auch keinen Künstlernamen ablesen kann, stört es mich bei diesem Beispiel. Man liest CONTENT und man hat als Betrachter keine Ahnung, ob es sich um den Albumtitel oder um den Künstler handelt. Natürlich ist meine Meinung nur ein erster Blick und auch mein erster persönlicher Eindruck aber die Grafik von CONTENT gefällt mir einfach nicht. Es passiert zu viel auf einmal und die Augen werden alleine durch das Anschauen einfach super schnell müde. Außerdem finde ich die Farbauswahl vielleicht ein wenig zu aggressiv. Alles in allem ist das Design nicht sehr zeitgemäß und man hat das Gefühl, dass man dieser Computer-Retro-Look so langsam ein wenig ausgelutscht ist.

Arcade Fire – Everything Now

Wie auch schon bei den beiden anderen behandelten Artwork findet man auch hier keine Informationen über die Band auf dem Design wieder. Mich persönlich stört das aber eigentlich nicht. Ich finde es sogar relativ angenehm nur den Titel des Albums zu haben aber trotzdem stört mich irgendwas an diesem Cover. Ich mag die Farbwahl nicht. Der Farblichkeit des Sonnenuntergangs fehlt es an Modernität und dadurch wirkt das Ganze leicht billig auf mich. Vergleicht man es zum Beispiel mit anderen Stills aus den Videos von Arcade Fire, fällt das Cover doch deutlich ab. Die Videos gefallen mir, was die Farbwahl betrifft viel besser. Ich gehe davon aus, dass sie hier auf den  „Kitsch-Vibe“ aus waren mit den Farben des Covers. Funktioniert hat es leider nicht so richtig.

LCD Soundsystem – American Dream

 

Ich habe das Gefühl, dass das Cover von LCD Soundsystem eine gute Arbeit hätte werden können doch irgendwie fehlt mir was. Vielleicht hätte man einen Eyecatcher, etwas Unnatürliches in den Himmel integrieren sollen. Ein Farbakzent hätte es eventuell auch irgendwie getan. Dass offenbar die Idee bestand etwas Simples machen zu wollen gefällt mir. Ich finde es auch cool, dass es ziemlich straight forward sein sollte, aber es ist einfach nicht simpel genug für das Konzept, das es sein sollte. Das Design hängt irgendwo zwischen zwei Ideen fest und man bekommt das Gefühl, dass man sich einfach nicht so recht entscheiden konnte, was man schlussendlich als Produkt haben will.

MURA MASA – MURA MASA

Das Cover hier gefällt mir sofort! Das Layout ist sehr modern und wird in letzter Zeit sehr häufig benutzt, was der Attraktivität aber nicht abtut. Im Gegenteil, es funktioniert wunderbar und sieht gut aus. Die Fotografie und die Typo harmonieren gut miteinander. Es ist ein Design, das man sich gerne länge anschaut, weil man den Eindruck hat, dass man immer wieder neue Details entdecken kann. Wenn ich das Artwork so auf den ersten Blick sehe, habe ich wirklich Bock das Album zu öffnen und mir den Rest des Designs anzuschauen. Es wäre cool zu wissen wie das Booklet oder weitere Fotografien umgesetzt worden sind.

J. Bernardt – Running Days

Das Cover hier hat mich echt verunsichert. Ich meine, ich mag das Layout zwar und auch die Art und Weise wie die Typo eingesetzt wurde. Auch die Cutting Marks um das Bild gefallen mir sehr und sind wahrscheinlich auch mein Highlight dieser Arbeit aber irgendwie stört mich etwas an dem Bild. Ich kann es aber gar nicht so richtig erklären und wahrscheinlich ist es einfach mein persönlicher Geschmack. So insgesamt ist es schon ein gelungenes Cover, es spricht mich einfach irgendwie nicht so an. Es löst einfach nichts in mir aus, was schade ist.

Was war der Hintergedanke bei deinem Projekt „Switch“?

Die erste Idee, die hinter dem Projekt steckt, war das Verschmelzen von fremden Sprachen und Schriften mit Grafikdesign. Fremdsprachen haben mich schon immer interessiert und inspiriert und in meinem Auslandsjahr in Israel konnte ich bereits mit Fremdsprachen herumexperimentieren. Eigentlich war mir seitdem klar, dass ich etwas in der Richtung für meine Abschlussarbeit machen wollte. Danach erst habe ich mit den eigentlichen Recherchen begonnen und bin dann auf die „Sapir-Whorf-Hypothese“ gestoßen. Die Hypothese besagt, dass die Sprache Einfluss darauf hat, wie wir die Welt wahrnehmen. Aus dieser Theorie heraus habe ich dann meine Arbeit aufgebaut.

Du hast bei deinem Projekt viel mit bekannten Marken herumgespielt. Hast du da einen persönlichen Favoriten?

Ich glaube nicht, dass ich einen richtigen Favoriten nennen könnte. Jeder „Brand Switch“ sollte immer relevant und ästhetisch zugleich sein, was oft gar nicht so einfach war. Deshalb kann ich wohl echt keinen Fav. herauspicken. Es gab aber einen Part im Buch, der mir persönlich extrem Spaß gemacht hat. Dabei ging es darum Typo von Logos in ein abstraktes Design umzuwandeln, weil es einfach extrem Bock macht mit Typo herumzuexperimentieren. Das Feedback der Leute, die das Projekt gesehen haben, mochten den Part in dem ich Marken und deren Logos vertauscht habe jedoch am meisten. Das hat mich natürlich super gefreute, da es bei manchen ziemlich tricky war sie zu designen.

