Designagenturen wie Selam X sind heutzutage längst mehr als nur Plakatgestalter – sie bestimmen Trends und Strömungen.
Durch Plattformen wie Instagram oder tumblr hat die Visualität in unserem Alltag eine Rolle wie lange nicht mehr. Es bedarf keiner Magazine, Zeitschriften oder Litfaßsäulen mehr, um Design unter die Menschen zu bringen. Doch längst sind Designer mehr als nur Kunstschaffende, die Aufträge entgegennehmen und diese abarbeiten. Kollektive wie Sucuk und Bratwurst oder Selam X bestimmen längst Trends, die weit über den Tellerrand der visuellen Kunst hinausgehen. Durch Kampagnen werden Trends gesetzt und neue Strömungen beeinflusst.
Eine der einflussreichsten Kreativschmieden ist Selam X, die ihre Hauptsitze in Berlin und Hamburg hat. Das Team selbst bezeichnet sich als freie Kooperation und zählt neben Grafikdesignern auch Fotografen, Videografen und CGI-Künstler zum engen Kreis. Als eines ihrer prominentesten Arbeiten in letzter Zeit zählt sicherlich die visuelle Konzeption des Albums „1220“ von Yung Hurn. Neben dem Wiener hat das Kollektiv aber auch schon mit Puma, Tush Magazine, Stefan Kartchev, Kampnagel, Lil Uzi oder dem Kölnischen Kunstverein zusammengearbeitet.
Die Schnelligkeit und die immer wiederkehrende Erneuerung sind die Trümpfe mit denen Selam X ihre Aufträge bearbeiten. Dadurch ist in den letzten Jahren eine Bandbreite an Arbeiten entstanden, die sich nur schwer in einen Begriff packen lässt und doch ist ein gewisses Muster zu erkennen. Wie ihre Freunde von Sucuk und Bratwurst könnten auch Selam X stilistisch der Cloud Rap-Szene zugeordnet werden. Das Spiel mit Symbolen aus der Welt des Konsums wird immer wieder aufgegriffen und so findet man cleane, leicht veränderte Logos von Marken wieder, die durch das Verändern jedoch in einen neuen Kontext verordnet werden.
Selam X spielen aber auch bewusst mit Bildern, die in unseren Köpfen herumgeistern und legen den Fokus damit auch immer wieder auf die Spiegelung der Popkultur. Nehmen wir das Beispiel der Gestaltung von „1220“, dem Debütalbum Yung Hurns. Der Wiener ist oberkörperfrei dargestellt wie er auf einer überdimensionalen SD Karte sitzt. Ein Medium, das in Zeiten von digitaler Datenübertragung immer mehr in den Hintergrund gerät. Das Design der Karte ist an den kalifornischen Hersteller SanDisk angelehnt, welcher einer der Marktführer in diesem Business ist. Eine ähnliche Strategie verfolgen Selam X auch bei ihrem eigenen Online-Shop, der ironischerweise „The Internet Shop“ heißt. Neben Schneekugeln mit Edward Snowden als Motiv findet man außerdem noch Shirts mit Segway fahrenden Polo-Spielern und HDL statt DHL-Shirts wieder.
Mehr Motive aus The Internet Shop findest du hier
Ob es Konsumkunst oder Konsumhuldigung ist, lässt sich in den Werken des Kollektivs nie so wirklich ablesen, spielt aber auch nur eine unwesentliche Rolle. Erinnerungen werden in neue Situationen versetzt. Neben diesem Spiel mit Emotionen versteht es Selam X auch, neue Möglichkeiten in ihre Arbeiten mit einfließen zu lassen. Ein großes Thema ist hierbei das sogenannte CGI (Computer Generated Imagery), mit dem das Medium des Plakates eine dreidimensionale, bewegte Ebene bekommt. Als bewusstes Stilmittel werden die geschaffenen Medien immer wieder mit realen Bildern konfrontiert und schaffen so eine absurde Surrealität. So kann es schon einmal sein, dass ein Emoji auf eine melancholische Landschaft trifft und im Kosmos in Flammen aufgeht.
Der Kreativität sind durch die heutigen Ressourcen und dem Ideenreichtum von Selam X keine Grenzen mehr gesetzt. Dies nehmen auch vermehrt bildende Künstler, Kunsthochschulen und die Veranstalter vom Fuchsbau Festival war und so kommt es, dass die Mitglieder von Selam X ihr Wissen in Zwischenzeit in Workshops weitergeben dürfen. Einer der leitenden Köpfe von Selam X ist Sebastian Zimmerhackl. Der in Berlin lebende Kommunikationsdesigner kümmert sich um die Konzeption und die Strategie-Findung der jeweiligen Aufträge. Uns hat er ein paar kryptische Bilder auf eine Reihe von Fragen geschickt.