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10 Last-Minute-Tipps für das Maifeld Derby 2023

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Wer schon einmal beim Maifeld Derby in Mannheim war, weiß, dass es dort nicht nur eine ausgezeichnete Bier- und Wein-Auswahl gibt, sondern auch ein sorgsam kuratiertes Line-up. Das Programmheft kann man an diesem Wochenende getrost in der Tasche lassen, denn am besten sind bei diesem Festival die Konzerte, die man vorher gar nicht auf dem Schirm hatte. Wer trotzdem ein paar Tipps haben möchte, findet hier unsere 10 Favoriten.

 

Hope

Bevor Hope als Support für Depeche Mode durch Europa tourt, wärmt sich die Band beim Maifeld Derby auf. Zum Glück, denn ihren mitreißenden Post-Indie-Ambient-Rock solltet ihr nicht verpassen. Zu viele aneinandergereihte Genrebezeichnungen? Das Haldern Pop erklärt ihren Sound so: „Die Musik der Berliner Band Hope fühlt sich ein bisschen an wie Frost auf der Haut, stellt Haare auf. Irgendwie kann man sie einatmen, riechen, schmecken und fühlen. Dichter flächendeckender Sound, wabernde Synthesizer, noisige Gitarren, dezente Percussion und eine Stimme, die unaufgeregt stellenweise an Björk, Savages oder Karen O erinnert.“

Katya.

Auf Spotify hat Katya. genau zwei Lieder veröffentlicht. Aber selbst wenn sie beide in Dauerschleife spielen würde, würde sich ein Konzertbesuch lohnen. Mit „fake part“ bringt die Wienerin, wie sie selber schreibt, eine Hymne über das Ausbrechen aus toxischen Beziehungen und die damit einhergehende Heilung heraus. Und in bad news geht es um unerfüllte Liebe. Poppiges Drama – wie gemacht für die Parcour d’Amour Bühne.

Tamino

„It’s the perfect time for a bottle of wine / and why do I still care?“ singt Tamino in „Cigar“. Und tatsächlich ist ein Glas Rotwein vermutlich das beste Getränk, um beim Konzert von Tamino seinen Weltschmerz so richtig zu fühlen. Taminos Mutter hat libanesische, sein Vater ägyptische Wurzeln, er selber wächst in Belgien auf und vermischt orientalische Einflüsse gekonnt mit europäischen. Und in seiner neuesten Single „Sunflower“ stößt mit der französischen Sängerin Angèle noch ein weiterer Einfluss hinzu. Also Glas Wein holen und genießen.

Death Grips

Die Band aus Sacramento ließ „mit ungebremster Noise-Wut bereits das Coachella oder Roskilde zur Hüpfburg werden. Drums, Electronics und MC Ride – das ist ein Tanz mit der Abrissbirne, mitreißende Unwucht in Überdosen, Aggro-Kultur im Nonstop-Format“ schreibt das Maifeld Derby selber über den Act. Und treffender kann man die Musik wohl nicht beschreiben. Maximalismus statt Minimalismus und brodelndes Chaos, das wie ein Rausch wirkt – wie auch immer man diese Musik beschreiben möchte, verpassen sollte man sie live auf jeden Fall nicht.

Lime Garden

Die Bandmitglieder von Lime Garden verbindet nicht nur die Liebe zu den Talking Heads und Courtney Barnett. Sie können sich außerdem auf eine Mischung aus einprägsamem und tanzbarem Indie-Pop und verträumten Vibes einigen – zugleich treibend und entspannt. In ihrer britischen Heimat gab es dafür schon viel Lob, sie spielten auf Festivals wie dem SXSW, Latitude und The Great Escape. In der Reihe darf das Maifeld Derby natürlich nicht fehlen.

Fulu Miziki

An diesem Act kommt man nicht vorbei. Fulu Miziki eröffnen Sonntag das Festival – ohne Überschneidungen. Ein Wink mit dem Zaunpfahl quasi, dass man diese Band nicht verpassen sollte. Das unterstreichen wir so, denn die Band aus der Republik Kongo, dessen Name übersetzt „Musik aus Müll“ bedeutet macht Eco-Friendly-Afro-Futuristic-Punk. Noch Fragen?  

Loyle Carner

Als „Everybody’s Darling des gehobenen Raps“, wie ihn das Maifeld Derby liebevoll nennt, schaut Loyle Carner in diesem Sommer leider nur auf drei Festivals vorbei. Darunter ist selbstverständlich das Maifeld Derby. Wenn der britische Rapper nicht gerade in Rezeptbüchern von seinem Freund Ottolenghi stöbert, bringt er Kindern mit ADHS in seiner Kochschule „Chilli con Carner“ Kochen bei. Kein Wunder also, dass er dazwischen nicht viel Zeit für Festivalshows hat. 

Agat

Die israelische Künstlerin Agat eröffnet das Festival am Freitag im Hüttenzelt. Ein perfekter „Ar***tritt um dann hellwach ins Festival zu starten“, hat sich das Maifeld Derby überlegt. Die Künstlerin aus Tel Aviv mischt Elektro Pop mit Synth Rock und Trip-Hop zu einem energetischen Sound, bei dem still sitzen unmöglich ist. Wen das nicht in Festivalstimmung bringt, dem ist nicht mehr zu helfen.

Tara-Louise Wittwer

Mit ihrem Format TikToxic reagiert Tara-Louise Wittwer regelmäßig auf sexistische TikToks, die etwa übergriffiges Verhalten relativieren, in denen Pick-Up Artists ihre besten Tricks verraten und in denen Frauen Geschlechterstereotype verfestigen. Keine einfachen Themen für kurze Videos. Deswegen hat sie 2022 ein Buch veröffentlicht. In Dramaqueen reflektiert sie ihre Rolle als Frau in der Gesellschaft – irgendwo zwischen Urteilen und Verurteilen und erklären, warum eben nicht nur Männer misogyn handeln, sondern auch Frauen untereinander.

Noga Erez

Mit Björk, M.I.A. und FKA Twigs als musikalische Einflüsse kann einfach nichts schief laufen. Das beweist zumindest Noga Erez, deren Songs zwischen Eskapismus und Aktivismus pendeln. „Das singende und rappende Role Model aus Tel Aviv steckt mit ihren Songs die meisten US-Kolleginnen locker in die Tasche, zieht politisch kritisch Stellung, schlenzt aber auch mal ein laszives Chanson raus oder lässt mit ihrer Band die ‚Fire Kites‘ über dem Maifeld fliegen“, schreibt das Maifeld Derby selber voller Vorfreude und stellt sie Samstag im großen Palastzelt auf die Bühne.

Tickets! Wo?

Wer noch kein Ticket für das Maifeld Derby hat, findet 3-Tage-Tickets sowie Tagestickets für alle drei Tage auf der Seite des Festivals. Wir sehen uns vor Ort!

