Julia Holter

11.07.14 Karlstorbahnhof/Heidelberg Deutschland

10517484_10203477013997382_981568825562345536_nMärchenhafter Pop für Fortgeschrittene. Es war einmal eine junge Amerikanerin, die sich samt Band auf einen exklusiven Abend im schnuckeligen Karlstorbahnhof in Heidelberg eingelassen hatte. Kurz nach Sonnenuntergang, so gegen 21:30 trat sie fast schüchtern auf die Bühne und begrüßte den leicht verkleinerten Saal mit einem kurzen „Hallo“. Los ging’s mit ihrem Epos „Maxim’s I“, der einen gleich so mitriss, als hätten die Gebrüder Grimm einen am Schopf gepackt und Teil ihrer Geschichten werden lassen. Julia Holters klare Stimme, ließ sie wie ein Fabelwesen über die Bühne schweben und gab den klassischen Instrumentalen Einklängen eine besondere, gar mysteriöse Note. Man merkt schnell, dass sie keinen Hehl aus ihrem klassischen Ursprung macht, diesen aber gut einzubinden versteht. Recht zügig brach jene Wand zwischen Künstler und Publikum, die doch sooft bei Konzerten im Weg steht.

Holter und ihr Saxofonist ließen das Publikum demnach an Anekdoten wie dem Kuhnamen „Betsy“ teilhaben und stimmten dann auch geschwind die Nummer „Betsy on the Roof“ an. Im Song geht es um die Suche nach etwas Unbestimmten, was den Stil der Musikern mit gehobenem Songwriting ausmacht. Sie gibt den Zuhörern das Gefühl nie richtig zu wissen, was im nächsten Moment passiert. Es entsteht diese Spannung im Raum, die gleichzeitig diese unbekümmerte Gelassenheit hervorruft und einen gänzlich in den sanften Klängen des Keyboards verschwinden lässt. Julia Holter ist die Elfe, die zu verzaubern weiß. Jene, die es beherrscht mit ihrer engelhaften Stimme das Publikum ohne großes Tamtam für sich zu gewinnen. So verfällt man in seine eigene Fantasie und stellt sich ruhige Gewässer vor, die durch geheimnisvolle Wälder fließen. Manchmal wird man durch die poppige Nummern an Acts wie Bat For Lashes, oder Lykke Li erinnert, aber so wirklich ist Julia Holter keiner anderen Künstlerin zuzuordnen. Jeder Song ist an dem Abend ein Erlebnis für sich, das zwar öfters durch die Konzeption etwas kompliziert daherkommt, jedoch immer diese spannende, traumhafte Wendung hat.

So kommt es nicht von ungefähr, dass sie den anwesenden Schaulustigen auch noch den einen oder anderen Schatz mitgebracht hat. Einer davon ist eine Coverversion von Barabara Lewis‚ Song „Hello Stranger“ aus dem Jahre 1963, den sie auch schon auf ihrer Festivaltournee das eine oder andere Mal gespielt hatte. Eigentlich wollte die Musikerin aus LA es tourmäßig ruhiger angehen lassen, um ihr viertes Studioalbum voran zu bringen, ließ es sich jedoch nicht nehmen einen kleinen, exklusiven Abstecher nach Heidelberg zu machen. Passender hätte die Location für solch einzigartige Popmusik mit Chanson Einflüssen auch kaum sein können. Schlösser, Wälder, ja, als dies findet man wie bereits gesagt in den kristallklaren Klängen der jeweiligen Songs wieder. Von Gruselstimmung und hektischen Geigensträngen bis hinzu gelassenen Cello-Tönen und fröhlichem Gesang mit zartem Rumgehüpfe scheint Julia Holter das ganze Repertoire einer Popmusikerin draufzuhaben. Nach etwas mehr als einer Stunde beweist sie mit „Maxims II“, dass sie eben genau keinen gewöhnlichen Pop macht, sondern Pop für Fortgeschrittene. Es sind die wieder einmal die geschickten Arrangements, der verschiedenen Instrumente, die jedes in sich so aufgehen lassen und zu keinem Zeitpunkt von den außergewöhnlichen Vocals übertüncht werden.

Nach dieser Hingabe verabschiedete sie sich kurz samt Band vom Publikum, um sich kurz darauf mit einem letzten Song für die Heimreise anzustimmen. Entnommen wurde dieser von der Künstlerin aus einer Compilation namens „Wonderwomen“ und nannte sich „Don’t Make Me Over“. Vorgetragen wurde die gefühlvolle Coverversion in Begleitung eines Gitarristen. Was aber hängen blieb war das Wort Wonderwoman. Es war mehr als ein Wort, es war das Gefühl, das man gegenüber dem Sound der Künstlerin an dem Abend hatte, die mit ihrer sanften Erscheinung den Karlstorbahnhof samt Gefolgschaft für ein paar Minuten in eine Traumwelt, ja in eine Märchengeschichte verwandelt hat.

„Our Sorrows“ von Julia Holter mit dem dazugehörigem Video:

[youtube https://www.youtube.com/watch?v=EczyTD514KA&w=560&h=315]

 


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Yannick

 

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