Die Sauna – So schön wie jetzt war es noch nie

Kryptische Texte treffen auf verzerrte Gitarren, kaltes Neonlicht beleuchtet die Leistungsgesellschaft und verhandelt überkomplexe Probleme der vernetzten Generation. Auf ihrem Debüt „So schön wie jetzt war es noch nie“ stolpern Die Sauna durch sämtliche Genre und klingen so herrlich vielschichtig, frisch und doch vertraut.

Es ist einiges passiert seit im Jahr 2017 mit „Elektra“ das erste musikalische Lebenszeichen von Die Sauna erschienen ist. Darauf zu hören: poppiger Indie-Rock, in dem verzerrte Gitarren die Hauptrolle spielen. Die Gitarren sind geblieben, der Sound der Münchner Band ist auf dem Debüt „So schön wie jetzt war es noch nie“ raumgreifender, progressiver und ekstatischer geworden. Bereits der Opener „Tu Das Nicht“ setzt mit einem anderthalb Minütigen Intro ein Zeichen für liebevolle Post-Punk-Riffs und zeigt wie gut sich das bayrische Sextett darin versteht mit ihren Gitarren umzugehen.

„Kann man überhaupt noch rebellieren?“ fragen sich Die Sauna im nachfolgenden Track „Das Geometrische System“. Es geht um die Auseinandersetzung mit den eigenen Konflikten, der Kampf mit der eigenen Persönlichkeit und den äußeren Ansprüchen sowie den gesellschaftlichen Einflüssen. Schrammelige verzerrte Gitarren treffen in dem Song auf rezitativ vorgetragene Lyrics, die dem Hörer den Eindruck einer repressiven Haltung vermittelt. In „Der Letzte“ trifft 80’s Post-Punk auf New Wave und zeigt erneut eine neue Facette der Band. Besungen werden die eigenen Minderwertigkeitskomplexe, Ängste und Vorwürfe an sich selbst.

Allgemein schöpft Die Sauna spielerisch aus sämtlichen vergangenen Genres und setzt daraus ihren eigenen individuellen Sound zusammen. Dabei beweisen sie stets einen gewissen Hang zur Düsternis, der sich nicht nur durch die rätselhaften Texte trägt, sondern auch durch die verschiedenen Klanglandschaften der einzelnen Songs. So fliegen einem in „Der Letzte“ die Gitarren geradezu um die Ohren. „Das Ende“ klingt hingegen noch düsterer und zerbrechlicher und lehnt sich an den Sound der Neuen Deutschen Welle der 80er Jahre an. Mit jedem weiteren Song zeigen Die Sauna wie breit und abwechslungsreich sie ihre Klanglandschaft aufgebaut haben.

Ein Soundtrack für Optimisten und Pessimisten sowie alle Orientierungslosen. Am besten zu genießen an wolkenverhangenen Regentagen.

Betrachtet man das Album der Band als Konzept, dann handelt es von einer Reise zwischen Vernunft und Emotionen, sprich der Suche nach dem eigenen Ich. Was mit dem Intro zu „Tu das nicht“ beginnt und sich langsam steigert, findet seinen Höhepunkt in dem synthiegetränkten Titelsong der Platte. Der Titel, den man geradezu als Affront betrachten kann, wiegt das für und gegen der gesellschaftlichen Konventionen ab. Es geht darum mit sich selbst zu ringen um noch einmal glücklich zu sein. „Lass es endlich wieder zu, du kannst es kontrollieren, du musst es jetzt probieren“, heißt es in den letzten Takten des Songs. Erst im Anschluss greift mit der schrammeligen Lo-Fi-Rock-Nummer „Gib dir nicht die Schuld“ oder in dem eingängig melodischen  Track „Blutige Lippen“ die selbstzerstörerische Spirale um sich. Hier wird nicht mehr mit sich gerungen, hier wird sich selbst gerichtet − Stichwort Selbstreflexion. Den krönenden Abschluss der Reise findet sich im Closer „When you’re dead“. „Du bestimmst meine Identität, everybody loves you when you’re dead“ heißt es im Text und schließt das Kapitel. Das Debüt der Münchner-Band ist gleichermaßen ein Soundtrack für Optimisten und Pessimisten sowie alle Orientierungslosen. Am besten zu genießen an wolkenverhangenen Regentagen.

Auf ihrem Erstlingswerk zeigen Die Sauna wie vielschichtig und bunt deutschsprachiger Pop sein kann. Nicht nur bedienen sie sich an sämtlichen Genres der vergangenen Jahrzehnte, die Band verschafft sich mehr Raum für ihren Sound. Sie sind vielschichtiger geworden, die Texte noch komplexer und kryptischer. Hingegen ist der Sound des bayerischen Sextetts eigener, kantiger und abwechslungsreicher geworden. Auf „So schön wie jetzt war es noch nie“ klopfen sie anhand einem Gerüst aus verzerrten Gitarren und verschrubelten Synthesizern an die Vernunft der Leistungsgesellschaft an. Kein glatter Indie-Rock erwartet einem auf der Platte, Die Sauna sind reifer geworden, lassen uns gar teilweise ratlos zurück, regen zum Nachdenken an und liefern trotzdem eingängige Melodien, die sich in unseren Köpfen festsetzen sowie in Mark und Bein übergehen.

Beste Songs: Das Geometrische System, Das Ende, Blutige Lippen

VÖ: 30.08.2017 // Buback

Seht hier das Video zum Titeltrack des Debütalbums „So schön wie jetzt war es noch nie“:

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