10 Acts, die ihr bei der c/o pop nicht verpassen solltet

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Wa22ermann // Still aus
Wa22ermann // Still aus "Blaurot"

Die c/o pop ist bei uns Pflichtveranstaltung – nicht nur, weil sie praktischerweise in Köln, Ehrenfeld direkt vor unserer Haustür stattfindet. Sondern vor allem, weil sie auf über 30 Bühnen und mit mehr als 120 Programmpunkten einen spannenden Überblick über den aktuellen Stand der Popkultur liefert. Welche Acts bei uns ganz oben auf der Liste stehen, haben wir für euch zusammengestellt.

Philine Sonny

Aufgewachsen im Ruhrgebiet, bietet Philine Sonnys musikalischer Werdegang beste Voraussetzungen für die große Karriere: Schlagzeugunterricht mit 10, dann Schulband und Schulchor. Währenddessen lernt sie Gitarre, Bass und Klavier und nimmt Gesangsunterricht. Sie studiert Musik und entscheidet sich statt Majorlabel für das Indie Label Mightkillya, um kompromisslos die eigene Vision ihrer Kunst verfolgen zu können. Und das bedeutet: moderner Indie mit nostalgischen Springsteen Anleihen, Folk und bedroom pop Ästehtik. 

Wa22ermann

Ihr Motto: »Ich mach was ich will, wie türkische Ampeln«. Genau mit dieser lässigen Selbstverständlichkeit und unverblümten Punchlines erzählt Wa22ermann in ihren Songs vom Berliner Alltag. Dabei scheut sie sich nicht zwischen fetten 808-Bässen und synthetisch anmutenden Sound-Kulissen zu wechseln. Dabei muss die Kreuzbergerin kein überspitztes Image verkaufen, sondern besticht durch Authentizität.

Brockhoff

Mit ihrer Debüt-EP„Sharks“ erzählt Brockhoff Geschichten von Coming-of-Age, Sehnsucht und ihrer Rolle zwischen Großstadt, Kleinstadt und Selbstwahrnehmung und erinnert dabei an Acts wie Snail Mail, Phoebe Bridgers und Soccer Mommy. Live versteht es die Band, sich in den richtigen Momenten zurückzunehmen, um im nächsten Takt mit drei Gitarren die unaufdringliche Stimme der Newcomerin abzulösen. Eben die perfekte Mischung aus aufgeräumten Poparrangements und Garagensoundmentalität.

KhakiKid

Irischer Rap mit sommerlichen Klangwelten? Da sind wir dabei. Der aufstrebende Rapper KhakiKid wächst in einer Großfamilie in Dublin, auf und teilte sich ein Zimmer mit drei Geschwistern, so dass ruhige Momente eine Seltenheit bei ihm sind. Trotzdem findet er Ruhe zum Schreiben und bringt sich in seinem Zimmer das Produzieren selber bei – beeinflusst von der Entwicklung von Mac Miller und der Authentizität von Tyler, The Creator.

CATT

CATT wächst in einem kleinen Dorf in Niedersachsen zwischen Wäldern, Felder und endlosem Nichts auf. Kein Wunder, dass sie sich dazu entschließt Klavier und Posaune zu lernen und sich später auch noch selber Horn und Trompete beibringt. Gab halt sonst nichts zu tun. Zum Glück, denn so wechselt sie bei ihren Konzerten mühelos zwischen einer Vielzahl von Instrumenten und begeistert das Publikum mit ihrer immensen Musikalität und Spielfreude, sowohl bei Solokonzerten, als auch mit ihrer Band. 

Domiziana

Erfunden hat sie den Mix aus Rave, Deutschrap und (Hyper)pop hat Domiziana ganz bestimmt nicht. Für den Mainstream erreichbar gemacht? Die Probz sollte man ihr geben. Nun ist sie auf dem besten Wege von einem Social Media-Phänomen zu einer etablierten Künstlerin zu werden. Dazu gehört auch das Live-Business. Wie das klingt, beweist die Musikerin mit italienischen Wurzeln auf der co Pop. Kommt „Auf die Party“!

Quinzequinze

„Klimatische Musik“ nennt das Kollektiv Quinzequinze den Sound, den sie seit 2013 zelebrieren. Dabei sind sie konsequent inkonsequent. Trippy Vibes treffen auf verschiedene Instrumentalstücke, die melancholisch auf die Zuhörenden wirken aber gleichzeitig auch ein Gefühl von Rhythmus in einem selbst auslösen. Ihr merkt, es ist schwer zusammenzufassen. Sollte man erleben.

https://www.youtube.com/watch?v=isqwv_eLyvo

Steintor Herrenchor

Sind wir schon am Peak der Neuen neuen deutschen Welle? Gefühlt sprießen täglich neue Acts aus dem musikalischen Boden, die genau diesem vielzitierten Genre zugehörig sind. Steintor Herrenchor können sich auch keineswegs davon frei machen. Im Gegenteil: Spricht man über den Peak des Genres oder sucht man nach einem Act, der sämtliche Elemente des Genres zusammenfasst, landet man eventuell bei den drei Musikern. Bewiese liefern sie mit Tracks wie „Luisa“ oder „Postkarten“.

Oracle Sisters

Oracle Sisters bestehen aus den Sandkastenfreunden Lewis Lazar, Christopher Willatt und Finnish. Die dritte in der Band ist die finnische Musikerin Julia Johansen. Ihren Lebensmittelpunkt haben die Musiker:innen in Paris, die musikalische Geburt erfuhr Oracle Sisters allerdings im zweiten Lockdown während der Pandemie – mitten in Griechenland. Und diesen Wunsch nach Fernweh, nach Sehnsucht hört man auch in den Songs der Band raus. Im Entferntesten erinnern sie dabei an Acts wie Whitney, aber auch der sich nach Côte d’Azur sehnende Alex Turner steckt sicherlich auch irgendwie mit drin. 

ELOI

Falls ihr euch immer schon gefragt habt, wie raviger Hyperpop à la Domiziana auf Französisch klingt, solltet ihr euch am 27. April auf jeden Fall den Auftritt von ELOI gönnen. Neben den bereits genannten Einflüssen, lässt sie auch Genres wie Minimal Wave aber auch die 80er in ihr Soundbild mit einfließen. So klingt persönlicher Bedroom-Pop 2023. Klingt alles wild, sollte man sich also nicht entgehen lassen.

Auf eine Garnelenpfanne bei Ergün – Souly im Portrait

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Souly ist einer der wohl spannendsten Newcomer der deutschen Musiklandschaft. Gerade erst hat er sein Debütalbum „Ich wünschte, es würd mich kümmern“ veröffentlicht, das mindestens so viel Seele enthält, wie sein Künstlername verspricht und fast so viel Gleichgültigkeit, wie der Albumtitel vermuten lässt. Es ist das kontrastreiche Debüt eines spannenden Künstlers, der sich uns im Interview öffnet und tiefe Einblicke in das Album und seine Entstehung gewährt. 

