HAIM – Something To Tell You

Wenn Schwestern nicht lästern, sondern gemeinsam Musik machen – still sind HAIM aber deswegen noch lange nicht und haben etwas zu erzählen.

Die HAIM-Sisters Alana, Danielle und Este schütteln ihr langes Haar zu ihrem zweiten Album „Something To Tell You“ und bescheren einen poppigen 80er-Throwback, der dennoch genau da ist, wo er hingehört: In den Sommer 2017.

Zeitgenössischer 80er-Sound

Ihr erstes Album „Days Are Gone“ liegt vier Jahre zurück und somit auch der übertriebene Felgaufschwung, den die Damen geliefert haben. Gehypt, gefeiert und von der Mehrzahl der Hörer positiv aufgenommen: Die Gefahr mit dem zweiten Album im eigenen Schatten zu stehen ist groß. Aber wer bereits mit der Muttermilch Musikalität aufsaugt, Fleetwood Mac-Bezüge sich nicht nur beim Hören der Platte aufdrängen, sondern vom Trio sogar einen bestätigten Einfluss darstellt, hat nichts zu befürchten.

Es ist schon bemerkenswert, wenn Sprösslinge gemeinsam derartigen Erfolg haben und ihr Hobby tatsächlich zum Beruf machen. Unsereiner ist froh, wenn sich beim Pflicht-Familienfest nicht nach zwei Tagen die Köpfe eingekloppt werden. HAIM hingegen setzen sich nicht nur gemeinsam an den Tisch, sondern ans Schlagzeug und nehmen Bass und Gitarre in die Hand.

Hört sich so an, wie die Discokugel aussah

Sie definieren einen Mix aus R’n’B, Rock und den bereits erwähnten Pop, der meist an die 80er erinnert. Erneut eine Sache, die wohl an der familiären Musikalität liegt. Die Kalifornierinnen sind erst zwischen 26 und 31 Jahre jung und wissen trotzdem genau diesen Ton der Zeit anzuschlagen, wenngleich sie bis dato noch nicht das Licht der schillernden Discokugeln und Schlaghosen erblickten.

Der Opener „Want You Back“ erinnert an eine Hymne und stimmt den Grundton der Platte an. Poppig wird das Thema der Liebe und Beziehung beschrieben. Da erscheint es nur folgerichtig, dass es sich hierbei um den Vorboten handelt, der zuvor als Singleauskopplung veröffentlicht wurde.

Leichtfüßiger Pop

„Nothing’s Wrong“ kommt sehr leichtfüßig daher und fällt durch den simpel gehaltenen Text auf. Einzig die mittlere Passage bricht kurz mit diesem Eindruck. Hört man den Song auf Vinyl, könnte man erst vermuten, die Platte habe einen Sprung. Diese Angst wird jedoch schnell aufgelöst, da das Lied dann wieder die experimentelle „habe-ich-da-gerade-kurz-James-Blake-gehört-Schiene“ verlässt. Auch der titelgebende Song „Something To Tell You“ bringt die genannten Attribute stark zur Geltung. Schön ist das gesanglich deutliche Abwechseln der Schwestern, die zeitweise auch chorische Momente einstreuen. „Right Now“ ist der wohl poppigste Song der Platte und lässt am intensivsten an eine klassische Girl-Band denken. Mancher wird den Erfolg hinterfragen, die Qualität der Texte kritisieren und doch ist es genau die Art von Musik, die zurecht einer Masse gefällt. Denn für die sommerliche Spritztour mit dem Auto, bei der man als Beifahrer gut und gerne mal den nackten Fuß aus dem Fenster streckt, bildet dies den perfekten Soundtrack.

Gute-Laune-Garantie

Die Garantie für gute Laune geben die 11 Songs des Albums definitiv. Hier sind „You Never Knew“, „Walking Away“ und auch „Ready For You“ zu nennen. Selbst der zunächst traurig anmutende Bestandteil des Albums „Kept Me Crying“ kommt tanzbar um die Ecke.

Wer einer Band vorwirft, sie habe mit dem zweiten Album keine Entwicklung zum Vorgängeralbum vollzogen und durch textliche Einfachheit sei auch jeglicher Qualitätsanspruch verloren, den gilt es einmal kurz zu schütteln. Denn wichtiger als zwingend tiefsinnige(re) Lyrics, ist das, was das gehörte Album auslöst. Und hier trifft das Trio genau den Geschmack der von der Sonne verwöhnten Köpfe: Harmonie zwischen Schwestern, die vor Spielfreude fast platzen und generell Spaß daran haben, gemeinsam Musik zu machen. Daher alles richtig gemacht die Damen!

Beste Songs: Right Now, Nothing’s Wrong

VÖ: 07.07.2017 // Vertigo / Universal

 

 

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