Alle Jahre wieder pilgert jeder, der in der Musikszene Rang und Namen trägt, sowie unzählige Liebhaber schöner musikalischer Neuentdeckungen ein ganzes Wochenende zur Reeperbahn. Denn dort zwischen den angesagten Clubs und dem pulsierenden Nachtlebens Hamburg befindet sich einmal im Jahr das Mekka der Musikszene. Die Highlights in diesem Jahr waren schon wieder zahlreich, so dass wir die 30 Acts in zwei Teile aufsplitten mussten. Hier ist Teil 2 unserer kleinen aber feinen Reihe:
Bad Sounds
Schmissiger Indie-Rock mit 70er Jahre Grooves und viel vielfalt. Das Debütalbum von Bad Sounds ist ein homogener musikalischer Mix aus 70s-Soul, 90er Rap, 00er Indie-Rock und vielen Uptempo-Nummern. Die fünfköpfige Truppe aus Bath, England ist alles außer langweilig. Besonders die Extreme in ihrem Sound macht die Band so einzigartig. So energetisch und freudig der Sound von Bad Sounds daher kommt, umso tiefgründiger sind die Texte. In den Songs verarbeiten die Briten auf sarkastische Art und Weise finstere Themen wie Tod, Ängst und Sorgen um Freundschaften. Nichtdestotrotz reißen die enthusiastischen Arrangements den Hörer mit und sorgen besonders live für viel Stimmung.
Samstag, 22:40 Uhr Kukuun (Klubhaus St. Pauli)
Better Person
Kitsch und Emotionen sind das Werkzeug von Adam Byczkowski alias Better Person. In seinen Songs beleuchtet der Balladensänger stets sein Innenleben und stellt sich dabei auf intensive Weise mit sich selbst auseinander. Wie gefühlvoll das klingt, hört man auf seiner EP „It’s Only You“. Die romantischen Songs triefen nur so förmlich von süßen Synth-Melodien, dazu Byczkowskis sehnsuchtsgetränkte Stimme und der kühle Charme der New Romantics-Bewegung – fertig ist der Zauber um Better Person.
Freitag, 21:45 Uhr Sankt Pauli Museum (Hamburg Haus)
Samstag, 22:40 Uhr Prinzenbar
Boy Azooga
Boy Azooga ist das Projekt des Charlotte Church-Drummers Davey Newington und klingt nach locker-beschwingtem Retro-Rock. Schon das Debütalbum „1, 2 Kung Fu!“ ist ein wilder Musikmix zwischen flowigem Indie-Rock, wilde psychedelische Einschübe und krachigen Gitarrenriffs. Dazu noch eine Prise Elektro und das ganze wieder durchaus tanzbar. Besonders beliebt ist das funkige „Face Behind Her Cigarette“ bei dem es live schonmal zu wilden Feiereien kommen kann.
Donnerstag, 22:50 Uhr Molotow / Club
Eut
Die Niederlanden sind zurzeit das Mekka des handgemachten Gitarrenrocks. Neben The Homesick und Iguana Death Cult reihen sich auch EUT in die Reihe hoffnungsvoller Gitarren-Acts ein. Die Songs der Amsterdamer sind treibend und voller jugendlicher Energie. Dazu die unbändige Kraft von Sängerin Megan de Klerk, die mit Shirley Manson von Garbage oder auch Courtney Love locker konkurrieren könnte. Für Oktober ist auch endlich das Debütalbum „Fool For The Vibes angekündigt.
Mittwoch, 20:00 Uhr Häkken (Klubhaus St. Pauli)
Donnerstag, 14:00 Uhr Molotow / SkyBar
FLUT
Aus ihrer Liebe zu den Achtzigern macht das Quintett aus Oberösterreich kein Geheimnis. Das hört man nicht nur dem melancholischen Astropop-Songs von Flut an, sondern sieht man der Band auch visuell an. Bomberjacken und VHS-Optik, dazu zuckersüße Synthie-Melodien gespickt mit retro-futuristischen-Elementen – bei der Indie-Rock-Band knallt ein klangliches und visuelles Kunstwerk der 80er zusammen. Trotz allem schaffen es Flut durch ihre Experimentierfreudigkeit durchaus modern zu klingen.
Donnerstag, 17:00 Uhr Astra Bühne „Zur geilen Knolle“
Donnerstag 20:40 Uhr Nochtwache
Half Waif
Der Synthie-Pop von Half Waif lebt von seiner Ausdrucksstärke und der außergewöhnliche Charakterstimme von Sängerin Nandi Rose Plunkett. Dazu der geradlinige experimentelle Sound mit den anschwellenden Synthies und den aufbraussenden Perkussions. Half Waif liebt es in ihren Songs große Geschichten zu erzählen, dabei drehen sich ihre Texte um Familie, Weiblickeit und Zusammenhalt. Daneben reflektiert die Sängerin immer wieder ihre eigenen Ereignisse und Eindrücke und spinnt drauf zarte eindrucksvolle Balladen.
Mittwoch, 21:10 Uhr Imperial Theater
Hoax
Hoax kennen keine Grenzen. Selbst nennen die beiden Sängerinnen aus Tallin ihre Musik Rap, möchten sich damit aber nicht in eine Schublade stecken lassen. Besonders bekannt sind die beiden Mädels jedoch für ihre energetischen Live-Shows.