Es ist ein verregneter Freitagabend, an dem wir Souly treffen. In einer großen Umarmung stellt er sich als Luca vor, mit dabei hat er Manager Piet und Partnerin Annie, die seine PR-Arbeit übernimmt. “Ich hoffe, ihr habt Hunger mitgebracht”, sagt er, als wir aus der Berliner Kälte in türkische Sommerwelten eintauchen. Er hat uns zu Ergüns Fischbude eingeladen, einem Familienbetrieb, der frischen Fisch und türkische Küche anbietet. Begeistert erzählt Souly von seinem Stammrestaurant und der Familie, mit der er mittlerweile sogar über WhatsApp in Kontakt steht: “Es ist einfach wie ein Zuhause. Wenn man etwas zu feiern hat, kommt man hierher. Und da dachten wir, lass doch einfach zusammen feiern und essen“. 

Grund zu feiern gibt es gerade genug. Mittlerweile ist Soulys Debütalbum veröffentlicht. Am Abend vor dem Interview hat er es gerade erstmalig einer größeren Gruppe vorgestellt, danach erreichte ihn der letzte noch fehlende Featurepart für das Album. “Nach diesem Event sind wir erstmal schön zu Macces gefahren mit sechs Leuten. Wir haben im Auto gegessen und in dem Moment hat dann auch (OG) Keemo die Spuren geschickt. Stoopid Lou, einer der Produzenten, hat dann direkt Laptop rausgeholt und die Main Vocal Spur auf den Beat gelegt. Dann saßen wir alle im Auto mit BigMac in der Hand und haben den Part gefühlt”, erzählt er. Es ist eine von vielen Geschichten der Albumentstehung, die er bei Garnelenpfanne und Kerzenlicht mit uns teilt. Sie alle zeigen, wie viel Liebe, Leidenschaft und Hustle in “Ich wünschte, es würd mich kümmern” stecken. 

„Ich habe nicht mal an eine Szene gedacht. Ich war voll in meinem eigenen Film.“

Von diesem Album hätte der kleine Luca im Münsterland vermutlich nicht einmal zu träumen gewagt. Seine frühen musikalischen Einflüsse sind genauso wild wie die erste Auslebung seiner Musikalität. Mit seinem Vater hört er viel italienische Musik, sein erstes Konzert ist ACDC. Er lernt Akkordeon, singt in einem Gospelchor und spielt mit seinen zwei besten Freunden Coversongs auf Hochzeiten, am liebsten “Black Chandelier” von Biffy Clyro. Erst als er für sein Psychologiestudium nach Osnabrück zieht, findet er zum Rap. Eigentlich aus Faulheit, gibt er zu: “Bei HipHop konntest du einfach gut Beats runterladen von YouTube, dir ein Mikrofon hinstellen. Ging halt voll einfach, deswegen habe ich das gemacht”. So nimmt Souly seinen Anfang, fernab einer Szene, ohne Ziel, ohne Grenzen. “Ich habe nicht mal an eine Szene gedacht. Ich war voll in meinem eigenen Film”, erinnert er sich. 

Später lernt Souly Aubster kennen, der sein Manager wird und ihn zu sich in die Hauptstadt holt. “Ich hab richtig Schwein gehabt in Berlin. Seine ganze Freundesgruppe ist innerhalb von Wochen meine Freundesgruppe geworden”. Auch Annie und Piet, vier Jahre später Partnerin und Manager, lernte er über Aubster kennen. Eine Zeit lang besteht Soulys Leben aus Studium, Musik und Brotjob. Wenig Schlaf, viel Hustle, ständig unterwegs zwischen Büro, Bib, Studio und Szeneevents. “Meine Family war die typische SPD-Familie, immer am ackern und Kleinstbeträge sparen. Ich dachte, wenn du Spaß haben willst, dann acker halt”, erklärt er. Spaß, das war Rap für Souly und Aubster vor allem. “Wir haben halt in den Tag hineingelebt und das war auch original mein Vibe. Ich hätte niemals gedacht, dass das was wird. Ich war einfach happy, dass ein Typ dabei war, der genauso tagträumerisch unterwegs war und da mitzieht”.

„Das will ich, seit ich klein bin und dann will ich jeden Tag alles dafür tun, dass es hinhaut“

Aber mit der Musik und ihrer Resonanz wächst auch Soulys Ambition. Seine Arbeitsmoral verändert sich. “Ich habe gezeigt bekommen, was möglich ist. Das will ich, seit ich klein bin und dann will ich jeden Tag alles dafür tun, dass es hinhaut”, so erklärt er die berufliche Trennung von seinem ehemaligen Manager und heute immer noch Freund. Mit neuem Management im Rücken findet er Verlag und Booking und unterschreibt schließlich einen Deal beim unabhängigen Vertrieb Groove Attack. “Und jetzt sind Leute dabei, die sich Gedanken machen, anstatt die ganze Zeit irgendwas im Internet hochzuladen”. 

Dass es in der vollgepackten Diskografie von Souly bisher an Alben fehlte, lag auch an den fehlenden Strukturen. Hier ein Tape hochladen, da eine Single, das war lange die Herangehensweise. Viel Gefühl, wenig System. “Ich hatte immer das Gefühl, dass das, was ich mache, gut ist und einfach gehört werden muss. Aber ich musste erst verstehen, dass man das den Leuten auch zeigen muss. Und das schaffe ich alleine nicht”. Weil ein Album für ihn eine zu große Sache war, wartete er damit auf die nötigen Strukturen, die spätestens mit dem Vertriebsdeal besiegelt wurden. An Unabhängigkeit musste er dabei nicht einbüßen. Luca erinnert sich an den Moment, als die ersten Änderungsvorschläge des Vertriebs kamen: “Ich hab ihm dann gesagt, ‚also eigentlich… das ist jetzt so, alles. Ich kann davon nicht mehr abweichen, geistig'“. Man habe dann einen Wein aufgemacht und darauf angestoßen. Denn wer mit Souly arbeitet, vertraut ihm. Seine Wegbegleiter waren entweder schon immer Freunde oder wurden es durch die Zusammenarbeit. In seinem Herzen haben sie alle Platz, so viel wird klar. 

„Dann dachte ich, eigentlich ist alles außer LSD-Rock richtig scheiße und nur das ist cool.“

Auch seine Musik scheint ganz Lucas Herzen zu entspringen, an Gefühl und Leidenschaft haben die industriellen Strukturen nichts geändert. Das Album orientiert sich mehr an Stimmung und Atmosphäre als an einem inhaltlichen roten Faden. Die Songs entstehen aus dem Moment, anders geht es nicht. So findet sich zwischen Trap und R&B auch die rockige Emo-Hymne “Bloody Rain”. “Davor habe ich drei, vier Tage mit Loco Candy abgehangen. Die laufen dort die ganze Zeit in Schlaghosen rum, rauchen zwei Schachteln am Tag und machen LSD Rock. Und dann dachte ich, eigentlich ist alles außer LSD-Rock richtig scheiße und nur das ist cool”. Ähnlich impulsiv entstand aus einem MPU-bedingten Drogenentzug ein (in diesem Zusammenhang vollkommen überzogener) Song wie “Wie fühlt sich sterben an”. “Wir waren in einer Session und die zwei Produzenten haben halt gekifft wie sau. Ich lag dann in diesem Raum und hab erst Instagram, dann TikTok durchgeguckt und ich war nur so, ‚Dicker hör auf, was bist du für ein Opfer gerade?‘ Dann hab ich halt den Song geschrieben. Obviously voll übertrieben, aber in dem Moment habe ich es des Grauens gefühlt”. 

