Angekündigt von Eckpfeilern der deutschen Popmusik wie Max Raabe, Dirk von Lowtzow und den Lochis, erscheint heute die erste Single des zweiten Albums Zores der Drangsal. „Turmbau zu Babel“ sagt Tschüss zum 8os New Wave und wirft sich überschwänglich in den Baggersee der deutschen Popmusik.
„Ich bin immer wütend“ sagt Max Gruber und grinst vor sich hin. Der Universalkritiker zeitgenössischer Popmusik ist mit frischer Musik zurück und was man seit Harieschaim mal mehr oder weniger pointiert in Interviews mit dem Mittzwanziger feststellen konnte, hat nun einen Namen: Zores heißt das zweite Album. Der ursprünglich jiddische Begriff, den Gruber seinem Heimatdialekt entnommen hat, beschreibt sowohl die Emotionen von Ärger oder Kummer, kann aber auch eine Gruppe negativ charakterisieren, querulantes, störendes Gesindel eben. Den ersten Vorboten des Albums beginnt die Drangsal dann aber mit den beschwichtigenden Worten „Es geht mir gut“.
Kaum hat man sich zurückgemeldet, wird hin und her überlegt, wie’s denn gerade um das eigene Wohlbefinden steht und dass es ja wirklich doch der Gipfel aller Selbsterfahrungen ist, sich von der anonymen, heterogenen Masse emanzipiert zu haben. Irgendwo zwischen exzessiver Selbstsezierung und Verdammungspoetik schwebt etwas Unerklärtes, die oder der namenlose Geküsste, dem oder der im Refrain herrlich frenetisch zugerufen wird „Alles in Ordung, denn ich lieb‘ dich so!“. Zwischen unendlichen Metapherbergen ist da dieser klare Moment der simpelsten Liebesbekundung, der „Turmbau zu Babel“ mit einem Satz für viel mehr öffnet, als es dem isolierenden Ich-Gegen-Euch-Denken über die knappen drei Minuten gelingen könnte.
Von zwölf Songs auf Zores sind lediglich drei im englisch des Vorgängers geschrieben worden, Gruber und seine Drangsal könnten im April eines der vielfältigsten und interessantesten deutschsprachigen Pop Alben der letzten Jahre veröffentlichen, wenn die Ambivalenz der ersten Single als Wegweiser für die restlichen Lieder gedeutet werden kann. Der Zorn, die Nörglerei und die grundsätzliche Ablehnungshaltung machen es dem Pfälzer schwer und leicht zugleich, sich inhaltlich festzulegen und dabei ist es ganz wunderbar zu sehen, wie Gruber sich textlich durch diesen Zwiespalt zu schlängeln versucht. Reminiszenzen an deutsche Popmusik zwischen der emotionalen Überwältigung und selbstironischem Witz ergeben sich unterschwellig fast von selbst, als würde ein junger Farin Urlaub um die Ecke spickeln: „Hallo, deutsche Popmusik, wie geht’s dir im Jahr 2018?“ Zores erscheint am 27.04.2018 bei Caroline International.