S. Carey – Hundred Acres

Das dritte Album „Hundred Acres“ von S. Carey überzeugt durch Einfachheit, die absolut nicht langweilt. Es ist die warme Decke, die man sich in diesem kristallklaren Februar so sehr wünscht.

Carey besteht nicht nur aus Sean Carey selbst, sondern zählt noch Nick Ball, Zack Hanson, Jeremy Boettcher und Ben Lester dazu. Wer bei S. Carey kurz überlegt und sich der Gedanke einschleicht: „Ist das nicht der von…?“ – ja genau. S. Carey ist tatsächlich auch ein Mitglied der Band Bon Iver um deren Frontsänger Justin Vernon. Dass er aber auch mit seinem Solo-Projekt glänzt, zeigt sich nicht zuletzt auf der aktuellen Platte „Hundred Acres“. Die Bezüge zu Bon Iver sind nicht nur persönlicher Natur, sondern werden auch musikalisch sichtbar. Trotzdem gelingt es Carey mit seinem dritten Gesamtwerk eine ganz eigene Note zu kreieren, die er bereits in den Werken davor entwickelte.

Runde Symbiose aus Stimme und Instrumenten

„Rose Petals“ deutet direkt die Richtung an, welche die ganzen 10 Songs tragen werden: sanfte Gitarren-Pop-Musik. Dabei ist die Stimme von Sean Carey genauso weich, wie die im Titel genannten Rosenblüten. Der Opener trieft jedoch nicht vor Schnulzigkeit. Die Dornen der Rosen, an denen man sich stechen könnte, sucht man am glatt produzierten Song vergeblich, doch man vermisst sie auch nicht. Der zweite Song „Hideout“ kombiniert die Gitarre mit einem Klavier und kommt aufgeweckter daher, hält jedoch nicht vom Träumen ab. Mit jedem Song nimmt das Album an Fahrt auf, ohne dabei die gesetzten Angaben der Höchstgeschwindigkeit zu ignorieren. „Yellowstone“ definiert sich ebenfalls durch eine eingängige Einfachheit, die jedoch nicht plump wirkt und eine runde Symbiose aus Stimme und Instrumenten realisiert. Das enthaltene Spiel mit Gesang durch kanonische und loopähnliche Experimente steht für den schnelleren Charakter. „True North“ und „Emery“ repräsentieren wiederum Entschleunigung und den Gesamtton der Platte. Die Halbzeit erreicht man mit dem Titel, der für den Namen des Albums verantwortlich ist: „Hundred Acres“. „More I See“ folgt daraufhin und ist der Song, welcher vor knapp einer Woche als letzter Vorbote für das Album mit einem Video erschien. S. Carey zeigt sich auch hier mit einer Gitarre ausgestattet. Das Instrument scheint, so im Video, geradezu mit ihm verwachsen zu sein. Der Song zeigt auf, wie der Blick auf das Leben und sich selbst sein kann. Als Single-Auskopplung entschied man sich hier auch für den ohrwurmtauglichsten Song.

 

 

Neben „Hundred Acres“ und „More I See“ als Herzstücke des Albums, reiht sich noch „Fool’s Gold“ ein. Nein, der Song reiht sich nicht nur ein, sondern drängt sich bewusst noch vor die genannten Titel. S. Carey begründet die Wichtigkeit von „Fool’s Gold“ selbst: „This song is what started the whole record . . . everything came out of it and the vibe it created.” – und das hört man. Verwunderlich ist daher nicht, dass „Fool’s Gold“ bereits vor zwei Monaten dieses Album ankündigte. Die letzten beiden Titel „Have You Stopped to Notice“ und „Meadow Song“, folgt der charakteristischen Gesamtheit der Platte. Zum einen thematisieren sie den Blick auf die Welt, eine besondere Beachtung der Umgebung und die Naturverbundenheit. Zum anderen liefert S. Carey mit „Meadow Song“ erneut ein Spiel aus Instrumenten und Gesang. Schließlich führt er diese zwei Komponenten ad absurdum, indem er zeitweise die Stimme in den Hintergrund und die Instrumente in den Vordergrund erhebt, was besonders dem prominenten Einsatz von Streichern geschuldet ist.

Hörbare Unterstützung durch Sufjan Stevens und Gordi

„Hundred Acres“ entstand im Laufe einiger Jahre, das letzte Album „Range of Light“ wurde 2014 veröffentlicht. In der aktuellen Platte liegt ganz viel Herz und Handarbeit: Carey nahm die Songs bei sich zu Hause auf, mixte und produzierte diese dort. Für manche hörbaren Einflüsse und Zusammenarbeiten verließ er das heimische Studio. Hier sind beispielsweise Casey Foubert (Sufjan Stevens) und Sophie Payten (Gordi) als Unterstützer zu nennen.
Die Platte liefert nicht nur einen einheitlichen Klangteppich, sondern stellt auch den akustisch warmen Kakao dar. Außerdem eignet sich „Hundred Acres“ hervorragend als Soundtrack für Spaziergänge im noch kalten Februar. Diese winterlichen Spaziergänge muss man nicht zwingend über die lange Strecke der im Albumnamen verkündeten Maßeinheit zur Flächenbestimmung ausreizen, doch beim Hören der 10 Songs kann man sich schon schnell verlieren und die Zeit über die knapp 40 Minuten Spieldauer vollkommen vergessen.

 

Beste Songs: True North, All I See
VÖ: 23.02.2018 // Jagjaguwar

 

 

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