Die verschiedenen Stimmungen der Songs greifen auch die Features perfekt auf. Für Souly eine der größten Veränderungen im Vergleich zu früheren Projekten. “Ich hatte vorher auch Features hier und da, aber das war eher Abhängen und dann einen Song aufnehmen, der eventuell gut genug zum Hochladen ist”. Für das Album habe man sich Gedanken darüber gemacht, mit wem man sich repräsentieren wolle und wessen Präsenz auf dem Album stolz machen würde. Einen nicht ganz unwichtigen Part hatte dabei Rap-Kollege Gianni Suave, der nach “Taylor Swift Freestyle” (2022) auf “Ok Ok” zum zweiten Mal mit Souly zusammenarbeitet. Grinsend gibt er zu: “Also vom Ding her hat Gianni sich eigentlich um die Features gekümmert, kann man so sagen”.

„Also vom Ding her hat Gianni sich eigentlich um die Features gekümmert, kann man so sagen.“

Für den hochromantischen R&B-Song “Chrysanthemen” lag Layla als die perfekte Ergänzung auf der Hand, die Anfrage über den Verlag blieb aber erfolglos. “Dann war ich in Frankfurt letzten Sommer und hab Gianni ein paar Songs vorgespielt, unter anderem Chrysanthemen. Und Gianni meinte: ‚Dicker, ich muss Layla fragen, ob die drauf kommt‘. Und ich war so: ‚Hä, kennst du die? Und er so: Willst du mich verarschen? Das ist meine beste Freundin!‘”. Am nächsten Tag sei Laylas Part fertig gewesen. Auch der Kontakt zu OG Keemo entstand über Gianni Suave, kurz nach dem Release seines Instant-Classic “Mann beisst Hund”. “Ich habe das Album so gefühlt und dann einen Monat später hat Gianni ihn mit ins Studio gebracht”, erinnert Souly sich. Etwa ein Jahr später sorgt Keemo mit seinem Part auf dem düsteren „Bunte Bündel“ für Gänsehaut. 

Mit seinem Produzenten-Team aus den Waterboutus-Zwillingen, Matt Mendo, Stoopid Lou und Never Old Ben hat Souly über Jahre an den verschiedenen Sounds von “Ich wünschte, es würd mich kümmern” gefeilt. Sie alle haben maßgeblich zu dem vielseitigen, und doch stimmigen Soundbild beigetragen. Den Unterschied zu früheren Tapes wie “Teufel fallen” oder “Engel fliegen” habe hier vor allem die Professionalität, der Anspruch und die Möglichkeiten gemacht, so Souly. 

Für das Album wollte man sich die Zeit nehmen, die es brauchte, um das beste Ergebnis zu erzielen. “Bei “Teufel fallen” war es so, wenn der Song nicht nach vier Stunden fertig war, war er Trash. Und hier war es so, ‚okay das ist so geil, komm, lass uns zusammenreißen, lass das richtig machen‘”. Aus dieser Motivation entstand auch Soulys zweigeteilter Lieblingssong “Nebel/ Diamantstein”. Der Übergang von 3/4 Takt und 92 BPM zu 4/4 Takt und 138 BPM habe sie fast in die Verzweiflung getrieben. Aber nach drei verworfenen Beats und umgeschriebenen Parts ist das Ergebnis genau das, was sein Titel verspricht – ein Diamant. Das Album ist das Resultat dieses neuen Strebens nach Perfektion. “Ich hätte es bestimmt auch letzten Sommer schon hochladen können, dann wäre es nur nicht so geil geworden, wie jetzt. Jetzt sind nur Songs drauf, wo ich sagen würde, von Herzen kann ich die nicht vom Album nehmen”.

„Jetzt sind nur Songs drauf, wo ich sagen würde, von Herzen kann ich die nicht vom Album nehmen“

Auch inhaltlich entwickelt Souly sich mit seinem Debütalbum weiter. Früher dominiert von Flex und Heartbreaks lässt er auf “Ich wünschte, es würd mich kümmern” tiefer blicken. Die großen Themen bleiben Geld und Liebe, doch werden sie facettenreicher aufgegriffen. Finanzieller Wohlstand und Erfolg ist offensichtlich etwas, was Souly anstrebt. Dabei schwingt aber immer auch eine gewisse Ehrfurcht vor der Macht des Geldes mit. “Ich finde es einfach gegensätzlich, wie viel Bock Geld machen kann, weil es einfach geil ist, wenn man gut essen gehen oder sich Grillz machen kann. Aber gleichzeitig ist es auch für so viel Scheiße verantwortlich. Das kann eine Dynamik maßgeblich in eine andere Richtung lenken”. Er spricht hier aus der Erfahrung seines Management-Wechsels, die auch seine Freundschaft gefährdete. Souly weiß um die Anziehung, die Geld auf ihn ausübt und um die Macht, die es damit auch hat.

Für Reflexionen dieser Art war in Lucas Leben nicht immer Platz. Erst durch seine Freundin Annie habe er gelernt, sich bewusst Zeit für sich zu nehmen. “Ich war ein Mensch, der dachte, passt doch alles, mir geht’s doch super. Und dann habe ich gelernt, dass Situationen auch verändert werden können, wenn sie an sich okay sind, aber nicht Bombe. Und einfach das bewusste Alleinsein ist ein Ding für mich geworden, was es vorher nie war”. So finden auf “Ich wünschte, es würd mich kümmern” auch dunklere Erkenntnisse Einzug. Denn die Erfüllung seiner Träume hatte auch eine Verschiebung alter Probleme zu ganz neuen zur Folge. “Was mir dadurch klar wurde, ist, dass die Scheiße kein Ende hat. Es bringt nichts, es kann nie nichts scheiße sein. Und die Flucht davor ist einfach nicht möglich”. Die Musik helfe ihm dabei, über den Dingen zu stehen. Nicht nur im Albumtitel, in vielen seiner Texte schwingt eine beispiellose Gleichgültigkeit mit. “Die Welt ist halt am Arsch. Aber irgendwie auch nicht. Man kann es auch einfach genießen, weißt du, wie ich meine? Es ist alles immer schlecht und gut zugleich”. 

