Das New Fall Festival in Düsseldorf entzückt durch Vielfalt

Auch in diesem Jahr bescherrte uns das New Fall Festival wieder zahlreiche Glücksmomente.  Wir waren für euch in Düsseldorf vor Ort und haben uns die Konzerte von Mogli, Alice Merton, Fil Bo Riva und den Abend im sipgate mit Gurr, Isolation Berlin und Love A angesehen.

Mogli verführt zum Träumen

Manchmal braucht es nicht mehr als ein Schlagzeug, eine E-Gitarre und gelegentlich ein Keyboard, spärliche Beleuchtung und dazu die zarte Stimme von Selima Taibbi aka Mogli, die es schafft mit wenig eine große Show hinzulegen. Knapp 300 Zuhörer zieht die 23-jährige am Donnerstagabend in der Johanneskirche in ihren Bann und öffnet dabei Stück für Stück ihr Reisetagebuch. Bekannt ist Mogli vor allem als Globetrotterin, die für den Film „Expedition Happiness“ den Soundtrack schrieb. Daraus entstand auch ihr Debüt „Wanderer“, das von ihrem Trip von Alaska nach Mexiko erzählt.

Mit ihren emotionalen und sehr melancholischen Songs nimmt Mogli das Publikum mit auf ihre Reise und gibt Einblicke in ihre Abenteuer, malt die gewaltigen Landschaftsbilder mit ihren Texten nach, und verpackt diese in schöne Pop-Nummern. Wie zart und natürlich Mogli selbst ist, kommt zwischen den Songs zur Geltung. So erzählt sie ruhig und schüchtern von ihren Erlebnissen und erklärt genau, wie jeder ihrer Songs entstanden ist, und in welcher Gefühlslage sie sich zu der jeweiligen Zeit befand.

Mogli in der Johanneskirche
Mogli in der Johanneskirche

Vom Eindrucksvollen Opener „Alaska“ über die Stille Akkustik-Nummer „Earth“ bis hin zum poppigeren Track „Wanderer“ geht Mogli unter die Haut und wird von Anfang an mit großer Begeisterung aufgenommen, so dass es am Ende fast niemanden mehr auf seinen Sitzen hält. Sichtlich gerührt verlässt Mogli am Ende die Bühne, es war die letzte Show der gebürtigen Frankfurterin in diesem Jahr, von der in nächster Zeit bestimmt noch einiges zu hören sein wird.

Alice Merton überzeugt auf ganzer Linie

Schon Wochen vor dem Konzert von Alice Merton ist der Rober-Schuhmann-Saal in Düsseldorf ausverkauft. Eine ungewöhhnliche Location für ein Pop-Newcomerin, die sich mit ihrem Hit „No Roots“ einen Namen machte, doch es passt. Eröffnet wird der Abend von Hayden Calnin, der einzig seine Gitarre zur Unterstützung hat. Zu Hören gibt es schöne Indie-Folk-Nummern mit eindrucksvoller Stimme. So zart und träumerisch – dagegen wirkt Alice Merton später wie eine Naturgewalt auf der Bühne. Im weißen Kleid schwebt die Sängerin förmlich über den Boden und überzeugt mit starker Stimme und großen Pop-Nummern.

Mit ihrer zuckersüßen und unbeschwingten Art verzaubert die Sängerin das Publikum von der ersten Sekunde an und plaudert dabei auch mal unverblümt über ihre unzähligen Angstzustände, die sie mit ihren Songs versucht zu bändigen. „Ich sage mir selbst immer: Alice, du musst das und das tun, andere können es auch, also hab keine Angst!“, so Merton über die Entstehung ihrer Songs. Doch kann Alice Merton auch ruhig. Für „Back To Berlin“ und „Jealousy“ sitzt die Sängerin allein am Klavier und geht dabei jedem Besucher unter die Haut.

Alice Merton im Robert-Schuhmann-Saal
Alice Merton im Robert-Schuhmann-Saal

Wie facettenreich Alice Merton ist, wird auch bei „Lie To My Face“, dass nur von der starken und jazzlastigen Stimme der Sängerin getragen wird. Am Ende haut die deutsch-britische Musikerin neben ihrem Megahit „No Roots“ auch weitere tanzbare Pop-Nummern raus und lässt ihr Publikum sprichwörtlich ins Wochenende tanzen.

Fil Bo Riva

Wow! Das ist das erste Wort, dass einem an diesem späten Feitagabend im tanzhaus NRW in den Sinn kommt, nachdem der Voract von Fil Bo Riva die ersten Akkorde hingelegt hat. Theo Lawrence & The Hearts haben sich erst kurz vorher für das New Fall gemeldet. Nebenbei ist es auch das erste Deutschlandkonzert für die Alternative-Indie-Band, deren Mitglieder alle aus Paris kommen. Französischer Rock’n’Roll auf ganzer Ebene, der beschwingt die Meute zum Tanzen bringt und fast vergessen lässt dass nicht Theo Lawrence & The Hearts hier heute Hauptact sind.

