So war es am Sonntagabend bei Drangsal im Club der Heidelberger halle02

Kränkelnd und trotzdem krachend: zusammen mit seinen Freunden von Die Selektion zieht Max Gruber von Drangsal seine Show trotz Heiserkeit gekonnt durch und verzückt in heimischer Umgebung.

Dass die Drangsal kein reines Phänomen der Indie-Kultur sein möchte, zeigte bereits das gestrige Betreten des Clubs der Heidelberger halle02. Eine Vielzahl an Subkulturen und Altersgruppen hatten sich versammelt um dem aus Herxheim stammenden Musiker beim Musizieren zuzuschauen. Eine Affinität zu den dunklen Genres der Republik zeigte Max Gruber von Drangsal bereits etliche Male und ließ es auch mit der Einladung von Die Selektion wieder durchklingen. Um kurz nach sieben traten die drei Musiker aus Stuttgart auf die Bühne und hämmerten gleich mit martialischen Beats auf die Menge ein. Dazu die stark verzerrte Stimme des Frontmannes Luca Gillian, die an ein im Mainstream fast vergessenes Genres erinnert. Der düstere, industrielle Sound von Die Selektion huldigt die Größen, wie DAF, Front 242 oder Die Krupps, der 80er Jahre EBM-Szene. Ein Genre, das bewusst mit den ästhetischen Werten des Fachismus und der Homo-Erotik provoziert.

Auf Unwissende wirkte dies in Heidelberg kurz irritierend, was durch die brachiale Bühnenpräsenz der Musiker jedoch schnell verflog. Die Band spielte ihre größten Hits wie „Triumph“ und bereiteten die Menschen auch auf das baldige Erscheinen des zweiten Studioalbums vor. „Deine Stimme ist der Ursprung jeglicher Gewalt“ erscheint am 30. Mai. Zur großen Freude der Zuschauer wurde Max Gruber dann auch noch für einen kurzen Gastauftritt auf die Bühne gebeten und zusammen performten die selektive Drangsal dann den wohl poppigsten Song aus dem Set von die Selektion.

Nach einem langen Outro bedankten sich die Stuttgarter freundlich und ließen Drangsal auf die Bühne, die den Aufbau ihres Setups zum Teil noch selbst vornehmen. Mit dem trommelnden „Silvester Anfang“ von Mayhem traten die Musiker auf die Bühne, blickten kurz ins Publikum und begannen das Set mit „Der Ingrimm“. Schnell wandte sich Max Gruber ans Publikum und entschuldigte sich artig für seine Heiserkeit. Diese sollte ihm das ganze Konzert über schwer zusetzen, was vor allem ihn selbst gestört hatte. Mit Aussagen wie „ich weiß nicht wie lange ich das noch aushalte“ merkte man dem Musiker seinen Perfektionismus an. Seine Fans vergaben ihm schnell und riefen nett „es ist trotzdem toll“ auf die Bühne, was die Meinung Grubers jedoch nur unwesentlich beeinflussten konnte. Dabei war der einzige Makel am Sound von Drangsal gar nicht Grubers Stimme, sondern eher dann noch der zu leise gemischte Synthesizer, der leider oft die auf dem Debütalbum projizierte Pathos-Power etwas minderte.

Neben den bekannten Bangern gaben Drangsal wie vermutet jedoch auch erste Einblicke in das bevorstehende Nachfolgewerk von Harieschaim. Was lange in den Medien spekuliert wurde, scheint sich tatsächlich zu konkretisieren: die neue Drangsal-Platte wird ausschließlich auf Deutsch sein. Denn neben der Single „Will ich nur dich“ und der dazugehörigen B-Side „Zur blauen Stunde“ spielte der aus Herxheim stammende Musiker mit „Sirenen“ und „Und du (10.000 Volt)“ gleich vier deutsche Songs. Mit den zwei letzteren gab er auch die Richtung der neuen Platte vor, die etwas freundlicher daherzukommen scheint. Wir sagen nur Prefab Sprout! Nach keiner ganzen Stunde bedankten sich die fünf Musiker artig beim Publikum, um dann ein wenig später wieder auf die Bühne zu kommen.

Das gewohnte Spiel eben. Ungewohnt ist, dass der Bassist Sam ans Mikrofon getreten ist und dafür Max Gruber die Drums übernommen hat. Nach einem rauen Auftritt, spielten Drangsal noch das „fucking“ Shutter um dann als letzte Zugabe den Hit „Allan Allign“ zu performen. Insgesamt muss man Gruber großen Respekt dafür zollen, dass er trotz Heiserkeit einfach durchgezogen hat und das obwohl die Band heute im Londoner Lexington auftreten soll. Auch sonst zeigt sich der Musiker (fast) immer respektvoll und höflich zu den Fans und gibt dem alten, wie auch dem jungen Publikum, die Rechtfertigung auch im Jahr 2017 auf Post-Punk und New-Wave zu stehen.

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