Nicht nur die Musik gibt Souly dabei den nötigen Halt. Egal, wie sehr er in seinen Songs abhebt, auf jeden Flex folgt ein Reality Check. Immer wieder hält er sich seine Prioritäten vor Augen. Die Gegenwart nutzen, das Jetzt nicht verpassen, darum geht es ihm vor allem. Die größte aller Prioritäten: Die Liebe. Klar. Sie ist neben dem Geld das große Leitthema seines Debütalbums und mit Blick auf seine Diskographie ein offensichtliches Lieblingsthema. “Ja, manche sagen mir das nach”, gibt er grinsend zu. Das Leute ihn aber auf die Rolle des hoffnungslosen Romantikers beschränken, könne er nicht nachvollziehen. Deshalb habe er auf dem Album darauf geachtet, nicht nur die romantische Liebe aufzugreifen. “Ich habe sehr viel Liebe für die Leute, mit denen ich bin. Wenn ich zurückdenke, wäre vieles nicht so, wie es jetzt ist, wenn nicht Leute da gewesen wären und mir von Herzen so geholfen hätten, wie sie mir geholfen haben”. Und trotzdem: Die romantische Liebe ist ein großer Teil von Souly und kann kein weniger großer Teil seines Debütalbums sein. “Am Ende des Tages bin ich einfach ein Romantiker. Das füllt ja auch ein Leben, Liebe. Ist doch Bombe. Viel mehr braucht man doch nicht”. 

„Am Ende des Tages bin ich einfach ein Romantiker“

Besonders schön zu beobachten: Die Heartbreak-Songs, die sich durch Soulys bisherige Projekte ziehen, sucht man auf diesem (fast) vergebens. “Ja, das ist einfach passiert, um ehrlich zu sein. Ich wollte das nie”, kommentiert er lachend. Es wurde Zeit, sich vom Image des Herzensbrechers mit gebrochenem Herzen zu verabschieden. “Ehrlich gesagt stört es mich einfach, wenn Leute das so wahrnehmen von mir. Ich meine, ich verstehe ja auch, warum, ne? Ich hör’s ja selber. Aber das ist einfach etwas, woraus ich mich weiterentwickelt habe”. Das Album solle der neue Grundstein sein, auf den alles aufbaut. Alles andere sei nur Training gewesen. 

In logischer Konsequenz endet “Ich wünschte, es würd mich kümmern” in einer großen Liebeserklärung, die die Liebe in weit mehr als einer Facette widerspiegelt. Es wirkt, als sei es hier Luca, der Souly dringend noch etwas hinzuzufügen hat. “Für Immer” ist der emotionale Höhepunkt des Albums, auf dem er sich so persönlich zeigt wie noch nie. (An dieser Stelle sei gesagt, dass die Deluxeversion des Albums ein zweites Outro bereithalten wird, dass dieses hier noch in den Schatten stellt) Dass Souly es zum Ende noch wagt, sich so verletzlich zu machen, ist auch seinen Produzenten zu verdanken. “Bevor wir Musik machen, sind wir im Studio und reden darüber, wie es uns geht. Und ob das jetzt eine Stunde oder drei dauert, dann dauert halt die Session eine Stunde oder drei länger”, erklärt Souly. Stoopid Lou vertreibe vor jeder Session mit Palo Santo die schlechten Vibes aus dem Studio, Matt Mendo sei noch sensibler als er selbst. “Und ich bin schon ein sehr, sehr sensibler Mann”. Für ihn sei das eine Wohlfühlrunde. Ein sicherer Ort zum Loslassen und Erzählen. 

Das ist gut so, denn verlassen wurde das Studio nur selten in den Monaten der Albumentstehung. Und jetzt ist es da, Soulys “Baby”. Ein Produkt voller Liebe, Seele und Leidenschaft. Ein Herzensprojekt im wahrsten Sinne des Wortes, das den Grundstein eines vielversprechenden Weges legt. Im April wird Souly es auf seiner ersten eigenen Tour auf die Bühne bringen, bis Ende Mai folgen noch drei Songs, die nachträglich in das Projekt eingearbeitet werden. „Ich wünschte, es würd mich kümmern“ solle atmen können, langlebig sein. Und danach? „Am Ende kommt, wie kommt. Das hat bisher auch immer gut geklappt“. 

Seht hier das Video zu „Für Immer“ von Souly:

Text und Interview von: Paula Bormann
Fotos: Pauline Pyras

Verlosung: 1×2 Tickets für das Roskilde Festival 2023

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Die 51. Ausgabe des dänischen Roskilde Festival findet dieses Jahr vom 24. Juni bis zum 1. Juli statt. Bestätigt sind bereits Acts wie Kendrick Lamar, Tove Lo, Rosalía, Christine and the Queens, Caroline Polachek und Japanese Breakfast. Wir verlosen 1×2 Fullfestivaltickets.

Über das Roskilde Festival könnte man Bücher füllen, denn nicht nur die Historie, sondern auch die soziale Verantwortung und der Gemeinschaftssinn sind besonders – vor allem für die Größe des Festivals. Ein paar Beispiele: Das Festival ist 100% Non-Profit und alle erwirtschafteten Profite werden von der Roskilde Festival Charity Society an kulturelle und humanitäre Einrichtungen gespendet. Das Festival selber fühlt sich eher wie eine temporäre Stadt, als ein Festival an, in der Kunst, Aktivismus und die Frage „wie wollen wir gemeinsam in Zukunft leben?“ von zentraler Bedeutung sind. Dabei darf natürlich auch das Thema Nachhaltigkeit nicht fehlen: 90% der Essensstände sind bereits Bio und bis spätestens 2028 wird das Festival zu 100% mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen betrieben. Und wie wird das Ganze organisiert? Von 30.000 freiwilligen Helfern – und das bei einer Größe von 130.000 Besucher*innen.

Künstler:innen die für eine hoffnungsvolle Zukunft und Veränderung stehen 

Wer jetzt noch nicht beeindruckt ist, den überzeugt vielleicht das Line-up. Denn das Roskilde will gerade junge Menschen ansprechen und setzt deswegen nicht auf AC/DC oder Guns N’ Roses, sondern auf aktuelle und aufstrebende Acts. So bringt die aktuelle Bandwelle Kendrick Lamar, Caroline Polachek, Weyes Blood, Indigo De Souza, Special Interest, Derya Yıldırım & Grup Şimşek, Angélique Kidjo und Code Orange ins Line-up. „Die neue, veröffentlichte Bandwelle umfasst eine erlesene Auswahl der aktuell besten Live-Acts, die auf ihre eigene Art und Weise für eine hoffnungsvolle Zukunft und Veränderung stehen.

Das Roskilde Festival vollzieht erneut erfolgreich den Spagat zwischen Dekaden übergreifenden Größen wie Kendrick Lamar und beispielsweise Angélique Kidjo, wodurch das Festival seinem Ruf als Vorreiter von einem abwechslungsreichen und interessant gestalteten Line-Up gerecht wird“, erklärt Roskilde Festivals Head of Programme, Anders Wahrén.

