Paula Hartmann ist gerade einmal 20 Jahre alt. 15 Jahre lang war sie auf Kinoleinwänden und im Fernsehen zu sehen, doch die Musik hatte sie im Hinterkopf. Paula fusioniert Schauspiel und Musik in ihren Musikvideos so gekonnt, dass sofort ein Kopfkino steht.
Wie ist sie zu der Person geworden, die wir jetzt hören?
Ich hab schon immer Musik gemacht und viele Gedichte geschrieben, aber beides habe ich nie zusammengebracht. 2017 haben mich dann zwei Jungs aus Hamburg angeschrieben, ob ich für die ’nen Song schreiben kann. Ich hab bis dahin noch nie sowas gemacht und meinte die können mir sagen worüber ich schreiben soll, dann schreibe ich meine Gedichte dazu. Sie können daraus nehmen, was sie wollen. Das haben sie dann auch gemacht und ein halbes Jahr später kam die Frage, ob ich es nicht auch singen möchte. So bin ich nach Hamburg gekommen und hab dort Friso kennengelernt, der ja mittlerweile mein engster Vertrauter ist.
Durch Freunde und Bekannte hat sich irgendwann eine Tür nach der anderen geöffnet. Ich habe einfach jede Tür, die ich nehmen konnte, genommen. Ich war so happy, dass ich mich endlich getraut habe.
Warum hast du dich denn lange Zeit nicht getraut?
Ich mach ja schon super lange Schauspiel und darüber habe ich nicht oft geredet, aber ich mochte es einfach zu arbeiten. Am Set war ich immer unheimlich gerne und es war mir auch ehrlich gesagt relativ egal, was für Filme das waren – ich wollte einfach schauspielern. Ich musste nicht danach in die 6. Klasse rennen und sagen: „Oh guck mal, was ich hier für’s ZDF gemacht hab“. Trotzdem merkt man als Kind sehr schnell, dass das nicht jeder cool findet, wenn es jemanden gibt, der sowas macht.
Ich habe mich aus diesem Grund noch mehr damit zurückgehalten. Glaube, da war vieles einfach aus Selbstschutz.
Warst du dir lange unsicher, in dem was du tust?
Total, extrem. Es braucht auch einfach ’ne gewisse Zeit, zumindest war es bei mir so. Erst einmal zu checken, dass es nicht schlimm ist jemand zu sein, der quasi in einem „Mittelpunktsjob“ ist. Das macht dich nicht automatisch zu ’nem Narzissten oder ’nem schlechten Menschen. Du kannst genauso ein guter Mensch sein wie alle deine Freunde. Das steht in keinster Weise im Widerspruch, aber wenn dir das in der 3. Klasse viele erzählen, kann das glaube ich schon, besonders bei Kindern, unterbewusst viel auslösen. Das war jetzt sehr ehrlich.
Wie sehr unterscheidet sich denn die Arbeitsweise von Musikmachen und Schauspielern?
Ich würde sagen extrem, obwohl es beides kreative Branchen sind. An sich haben sie auch beide dieses Family Feeling. Am Set hast du ja mit 80 Leuten oder so ein gemeinsames Ziel: diesen Film so angenehm wie möglich über die Bühne zu bringen. Das ist so magisch irgendwie, wenn so ganz schnell irgendwas passieren muss. Dann helfen da einfach 10 Leute mit, die dafür überhaupt nicht eingeteilt sind. Für mich als Schauspielerin ist es auch super anders. Ich setze da etwas von jemand anderem um. Es war nicht meine Idee, dass es diese Rolle in diesem Drehbuch gibt. Das ist bei Musik halt einfach anders.
„Ich muss mit niemandem arbeiten, mit dem ich nicht arbeiten will. Ich muss nichts singen, was ich nicht möchte.“
Es ist sehr sehr viel selbstbestimmter, aber ein viel höheres Eigenrisiko. Wenn mir ein Film am Ende nicht gefällt, dann mache ich mich nicht kaputt, dass es genau so steht, wie es jetzt steht.
Das kannste bei Musik halt alles beeinflussen. Cover, wie du singst, was du schreibst. Beim Endergebnis musst du dich dann aber auch selber konfrontieren, ob es dir gefällt oder nicht. Und ich schreibe eigentlich nur mit meinem Produzenten zusammen, sonst ist da niemand – das ist total intim.
Deine Musikvideos und Songs sind ja recht düster. Besonders, wenn man bei „Fahr Uns Nach Hause“ mal auf die Lyrics schaut. Wieviel Trauer steckt eigentlich in dir?
Insgesamt bin ich sehr glücklich und ein sehr positiver Mensch. Nur kann ich in der aktuellen Lage, mit Corona, politischen Auseinandersetzungen oder auch Social Media sagen, dass ich es sehr nachvollziehbar finde, wenn man mal ins Grübeln gerät. Wenn ich meine Gedanken dazu in einem Song verarbeiten kann finde ich das doch schöner als mich 4 Wochen Zuhause einzusperren. Es ist ok, sich traurig zu fühlen, sonst könnte man das Gute ja auch gar nicht so genießen.
Fühlst du dich als Repräsentantin der Generation Z mit deiner Musik?
Definitiv, wäre auch komisch, wenn ich jetzt was anderes behaupten würde.
Das sind eben die Gegebenheiten, in die ich geboren wurde. Aber so sehr ich Internetzugang, unbegrenzte Informationen und all das liebe, es hat halt eben auch total kranke Aspekte.
Das Schlimmste ist, glaube ich, dieser Dauerreiz, dass man dauernd alles wissen, alles sehen kann und muss.
Was denkst du, wieviel Hoffnung hat unsere Generation noch?
Das ist eine Frage, die sehr viel größer ist als ich. Die Geschichte hat ja gezeigt, dass es Lösungen für viele Problematiken gibt, leider oft mit tragischen Enden.
Ich glaube, es wäre menschlich unterschätzt zu sagen, dass man nicht Lösungen finden wird.
Wo ich eher hoffnungslos bin, ist, dass sich Menschen in Diskussionen gar nicht mehr gegenseitig zuhören. Da kann es doch gar nicht erst zur Problemfindung oder zu einer Lösung kommen. Ich wäre noch zu jung, um zu sagen, dass ich keine Hoffnung hätte.
Aber ja, um es abzuschließen: ich hoffe noch.