Nach kurzer Umbaupause steht gegen 23 Uhr Fil Bo Riva auf der Bühne. Spärlich beleuchtet und kaum zu sehen, geht die außergewöhnlich tiefe Stimme von Fil Bo Riva schon beim ersten Song direkt unter die Haut. Rau, melancholisch und ein bisschen verdrogt wirkt die ganze Kulisse, was die melancholische und düstere, aber auch gefühlvolle Stimmung wiederspiegelt. Fil Bo Riva stürzt die Zuhörer gar in eine emotionale Achterbahnfahrt, so ist man stets zwischen den hochemotionalen und melancholischen, wie auch den souligen Tanznummern, hin- und hergerissen.

Fil Bo Riva im tanzhaus NRW
Fil Bo Riva im tanzhaus NRW

Besonders bei „Francis“, „Killer Queen“ und „Like We Did“ bekommt der Sänger massig gesangliche Unterstützung aus dem Publikum. Zum Schluss lässt sich der Wahl-Berliner auch noch einmal auf die Bühne bitten und spielt auf Wunsch der Besucher erneut „Killer Queen“. Fil Bo Riva beweist, dass er sich nicht länger hinter Bands wie Milky Chance, Annenmaykantereit oder auch Faber verstecken muss, sondern qualitativ in derselben Liga spielt.

Ein Abend im Namen des Rock

Die Kombination ist schon ungewöhnlich genug: Gurr, Isolation Berlin und Love A an einem Abend. Einem Samstagabend. Beste Kriterien um alles aus dem Abend rauszuholen. Eröffnet wie der Abend im sipgate von dem Duo Gurr, die mit ihrem Garage-Rock nicht nur hierzulande sehr erfolgreich sind. „Wieso zur Hölle seid ihr eigentlich hier und nicht drüben in der Kirche bei Thurston Moore?“, fragt Laura Lee zu Beginn der Show ins Publikum. Frech und direkt, dass ist es was Gurr ausmachen. Auch auf der Bühne lassen die beiden Berliner diese Art raus. Gurr live sind eine Rock-Gewalt, einmal aus den 70er Jahren herausgeschnitten, und in die Gegenwart gesetzt.

Gurr im sipgate
Gurr im sipgate

Mit ihrem Psychedelic-Wave-Sound wirbeln die zwei Frauen über die kleine Bühne im sipgate und präsentieren einen Querschnitt aus ihrem Songrepertoire, das nahtlos in die Zeitspanne von einer Stunde Showzeit passt, da der durschnittliche Gurr-Song knappe zwei Minuten fasst. Zu „Walnuss“, Moby Dick“ und „#1985“ wird aber ausgelassen getanzt und zwar im Gegensatz zum verbreiteten deutschen Kopfnicken, werden hier auch die Beine in die Hand genommen. Am Ende schmeißt sich Frontsängerin Andreya Casablanca noch in die Menge und lässt sich im Kleid von der Menge durch den Raum tragen. Einfach so, weil es eben Spaß macht, wie eben die Musik von Gurr.

Ein Kontrast bietet dagegen die Musik von Isolation Berlin, die im Gegensatz zu den spaßigen Garage-Songs, eher erdrückend und trostlos wirken. Wer sich in Berlin isoliert fühlt, dem bleibt nichts anderes übrig, als seinen Schmerz herauszuschreien. So auch Sänger Tobias Bamborschke, der sichtlich gequält aussieht, während er die pathosbehafteten Songs nur so aus sich heraus schmettert. Isolation Berlin lebt quasi durch die durchdringende Präsenz ihres Frontmanns, dessen Mimiken und Gestiken die musikalische Darbietung geradezu untermalen.

Isolation Berlin im sipgate
Isolation Berlin im sipgate

Letzte im Band Bund, sind die Indie-Punker von Love A. Mit ihrer sympathischen Art und den uptempo Nummern hellen die Jungs aus Nordrhein-Westfalen die düstere Stimmung wieder auf und spielen druckvolle Songs, die von der Menge jubelnd aufgenommen werden. Neben den ganzen humoritischen Einlagen von Sänger Jörkk Mechenbier, der die Tracks der Band mal gerne witzige auseinanderpflückt oder auch sonst gerne mal herausquasselt, ist vor allem die lockere und spaßhafte Art der Band ausschlaggebend, die sich auch euphorisch auf das Publikum niederschlägt. Mit Songs wie „Brennt alles nieder“ oder auch „Trümmer“ erzielt die Band große Mitsing-Chöre und beendet so einen Abend sipgate, der gelungener nicht hätte sein können.

Auch in diesem Jahr beweist das New Fall Festival wieder einmal ein Händchen für ausgefallene Acts. Durch die doch recht ungewöhnlichen Locations für die elektronischen- und popaffinen Künstler und Bands wirkt die Musik noch einmal anders, gewaltiger, größer und unvergesslicher. Einen Termin für das kommende Jahr steht auch schon fest: Die achte Auflage (und für Stuttgart die dritte) findet vom 25.-28. Oktober 2018 statt. Wir können es jetzt schon kaum erwarten!

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