Werde Teil des Orange Feeling!

„Jedes Jahr kommen 30.000 freiwillige Helfer zusammen, um ‚Dänemarks viertgrößte Stadt‘ zu bilden. Die freiwilligen Helfer sind der Herzschlag des Festivals – ohne sie würde es das Roskilde Festival nicht geben“, heißt es auf der Seite des Festivals. Und tatsächlich tut das Roskilde alles dafür, damit sich die Freiwilligen, die aus der ganzen Welt zum Roskilde kommen, besonders wohl fühlen. Sie haben einen eigenen Bereich, das Volunteer Village, in dem sie entspannen, was essen und gemeinsam kickern können. Und die Aufgaben suchen sie sich entsprechend der eigenen Fähigkeiten und Interessen aus. Garantiert wird dabei außerdem, dass man „einen Haufen neuer Erfahrungen macht und ein Teil des Orange Feeling wird“, heißt es auf der Website.

Jetzt gibt es drei Optionen, um auf das Festivals zu kommen. Ein 8-Tages-Ticket gibt es für umgerechnet 322€ und Tagestickets für 160€. Freiwillige Helfer werden aktuell noch in vielen Bereichen gesucht. Und mit ein bisschen Glück kannst du bei uns Festivaltickets gewinnen. Alles was du dafür tun musst, ist: The Postie auf Instagram folgen und deine Begleitung auf Instagram verlinken. Einsendeschluss ist der 17.04.2023 um 18h Die Gewinnenden werden von uns über Instagram direkt angeschrieben. Mit der Teilnahme an dem Gewinnspiel erlaubst du, dass wir die Namen für die Gewinnübermittlung, und auch nur dafür, an die Veranstalter:innen weitergeben. Die allgemeinen Teilnahmebedingungen, findest du hier.

Seht hier, wie das Orange Feeling 2022 aussah:

Dreck im Pop – Pavelo & Schnell im Interview

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Pavelos und Boris‘ musikalische Beziehung fängt weniger romantisch an: „Na, mit BoomBap läuft nicht so?“ sollte Boris auf einer Geburtstagsparty zu dem Berliner Produzenten gesagt haben. Pavelo hasste zu dem Zeitpunkt noch Gitarren. Boris ist Gitarrenbauer und Singer-Songwriter. Trotzdem haben sie gemeinsam als Pavelo&Schnell auf ihrem Debütalbum einen eigenen Sound hervorgebracht, der ein Konzept erahnen lässt: Irgendwo zwischen Neue Neue Deutsche Welle, Techno und Dystopie.

 

Euer Album ist ja geprägt von Dystopie und und diesem „Dreck“. Ihr sagt ja selber auch, ihr wärt der Dreck im Pop. Wie sah der Entwicklungsprozess eurer ersten gemeinsamen Platte aus?

Boris: Paul macht extrem viele Beats und wenn er mir das rüberschickt, dann habe ich in der Regel was darauf geschrieben, wenn mir das zugesagt hat. Ich hab mich eher von der Musik inspirieren lassen, als dass ich einen Text fertig habe und dann danach die passende Musik quasi baue oder zusammen suche. Also eigentlich steht am Anfang meist ja die Musik und wenn der Text vorher da ist, dann ist er wirklich eher auch in kleinen Fetzen, die ich vielleicht gerade aufschreibe oder ins Handy tippe. Es sind eher Gedanken und das bastel ich dann meistens zusammen.
Ich komponiere eigentlich sehr viel, aber das bringe ich dann auch nicht alles her. Die sind dann auch sehr Gitarrenlastig und ich mag’s sehr gerne das hier am Anfang meistens nen Beat steht oder ein Sample, woraus dann was entsteht. Dann kann ich auch Instrumentals dazu nehmen. Das ist quasi wie so ne Vorlage.

Das Album wurde ja in Mecklenburg Vorpommern aufgenommen. Textlich hatte ich das Gefühl ihr wolltet einfach so weit weg aus der dreckigen Hauptstadt wie nur möglich?

Boris: Also wenn es so um das Bild von nem Moloch geht oder gescheiterten Persönlichkeiten… das findet man in der kleinen Stadt wie in der Großstadt, als auch auf dem Dorf. Ich glaube, das beeinflusst meine Thematik, dass es so dystopisch ist. Man nicht so genau weiß, wohin und wie. Aber es war eher das Wahrnehmen, dass es vielen Leuten so geht. Ich kann von mir behaupten, ich habe noch nicht so viel rumgegammelt in meinem Leben, finde mich aber trotzdem oft in so einer Situation wieder, wo ich mir denke, macht das überhaupt Sinn? Bin ich hier richtig abgebogen?

Pavel: Aber trotzdem, ich glaube musikalisch war das voll viel Wert sich diese Zeit zu nehmen woanders Musik zu machen. Einfach, weil ich das auch voll kenne, wenn du dich einmal die Woche so wie hier im Studio [Berlin, Rummelsburg] triffst oder so, dann hast du mal nicht einen kreativen Tag und dann ist wieder nichts entstanden. Aber dadurch, dass es so gebündelt war, war es eine voll intensive Zeit. Wir haben jetzt auch nicht nur Musik zusammen gemacht die ganze Zeit, sondern auch viel Tischtennis gespielt oder Fernsehen gegafft oder gekocht. Die Tage waren eigentlich wirklich nicht voll von Musik, dafür die Nächte extrem viel. Da haben wir uns ja auch wirklich erst kennengelernt. Wir haben uns vorher gut verstanden, es war trotzdem auch ein bisschen riskant. Aber gut, wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Wir sind, glaube ich, beide mit dem was dabei rauskam am Ende voll happy und auch stolz drauf und wissen, dass das so hier in Berlin glaube ich nicht entstehen hätte können.

Könnt ihr euch noch daran zurückerinnern, mit was für einem Gefühl ihr Nachhause gefahren seid? Als dieses Albums fertig war?

Boris: Also ich fand es super spannend, weil die Zeit auf jeden Fall intensiv war. Wir sind uns auch auf den Sack gegangen, natürlich. Die Kompromissfindung, die nagt schon auch an einem, also beiderseits. Ich habe in den finalen Tagen, als da klar war: Okay, das liegt jetzt nur noch an mir, dass das nicht fertig wird wie an Hausaufgaben dran gesessen und habe aber auch gemerkt, dass es richtig gut funktioniert hat. Paul hat mich da schon noch mal rumgammeln sehen, weil ich mich generell so ein bisschen mit Veränderung schwer tue.
Wenn ich einmal Gefallen an was gefunden hab, dann macht Paul was damit, verändert das, eigentlich zum Guten…aber einfach nur durch den Fakt, dass es verändert ist und nicht mehr so, wie ich das quasi hingegeben hab… Das hat zeitweise an mir genagt und auch nach der Aufnahme-Phase war das noch präsent, wie ein Wermutstropfen.