Nachdem du jetzt deinen persönlichen Eindruck zu den Artworks geschildert hast, gibt es für dich irgendwelche Design Trends oder Tendenzen, die 2017 so richtig herausstechen?

Ich habe das Gefühl, dass die Menschen sich momentan ein wenig satt gesehen haben an diesem super cleanem und weißem Look. Es muss nicht mehr alles super minimalistisch oder schlicht gehalten sein. Kitsch kommt wieder mehr auf. Ich habe auch das Gefühl, dass die Bedeutung von Grafikdesign mehr ins Bewusstsein rückt und die Leute kreativer darin werden Grafikdesign als eine Art sich auszudrücken zu nutzen.

Gibt es denn irgendwelche No-Go’s?

Es gibt nie No-Go’s. Solange es klug ausgewählt ist und clever designt ist, ist alles erlaubt. Am Ende des Tages ist doch immer alles subjektiv und so hat jeder seine Meinung zu jedem Design.

Es gibt kaum eine Font (Schriftart), die so belächelt wird die Comic Sans. Was ist deine Meinung dazu?

Es wird sich einfach so sehr über Comic Sans lustig gemacht, dass es fast schon wieder trendy wird. Mir persönlich gefällt die Schriftart optisch nicht so und ich muss zugeben, dass ich sie in naher Zukunft wohl eher nicht einsetzen werde.

Sämtliche Foto-Credits des zweiten Teils des Posts liegen bei Fanny Hertz. Für weitere Bilder: Instagram / Behance.

English version

Jay-Z – 4:44

I like the cover of Jay-Z’s 4:44 album. The simplicity and lack of informations, such as the artists name, make you really curious. Personally it made me want to look up the meaning of the numbers and listen to the album. I also think that the use of only 2 colors and just typography is quite attractive to the eye and would catch your attention when among other covers. It is risky to bring out a cover like this but to me it works perfectly.

Joywave – CONTENT

I have absolutely no idea which artist is related to the cover of that album. Unlike the 4:44 album, in this one I find it disturbing. I’m reading CONTENT but I’m not sure whether that is the name of the album or of the artist. My opinion is of course very personal but I am just not attracted to this cover. There are too many information that I feel as if your eyes get tired just by looking at it. I also find that the pick of colors is a bit agressif. All in all I find that this design is not very modern and feels like it has been seen before.

Arcade Fire – Everything Now

Just as the previous two albums there is no information about the artist on the cover. I don’t mind o this one, I think it is nice to just have the title of the album. What I don’t like is the choice of color. The color palette of a sunset lacks of modernity and looks kid of cheap in my opinion. I have looked up other images of arcade fire’s videos and I much prefer the colors they chose there. They maybe wanted to go with the „kitsch-vibe » with the colors of the covers but I don’t think it worked well.

LCD Soundsystem – American Dream

I feel like this could have been a good cover but it just misses something. Maybe there should be something unusual flying in the sky or a spot of color somewhere. I like the fact that it wants to be simple and straight forward but to me it is not simple enough if that’s the idea. The design is too in between ideas, as if there hasn’t been a real making of decisions behind it.

MURA MASA – MURA MASA

I am instantly attracted to this cover. The layout is really modern and has been seen a lot recently but to me it’s still working and attractive. I like the picture and the typography. It is a design that you want to keep looking at for a while because you feel like you can always discover something else. When I see this cover I really want to open the album and see the rest of the design, like the booklet or more photographs.

J. Bernardt – Running Days

I am not sure about this cover. I really like the layout, the way the typography has been placed and the fact that they added the cutting marks around the picture (probably my favorite thing about this cover). What I don’t like as much is the picture, but that is really personal because I couldn’t exactly tell why. All in all I think it is a nice cover, it just doesn’t draw my attention a lot.

What’s the idea behind your project „Switch“?

The first idea behind my graduation project was to create something that relates foreign languages and graphic design. I’ve always been interested in foreign languages and after experimenting designing in another language during my exchange I knew that it was something I wanted to incorporate into my final project. This is how I started to do research around the topic and came across the „Sapir-Whorf hypothesis“. I found that all the researches and the questions I asked myself were so interesting that I wanted to combine them into an editorial object to share them and eventually this became the project in itself.

I like your play with the different shapes and brandings. Do you have a favourite „brand switch“ in your project?

I don’t really have a favourite one, I have given a lot of thought to every single « brand switch » of the book to make it look relevant and esthetic at the same time, so I don’t think I could chose just one. The part of the book that I loved designing the most is turning typography of logos into a kind of abstract design, just because I like playing around with typography so much. When I presented my project the part that people enjoyed the most was the one where I exchange brand names and logos (f.ex Snickers and Kellogg’s) so in the end I really was proud of that part because it had been super challenging to design.

You just unveiled your first impressions of the artworks above. So could you tell us a bit about graphic design trends in 2017?

I feel like lately people have been a little tired of the «simplicity » trend and making everything look super white and clean, so there has been a lot of purposely kitsch design. It seems to me that nowadays people are trying to experiment and be more creative and use graphic design as a real way to express themselves.

Are there any No-Go’s?

I don’t think anything can be a no-go because if chosen wisely and designed well everything can become relevant. It remains all subjective so of course everybody will have a different opinion on every single design work.

What do you think about the font Comic Sans?

Comic Sans has been made fun of so much and it has become kind of trendy. I personally think that t’s not a nice typography and I will probably never use it for anything.

Sämtliche Foto-Credits des zweiten Teils des Posts liegen bei Fanny Hertz. Für weitere Bilder: Instagram / Behance.

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