Seit seinem 2017 erschienen Album Arca war Alejandro Ghersi auf Welttournee. Seine neue Single „Fetiche“ ist sperrig und destruktiv, das knapp elfminütige One-Cut-Video setzt die Ästhetik der Liveshows fort.
Blutüberströmt, auf protesenartigen Stelzen, in High-Heels und Lederkorsett geht, kriecht, springt Ghersi auf seiner Tour über den Laufsteg aus Plexiglas, der seine Bühne ist. Die rohe Authentizität und die nackte Selbstentblößung, die auf dem im letzten erschienene und selbstbetitelte Album musikalisch in mitunter chaotischen Produktionsexperimenten wird mehr als Performance umgesetzt, denn als konventionelle Live Musik. „Fetiche“ nun, das die erste Veröffentlichung seit Arca darstellt, setzt sich ein wenig ab von der an Popmusik erinnernden Struktur der 2017er Singles „Desafio“ und „Reverie“. Auf über zehn Minuten wechseln sich Stil und Stimmung ab, es wird mit verwirrenden und schlicht destruktiven Elementen gearbeitet, die an frühen Dubstep erinnern, es werden vereinzelte Ambient-Momente eingeschoben und immer wieder pochen stumpfe Bassfolgen effektreich aufgeladen die dringliche Energie durch den Song.
Begleitet wird „Fetiche“ von einer kurzen Videobeschreibung, in der Ghersi mit den Worten „Mira en tu interior, libérate de ti misma; no permitas ningún abuso Look inward, cut yourself loose from your self; tolerate no abuse“ die Stimmung der Bilder thematisch unterstreicht. Während mit cremefarbenen High-Heels auf die Stile und Blüten eingehackt wird, sich mit dicker Flüssigkeit und Blumengewirr über die glatt rasierten Beine gestrichen wird, brummert im Hintergrund schrill und aufgeregt die industriell anmutende Produktion. Hiermit setzt sich künstlerische Darbietung, die Ghersi mit seiner Bühnenfigur auf der letzten Tour in den Mittelpunkt seines Schaffens gestellt hat, fort. Sexuelle Freiheit, die Zurschaustellung abstrakter, sensibler und vor allem individueller Emotion breiten sich aus zwischen den Tropfen, die die Waden herunterlaufen, den Absätzen der Schuhe und dem grauen Boden unter den zerfetzen Überresten der einzelnen Gewächse.