„Es sind so viele intuitiven Sachen, die dann jetzt von außen so klingen, als wär es eine bewusste Entscheidung, aber das war es nicht.“

Woher kam der Wille so viele Genres auszuprobieren? Reine Neugierde?

Pavel: Ich glaube der Einfluss ist es. Wir haben uns jetzt nicht ran gesetzt und gesagt: Lass das mal ausprobieren. Es hatte oft einfach auch mit so Tempo Veränderungen zu tun. Also, wenn wir eine Skizze hatten und dann einfach nur schneller und langsamer gemacht und dann geguckt haben: das fühlt sich jetzt richtig an. Es war dann nur durch ein Gefühl das richtige Tempo. Es war keine bewusste Entscheidung zu sagen: wir müssen jetzt noch einen Trance Track machen. Der Track Pyroman war ursprünglich mal halb so schnell. Ich habe dann das Tempo einfach verdoppelt. Es sind so viele intuitiven Sachen, die dann jetzt von außen so klingen, als wär es eine bewusste Entscheidung, aber das war es nicht. Gleichzeitig hören wir einfach beide so viel unterschiedliche Musik und beschäftigen uns mit so viel Kram, dass es auch nicht so fern liegt, dass da jetzt so viel auf dem Album gelandet ist.

Ich bin zwar voll mit Hip-Hop aufgewachsen und habe das irgendwie so als Kind fast nur gehört, hab mich aber irgendwann auch für Tanzmusik interessiert. Ich hab Disco und Funk wahnsinnig viel gehört, selber aufgelegt und springe eigentlich so hin und her. Hätte auch voll Bock mal Punk zu machen.

Hattet ihr den Anspruch etwas Neues in die Musiklandschaft zu bringen?

Pavel: Also tatsächlich ist es ja voll das Genre-Hopping. Auf dem Album ist alles… fast alles drauf, außer Boom-Bap.
Klar, ist es wünschenswert, wenn irgendwie neue Sachen entstehen. Das war jetzt aber nicht der Anspruch, mit dem wir rangegangen sind, sondern viel mehr glaube ich, aus einem sehr vielseitigen Interesse entstanden, dass wir uns einfach für super viele Genres, schon immer auch begeistern konnten.
Es war einfach viel ausprobieren und am Ende haben wir gemerkt, es sind zwar einzelne Tracks, aber irgendwie gibt es trotzdem einen Rahmen, der sich so über das Album zieht.

Boris: Und ich fand es für mich auch attraktiv, mit einer neuen Person zusammen zu arbeiten. Ich wusste, dass das was wird, was nicht ähnlich wird zu dem, was ich vorher gemacht habe oder so. Mir war klar, dass von Paul viele Impulse kommen werden, die dazu führen, dass ich etwas mache, was mich auch aus meiner Komfortzone bringt, wenn ich überhaupt schon ne Komfortzone hatte. Aber, dass das mich auch in eine Richtung schiebt, die ich vorher noch nicht erkundet habe.

 

„Mir war klar, dass von Paul viele Impulse kommen werden, die dazu führen, dass ich etwas mache, was mich auch aus meiner Komfortzone bringt, wenn ich überhaupt schon ne Komfortzone hatte.“

 

Hast du bestimmte Momente, wo du merkt, dass du aus deiner Komfortzone rauskommst?

Boris: Ich würde das eher so ganz allgemein halten, weil einfach diese Zusammenarbeit und auch das zusammen produzieren…Da kommen, also zumindest mal 50 % von Paul und das ist einfach auch schon mal ein Einstellen auf einen anderen Künstler, der genauso den Anspruch hat, was dazu zu geben. Eigentlich ist das schon aus der Komfortzone. Ich hab halt eigentlich immer Musik gemacht oder geschrieben für mich alleine eigentlich. Und das war jetzt auch noch mit hoch angesetzten Anspruch einfach, dass das was wird und auch ein Ziel hat, ein Album zu werden, auf Albumlänge auch hörbar zu sein.

Pavel: Mich hat das auch voll aus meiner Komfortzone rausgeholt mit dir zu arbeiten. Ich hab vorher viele Beats gemacht und da ist es oft so: der Einfachste is der Beste, ziehst den Loop auf und der Track ist fertig. Und dann kann jemand drüber rappen und es kommt eigentlich der Inhalt über den Text. Jetzt war es schon so, dadurch, dass die Sprache viel reduzierter ist und viel weniger Vocals da sind, muss einfach mehr über’s Arrangement kommen. Das hat mich auf jeden Fall voll dazu gebracht, neu über Musik und meine Musik auch nachzudenken. Das neu aufzuziehen und komplexer zu gestalten. Ich habe daraus übelst viel gelernt. Ich habe dadurch auch genau so viel Bock, einfach nur wieder Beats zu machen.

Was hast du denn dazu gelernt?

Pavel: Naja, Tracks arrangieren. Also, was vorher einfach nur so der vier Takte/acht Takte Loop war, haben wir auf der Platte jetzt schon versucht, teilweise mit Tracks die fünf Minuten lang sind, Abwechslung reinzubringen. Sounddesign mäßig habe ich halt so über Corona auch erst angefangen selber Sounds zu gestalten. Vorher war alles über Sampling, also aus vorhandener Musik, die zu zerpflücken und neue Musik draus zu machen. Und jetzt hab ich, weil ich einfach die Zeit hatte, während Corona angefangen Synthesizer zu bauen, also ja selber auch Sounddesign beizubringen. Und diese ganzen ersten Gehversuche damit, die hört man jetzt eigentlich auf dieser Platte.

 

„Gang Vier“ von Pavelo & Schnell gibt’s hier:

badmómzjay und Domiziana veröffentlichen den gemeinsamen Song „Auf die Party“

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Still aus: badmómzjay x Domiziana - Auf die Party (prod. by Jumpa)

Domiziana und badmómzjay = Hit? Den Beweis dafür liefert „Auf die Party“. Die Kollaboration wurde bereits seit mehreren Tagen über Social Media angeteast.

„Ich komm‘ auf die Party und will sofort wieder geh’n“, Domiziana und badmómzjay machen lieber ihre eigene Party. Der gemeinsame Track zwischen den beiden Musikerinnen handelt davon, dass man es satt hat Zeit auf schlechten Partys zu verschwenden. Nervige Menschen, belanglose Gespräche. Wer kennt sie nicht diese Partys, die auch irgendwie dazu da sind die Zeit bis zur nächsten Party zu überbrücken.

Neben dem offensichtlichen Thema des Tracks zeichnen die beiden Musikerinnen unterschwellig auch das Bild einer starken Frau. Eine Frau, die sich nichts von nervigen Typen anhaben lässt, sondern diese liebe in sich und eine gute Zeit investiert. Musikalisch greift der Song die Stärken der beiden Musikerinnen auf, ohne zu viele Kompromisse eingehen zu müssen. Der schnelle, House-lastige Beat passt zu den Rap-Parts von badmómzjay, wie auch zu den fast gehauchten, hochgepitchten Vocals von Domiziana.

