Einmal pro Woche treffen sich Katrin, Mile und Marco im Studio. Dort tauschen sie sich aus, schreiben Songs darüber, was sie gerade beschäftigt und nehmen den ersten Roughmix auf. Das ist mittlerweile zur Routine der drei geworden. Und unbewusst zu ihrem Weg der Pandemie etwas Gutes abzugewinnen. Ihre Band Sharktank ist jünger als das Virus selbst und avancierte trotz erster und zweiter Lockdown-Phase schnell zu spannenden Newcomer:innen.
Atmosphärische Indie-Sounds, tanzbare Beats, und honigweiche Vocals. Mit einem Mal plötzlich der Bruch. Eine warme Stimme reimt im Rapjargon, die Soundästhetik wird stoischer, die Gitarren leiser und statt rhythmisch zu tanzen, möchte man jetzt nur mit dem Kopf wippen. Was sich erstmal liest wie ein seltsam zerklüfteter Mix, klingt eigentlich wie ein organisches Zusammenspiel aus Hip-Hop und Indie-Pop. Zwei Genres, die bei Sharktank aufeinandertreffen und unterschiedlicher nicht sein könnten. Neben Katrins sanft verzerrter Stimme, hört man in Miles Rap-Part noch die Spuren von Oldschool-HipHop-Vorbildern heraus. Bei jedem Mal Hören erschließt sich einem der rote Faden mehr und mehr, der sich trotz der unvorhersehbaren Harmonieänderungen durch die Tracks zieht. Die Songs, mal eingebettet in federleichte Gute-Laune-Settings, mal mit melancholischen Texten untermalt, erzählen von Momentaufnahmen.
Der Weg zu einem vielseitigem Bandprojekt war praktisch schon geebnet für Sharktank. Denn die Mitglieder kommen jeweils aus verschiedenen Ecken der Musik und sind mittlerweile fest im österreichischen Musikbusiness verwoben. Der Ort, wo alle aufeinandertrafen war – wie kann es anders sein – das Studio. Hier wollte Mile ursprünglich sein Solo-Projekt starten. Die Songs dafür nahm er gemeinsam mit Marco auf. Marco Kleebauer kennt man bereits als einen Teil des Electro-Pop-Duos Leyya, doch auch abseits der Bühne mischt er buchstäblich an der Musikproduktion des Landes mit. Als er auf gemeinsamer Tour die Band Bilderbuch besser kennenlernte, fing er 2018 an für sie zu produzieren. Auch um die Soundgestaltung der austro-isländischen Band Oehl kümmert er sich und legte damit die Weiche zu Katrin. Katrin Paucz, Live-Gitarristin bei Oehl und gerade einmal 20 Jahre alt, brachte schließlich das – wie sie selbst sagen – „Melodische“ in die Band und zeigt seitdem nicht nur am Instrument, sondern auch in Text und Gesang ihr Talent.
„Es ist jedes Mal ein anderes Thema, was uns zum Songwriting motiviert“, sagt Katrin. „In unseren Songs verarbeiten wir Gefühle, die uns im Moment beschäftigen.“ So war das auch bei der Debut-Single „Washed Up“, die gleich mehrere Wochen den Platz 1 der Charts des österreichischen Senders FM4 belegte. „Bei ‚Washed Up‘ wollten wir darüberschreiben wie es sich anfühlt, wenn man überarbeitet ist und bemerkt, dass der eigene Arbeitsalltag einem Hamsterrad gleicht. Man will raus, kann aber nicht. Weil man vielleicht das Geld braucht, oder weil man sich selbst einredet, dass die ganze Existenz von dem Job abhängt. Dieses Gefühl war an dem Tag als wir den Song aufgenommen haben, so präsent, dass wir es zu einem Lied verarbeitet haben,“ erklärt Mile. Die Inspiration zur Follow-Up-Single „Too Much“ kam ebenso unmittelbar; auf Marcos Frage, ob die Verzerrung auf den Vocals zu viel sei, meinte Katrin: „Too much is not enough“ und lieferte somit die Idee für den Song.
„Too much is not enough“
Es ist also kein langes Vorarbeiten, monatelanges Grübeln, Verwerfen, wieder Rauskramen, und Umschreiben, was die Songs von Sharktank zu dem werden lässt, was sie sind. Vielmehr sind es Intuition, Spontanität und Gespür auf, die die Band baut. Einfach machen und raus in die Welt schicken. Zeit für Zweifel gab es bisher noch nicht. „Wir haben uns gefunden, ein paar Tracks gemacht und ein paar Wochen später releast. Außerdem üben wir keinen Druck auf uns aus erfolgreich zu sein, sondern machen einfach das, was uns taugt.“ So wie Katrin das sagt, wirkt das etwas widersprüchlich zum Titel ihrer neuen EP „Bad Energy“, die am 27. November erscheint. Denn anders als der Titel vermuten lässt, wirken die Songs beschwingend bunt. Das Video zur Live-Session in der Kunsthalle Exnergasse im WUK bestätigt das in Ton und Bild. Vielleicht ist es gerade diese augenscheinliche Diskrepanz, der Kontrast und das scheinbar Gegensätzliche, durch das der Sound von Sharktank sein Potential entfaltet.