Samstag, 20:40 Uhr Molotow / Karatekeller
Ilgen-Nur
Ihre Songs sind wie ein offenes Tagebuch voller Unsicherheiten, Ängste und Liebe. So sperrig der Name Ilgen-Nur ist, so schmissig kommen ihre Indie-Pop-Songs daher. Schon der erste heimliche Hit „Cool“, sang die gebürtige Stuttgarterin mit einer solch souveränen Coolness, die ihr noch die dazugehörige musikalische Lo-Fi-Attitüde verpasst. Zahlreiche Anhänger aus der deutschen Musikszene hat Ilgen-Nur auch schon zu Genüge: Max Rieger, Frontmann von Die Nerven, produzierte ihre erste EP „No Emotions“ und Paul Pötsch von Trümmern half an den Drums und am Bass aus.
Mittwoch, 21:40 Uhr Mojo Club
Ibeyi
Das französisch-kubanische Duo Ibeyi ist eine Naturgewalt auf der Bühne. Die beiden Zwillingsschwestern Lisa-Kaindé und Naomi Dìaz harmonieren perfekt zusammen. Dazu die rhythmische Musik voller perkussiver ritueller Elemente gespickt mit Soul, Hip-Hop, Synthie-Pop und Afro-Cuban, die aus dem Sound von Ibeyi etwas Großartiges machen. Die Songs der beiden Schwestern enthalten viel Seele und politische Statments sowie Feminimus. All dies findet man auch bei den Live-Shows von Ibeyi. Ist man nicht gerade dabei sich zu den tanzbaren Rhythmen zu bewegen, so möchte man zusammen mit den Zwillingsschwestern die Fäuste in die Luft strecken und die Ungerechtigkeiten dieser Welt mit ihren Songs von der Erdoberfläche wischen. Daneben ist der Auftritt in der Elbphilharmonie alleine von der Location schon Highlight genug.
Freitag, 20:00 Uhr Elbphilharmonie
L’impératrice
Im einem Interview wurde das Kollektiv mal gefragt zu welchem Song sie am allerliebsten auf der Stelle tanzen würden und es gab keine zwei Meinungen: „Chic – Everybody Dance“. Damit hätte man die DNA der französischen Band schön in einem Songtitel zusammengefasst. L’impératrice holen die Disco zurück in die Gegenwart und verfeinern sie mit viel Indie-Attitüde und Charme.
Mittwoch, 21:20 Uhr Häkken (Klubhaus St. Pauli)
Donnerstag, 22:20 Uhr Molotow / SkyBar
Linn Koch-Emmery
Das aus Skandinavien seit Jahren vielversprechende Acts rüberschwappen ist schon lange kein Geheimnis mehr. Linn Koch-Emmery haucht mit ihrem druckvollem, melodischen, direkten Indie-Rock dem Genre wieder neues Leben ein. Ihre raue Stimme fügt sich dabei perfekt in den riffigen Gitarrensound. Die Schwedin ist fasst noch so etwas wie ein absoluter Geheimtipp und hat bis jetzt auch nur ihre Debüt-EP „Boys“ veröffentlicht. Irgendwo zwischen Courtney Barnett und den Strokes ist ihr Musikstil anzusiedeln mit einer großen Prise Nostalgie aus den 1960ern.
Donnerstag, 22:30 Uhr Pooca Bar
Lomboy
Französischer Chanson trifft auf karibisch Rhythmen, dazu etwas Orient und eine Prise wattierte Elektronik – fertig ist die Musik von Lomboy. Für ihren Sound lässt die Wahl-Belgierin sämtliche Einflüsse aus der Weltmusik zusammenfließen und legt ihre süße chansonartige Stimmer darüber. Wie würzig, sinnlich und tanzbar ihre Musik klingt, davon kann man sich bei ihrem Auftritt überzeugen, wer schon so viele Einflüsse zu einem homogenen Sound verarbeitet, der wird auch live einiges zu bieten haben.
Samstag, 00:40 Uhr Angie’s Nightclub
Makeness
Kyle Molleson aka Makeness führt zusammen was zusammengehört. So schnell wie der gebürtige Schotte die Knöpfe und Tasten bedient, dabei abwechselnd Drums und Gitarre spielt sind die Live-Shows des Musikers eine sehenswerte One-Man-Show. Sein Sound besteht aus Dancefloor, Avantgarde und Krautrock-Elementen und klingt dabei stehts abwechslungsreich und tanzbar. Makeness ist nicht zu unrecht als Klangtüftler betitelt. Absolut lohnenswert sich anzuschauen!
Sonntag 00:05 Uhr Kukuun (Klubhaus St. Pauli)
Nakhane
Vorangetriebene fiebrige Beats und schöne Synthiewellen. Dazu die helle aufregende Stimme von Nakhane Touré und der Sound ist Vollkommen. Gerade ist das zweite Album des 29-Jährigen Südafrikaners erschienen. Neben der Bandbreite aus Soul, Beatsund Synthies enthält die Platte auch eine Menge an Pathos und großen Gesangsgesten.
Samstag, 23:40 Uhr Mojo Club
Octavian
Drake ist schon mal Fan. Hier und jetzt könnte man so einen Stempel auf diese Aussage setzen. Aber mal ehrlich, wenn Drake deinen Song in seiner Insta-Story mitsingt kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Gerade mal eine handvoll Singles hat Octavian bis jetzt herausgebracht und geht dabei jetzt schon durch die Decke. Beim britischen Radiosender BBC Radio 1 ist der Rapper mit seinen Tracks schon auf Rotation und auch hier lockt er die Massen auf die Tanzfläche. Mit seinem Sound aus House, Grime, R’n’B und Dancehall trifft der in London aufgewachsene Octavian den Zeitgeist. Vielleicht steht ja sogar noch eine Feature mit Drake in der Zukunft an?
Donnerstag, 23:50 Uhr Nochtspeicher
Texte von: Melina Rehhorn und Yannick Philippe