Während badmómzjay in den vergangenen Jahren das noch immer sehr männlich dominierte Genre Deutschrap ordentlich aufgemischt hat, hat Domiziana ihre ganz eigene Nische irgendwo zwischen Hyperpop, House und Rap gefunden, wie ihr Track „Ohne Benzin“ bewiesen hat. Somit ist die Schnittmenge größer, als man vielleicht anfangs hätte glauben können.

https://www.tiktok.com/@badmomzjayyy/video/7204871600838036742?lang=en

Die Fans wurden auf jeden Fall bereits in den vergangenen Tagen vor dem Release davon überzeugt. Auf den Social Accounts der beiden Musikerinnen wurden mehrere Snippets gezeigt, die die Kommentarspalten zum Ausrasten gebracht haben. „Auf die Party“ wurde von Jumpa produziert und ist ab sofort auf allen gängigen Plattformen verfügbar.

„Auf die Party“ von Domiziana und badmómzjay gibt’s hier:

Rin und Nina Chuba steigen in den „AMG“

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RIN // © Maik Schuster

Der Rapper mit dem Lifestyle eines Rentners holt sich die Pop-Musikerin Nina Chuba auf seinen neues Song „AMG“. Produziert wurde der Track von Miksu / Macloud.

Die Fans dürfen sich freuen: Rin meldet sich zurück und releast gemeinsam mit Nina Chuba den Track „AMG“. Es ist das erste musikalische Lebenszeichen des Rappers aus Bietigheim-Bissingen seit „Boys Do Cry“ und „Sternenstaub“. Mit dem von Miksu / Macloud produzierten Beats fühlt es sich außerdem nach einem Back to the roots für die Fans an. In den vergangenen Monaten und Jahren hat sich RIN musikalisch ausgetobt. Die Tracks waren sphärisch-melancholisch – ohne komplett die Grenzen des typischen RIN-Sounds zu verlassen.

Und doch fühlt sich „AMG“ nach oldschool RIN an. Es wird mit dem Mercedes geflext, zurückgeblickt in vergangene Zeiten und anschließend mit Stolz auf das jetzige Leben geschaut. Dabei lässt er seine Fans auch an seiner Vergangenheit teilhaben, die tief in das familiäre Leben des Musikers blicken lassen: „Mein Vater kam im Zug, musst aus dem Koffer leben
Heute kauft sein Sohn ’ne Immo in der Bonzengegend“.

Im Refrain steigt die Musikerin Nina Chuba mit den Lines „Wir schreiben Geschichte eines Tages, Leben Träume, die schon wahr sind, Alles andre liegt begraben“ und unterschreibt die Zufriedenheit, die beide Musiker:innen aktuell zurecht haben können. Die Kollabo bringt zwei Köpfe zusammen, die das Musikgeschäft auf ihre ganz eigene Art in den letzten Jahren gehörig aufgerüttelt haben. Während RIN seinen Status mit seinem Testimonial Dasein von o2 unterstrichen hat, releaste Nina Chuba im vergangenen Jahr mit „Wildberry Lillet“ den Hit des Jahres.

„AMG“ von RIN und Nina Chuba gibt’s hier:

Mavi Phoenix mit neuer Single „biggest asshole in the room“ über Narzissmus und die eigene toxische Persönlichkeit

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Nach seinem Album „Marlon“ im vergangenen Jahr veröffentlicht der Österreicher heute seine neue Single „biggest asshole in the room“ und kündigt das gleichnamige Album an.

#redflags #toxicrelationships #narcissist #emotionalabuse – seit Ende 2021 wird auf Social Media auf Themen aufmerksam gemacht, die mit dem Problem von toxischen Beziehungen einhergehen. Dass jedoch in solch ungesunden Zusammenhängen nicht immer das Gegenüber der oder die Schuldige ist, darum geht es im neuen Song „biggest asshole in the room“ von Mavi Phoenix.

„biggest asshole in the room” beschäftigt sich damit, dass man oftmals selbst der toxische Part in einer Beziehung ist“, so Mavi. „Es geht darum, wie man letztlich damit umgeht und dass das einem bewusst wird. Dieses Bewusstsein ist eine Sache, sich dann aber auch zu ändern, das ist noch mal was ganz anderes.“

Das öffentliche Eingeständnis von Narzissmus sowie der Glaube an die eigene Veränderungsfähigkeit macht die neue Single zu etwas ganz Besonderem für Mavi Phoenix: „Für mich ist der Song, glaube ich, einer der wichtigsten. Nicht unbedingt im Hinblick auf meine Karriere, aber persönlich gesehen ein großer Meilenstein, dass ist das so geschrieben habe“.

Mit dem Song kündigt Mavi Phoenix außerdem das gleichnamige Album für Mai 2023 an. Das dritte Album des Musikers verspricht eine sanfte Fahrt durch unvollkommenes, steiniges Terrain und das schöne Chaos, das es umgibt.

Das Video zu „biggest asshole in the room” gibt´s hier:

01099 kündigen „August“ auch ein neues Album an

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01099 //

Die Lieb-Rapper 01099 starten ihr Jahr 2023 im „August“ und kündigen auf Social Media auch an, dass sich Fans über ein neues Album freuen dürfen.

Nachdem man sich vor kurzem über einen Song namens „Luftballon“ von Gustav mit Noah freuen durfte, releasen 01099 nun den ersten Track des Jahres. Dieser trägt den Namen „August“ und vermutet erst einmal einen Ausflug in eine wärmere Jahreszeit. Spoiler: Man wird nicht enttäuscht.

Tatsächlich handelt der Song von langen Sommernächten im August: „Es ist lange hell im August und ich laufe schnell Richtung Bus“. Eine gute Zeit haben, die langen, warmen Nächte genießen. Doch auch die längsten Nächte haben irgendwann ein Ende. Das müssen auch die Jungs von 01099 feststellen, wenn man abends in die leere Wohnung kommt. Mit „August“ zelebriert die Kombo auch den Zusammenhalt innerhalb der Band. Dies spürt man in jedem Moment in dem man Zachi, Gustav und Paul erlebt.

Die drei Jungs wuchsen in Dresden auf und haben es sich zur Aufgabe gemacht den Sound der „schnellen Brillen“ in seiner liebsten Facette zu verbreiten. Zudem verzichten sie auf Klischees, die man mit deutschem Rap sonst gerne verbindet. Sexismus, Beleidigungen und Hass finden in den Texten von 01099 keinen Platz. „August“ ist ab sofort auf allen gängigen Plattformen verfügbar. Neben der Single soll in diesem Jahr auch ein neues Album folgen.

Die Band hat uns ihre Einblicke auf dem Watt en Schlick mit einer Einwegkamera eingefangen.

Das Video zu „August“ von 01099 gibt’s hier: