Alben des Monats – Oktober 2014

Mit Ex-Smith Johnny Marr, einem alternativen „Sgt. Pepper“ und Noise zum Sich Ekeln

Wir wollen die letzten zwei Monate dieses Jahres nutzen, euch unsere neue Rubrik „Alben des Monats“ vorzustellen. Im Verlauf eines Monats wird ja im besten Falle viel mehr gute Musik veröffentlicht, als wir zu reviewen vermögen. Damit euch aber nichts durch die Lappen geht, findet ihr in Zukunft immer in der ersten Woche des Folgemonats die Alben, die uns am meisten beeindruckt haben. Keine Angst, ausführliche Reviews wird es trotzdem noch geben (wie hier zu Superfood), die „Alben des Monats“ sind die extra Kirsche. Weil wir euch so sehr mögen. Ohren auf für die Top Ten im Oktober:


Ben Howard: I Forgot Where We Were

Ben Howard – Forgot

Viele, die den Namen Ben Howard hören, summen gleich mehr oder weniger „Keep Your Head Up“ schief vor sich hin. Auf dem Nachfolgewerk von „Every Kingdom“ zeigt der Brite jedoch, dass es nie seine Absicht war, große Hits für’s Radio zu schreiben. „I Forget Where We Were“ ist eine Ansammlung von zehn Meisterwerken, die im Genre der Singer/Songwriter nach seinesgleichen suchen muss. Der Mann trägt sein Herz sowohl auf der Zunge, als auch auf der Gitarre und so verschmilzt der unverkennbar zerbrechlich und zugleich starke Gesang mit den zitternden Strängen der Gitarre. Das zweite Studioalbum von Ben Howard passt zum Herbst, ist aber ein Meisterwerk, das einen Monate, wenn nicht Jahre emotional begleiten wird.


Caribou: Our Love

Caribou – Our LoveEs ist quasi unmöglich für Caribou, sein letztes Album „Swim“ zu übertreffen. „Our Love“ schafft es nicht, doch das bedeutet nicht, dass die dritte LP von Dan Snaith unter diesem Alias kein würdiger Nachfolger ist. Zur Hälfte „Swim“, zur Hälfte das als Daphni veröffentlichte Tech House Album „Jiaolong“, bietet „Our Love“ der Höhepunkte nicht wenige. Vom Opener „Can’t Do Without You“ bis zu den letzten Tönen von „Your Love Will Set You Free“ ein packendes Dance Album. Aber bitte mit Kopfhörern oder guten Boxen genießen!


The Dø: Shake Shook Shaken

The Do – Shake Shook ShakenGanz anders noch als auf dem verspielten Debüt „A Mouthful“ geben sich the Dø auf ihrem dritten Album ernst, dramatisch und vor allem sehr synthetisch. Die erste Single „Keep Your Lips Sealed“ deutet noch die Sandkastenmelodien früher Tage an, dreht dann aber den Stimmungsregler auf Woodkid. Der Songtitel „Despair, Hangover & Ecstasy“ ist Programm, Stroboskoplichter und Quietsche-Synthesizer inklusive. Während man „Omen“ hört, versteht man: the Dø haben ihre Unschuld verloren, aber dafür an Stärke gewonnen.


The Flaming Lips: With a Little Help from My Fwends

Flaming Lips – FwendsDie Flaming Lips haben einen Lauf. Nach dem „Dark Side of the Moon“ Cover Album und letztjährigem Doppelschlag „The Terror“/„Peace Sword“ haben sie wieder ihre „fwends“ um sich geschart, „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ im spaßigsten Sinne des Wortes zu entweihen. „With a Little Help from My Fwends“ ist die „The Wall“-Version des vielleicht wichtigsten Albums der bisherigen Musikgeschichte (oder doch „Dark Side“… ?). Alles dröhnt und knallt und ist so over the top, dass John Lennon sich im Grab umdreht – und mit einem verschmitzten Lächeln zuhört.


Iceage: Plowing Through the Field of Love

Iceage – PlowingDie gedehnte, leidende Art zu singen, die tragisch-traurigen Harmonien, der erbarmungslos vorwärts treibende Rhythmus – der Opener zu „Plowing into the Field of Love“ klingt mehr nach Anathema als nach Iceage. Auch der Rest des Albums bietet immer wieder Überraschungen, aber irgendwie passt das alles zusammen. Während die Jungnihilisten auf „You’re Nothing“ vor einem Jahr noch ziemlich Hardcore drauf waren, schlagen sie auf dem Nachfolger düstere Post-Punk Töne an. Das dritte Album der Punkband aus Dänemark ist noch mitreißender und tiefer als die Vorgänger und überzeugt damit durchweg.


Johnny Marr: Playland

Johnny Marr – PlaylandDass der Mann mit der Gitarre umgehen kann, ist hinlänglich bekannt. Auf seiner neuesten Soloplatte beweist Johnny Marr nun aber auch, dass er auch die Kunst des Songwritings beherrscht. Wo man bei seinem ersten Versuch „The Messenger“ teilweise noch herausgehört hat, dass Marr sonst immer im Schatten anderer Musiker steht, so blüht er auf „Playland“ komplett auf. Hervorzuheben ist hier besonders „Dynamo“, das eine gitarrenlastige aber verträumte Stimmung verbreitet und sich so von den oft scheppernden Riffs abhebt. Nach den 11 flotten Songs stellt man dann fest, dass eine Reunion von the Smiths eigentlich mehr als unnötig ist.


Kele: Trick

Kele – TrickKele Okereke, ist das nicht diese Typ von Bloc Party? Auf seiner neuen Platte „Trick“ lassen sich nämlich kaum Spuren seiner Band aufspüren. Lediglich seine markante Stimme erinnert stellenweise an die Indie-Band aus London. Was der Brite jedoch auf seinem zweiten Soloversuch abliefert ist britische Club-Atmosphäre par excellence. Jetzt kann man sagen, dass dies doch auch schon alles auf seinem eher mäßigen Debüt „The Boxer“ zu finden war. Bei „Trick“ wirken die Melodien und Soundelemente aber lange nicht so willkürlich zusammengesetzt und so wirkt das Gesamtkonstrukt der Platte einfach glaubhafter. Der Mann ist endlich im Electro-Business angekommen!


Kindness: Otherness

Kindness – Otherness„World, You Need a Change of Mind“, konstatierte vor zwei Jahren KindnessAdam Bainbridge. Jetzt liefert er mit dem Zweitwerk „Otherness“ die Blaupause dazu: ’10er R&B der Marke Rhye/Blood Orange, ornamentiert mit allerlei Gehauche und sexy Bläsern. Letzterer ist auch auf Albumhighlight „Why Don’t You Love Me“ vertreten, zuvor hat Bainbridge bei „Cupid Deluxe“ geholfen. Kelela und Robyn sind auch mit von der Partie. Bei soviel kindness ist man schnell verliebt.

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Pharmakon: Bestial Burden

Pharmakon – Bestial BurdenÜber den Verlauf von nur 33 Minuten lässt Margaret Chardiet mit „Bestial Burden“ ihre gesamte innere Organwelt auf den Hörer einschlagen. Das schwere Atmen vom Intro „Vacuum“ bildet den Eingangspunkt, später folgen Schreie der Agonie auf „Body Betrays Itself“. Ist man bei den Drones des finalen Titeltracks angelangt, die sich wie Magensäure anhören, will man nur noch raus aus diesem ekelhaften Klumpen Fleisch, der unser Körper ist. Ein grandios-groteskes Noise Album, das als Bonus sogar noch ein Cover von Nancy Sinatras „Bang Bang“ draufsetzt.


Superfood: Don’t Say That

Superfood – Don't Say ThatSuperfood sind ein dynamisches Quartett, die sich scheinbar als inoffizielles Ziel gesetzt haben, das eingestaubte Genre des Britpops ein wenig aufzumotzen. Dies gelingt ihnen bei ihrem Debüt mit cleveren, teils gesellschaftskritischen Texten, die über das gewisse Etwas verfügen, das man bei so vielen Newcomer-Bands heutzutage vermisst. „Don’t Say That“ ist eine Platte geworden, die alteingesessene Pub-Gänger wie neumodische Blogger gleichermaßen begeistert und diese sogar zu einer großen, glücklichen Familie werden lässt. Britpop strikes back again!

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Fichon & Yannick

 

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