Maifeld Derby 2016: Der Nachbericht

Sturm der Liebe – zum sechsten Mal schafft das Monnemer Festival den Balanceakt zwischen Newcomern und fetten Headlinern.

Ich bin ja kein Pferdeliebhaber, aber trotzdem zieht es mich jeden Sommer zum Reitstadion am Maimarkt. Das Maifeld Derby in Mannheim ist gerade mal alt genug für die Grundschule, inzwischen aber schon bei der medialen Mitte (Bild.de, Musikexpress) angekommen: „Das, Achtung Superlativ, geschmackvollste Line-Up der Republik!“, und das in einer Liste, die Appletree, Immergut und Haldern Pop enthält. Großes Lob, mit dem auch große Verantwortung kam. Mit Flume, James Blake, Dinosaur Jr., Boy und Daughter oben auf dem Line-Up und Weaves, Woman und Sea Moya unten allerdings kein Problem.

Aber zurück zum Anfang. Den machten am Freitag Belqis und danach Mothers. Nix da mit gemütlich in den Tag starten: Vor allem Letztere mit ihrer Frontmother Kristine Leschper waren ein frühes Highlight am ansonsten ziemlich elektronischen Freitag. Ein bisschen Waxahatchee in der Kehle und Courtney Barnetts sympathische Bühnenpräsenz, schon stehen die Festivalbesucher vor der Fackelbühne und hören aufmerksam zu.

Gingers do have punk soul: Weaves.
Gingers do have punk soul: Weaves.

Da Vögel die Erde essen einen Motorschaden hatten und the Boobams in deren Slot rutschten, blieb das Brückenaward Zelt danach erstmal leer. Das war aber nicht weiter schlimm, die Verschnaufpause konnte man gut für Weaves gebrauchen. Schon beim Betreten der Bühne ließen die luftigen Frisuren der Kanadier ihre verquere Musik erahnen. Das erste Album erscheint zwar erst nächste Woche, aber durch den Auftritt auf dem Derby haben sie ganz klar das Prädikat „die besseren Yeah Yeah Yeahs“ verdient.

Wo wir gerade bei Newcomern sind: Um den Status des Maifeld Derbys als Entdeckerfestival zu zementieren, hat Veranstalter Timo Kumpf dieses Jahr ordentlich in die Trickkiste gegriffen. Neben Mothers und Weaves muss man unbedingt noch SG Lewis, Drangsal (der 2015 noch im kleinen Zelt gespielt hatte), Search Yiu, Woman und die großartigen Sea Moya hervorheben. Alles Acts, die nicht nur sehr gute, sondern auch stilbewusste Musik machen und Mannheim einen Hauch von Primavera gaben.

Aber auch die Großen waren wieder groß. Nachdem SG Lewis im Palastzelt den elektronischen Teil des Abend einleiten durfte, steigerte sich der Freitag mit Liima, Mø – die spielt auch auf jedem Festival, oder? – und dem ersten Headliner Flume zum Dance-Off. Nach Martin Kohlstedts Auftritt auf dem Parcours d’amour, der eine ähnliche Sogwirkung entfaltete wie der Film Victoria mit seinem Nils Frahm Soundtrack, kam das Set des gerade mal 24 Jahre alten Harley Streten aka Flume besonders heftig rüber. Das Publikum ist regelmäßig ausgerastet und dass ein Remix mal den ekstatischen Abschluss eines Headlinersets bildet, war wohl für viele ein Novum.

Ekstase auf dem Maifeld Derby // Fotos © Philipp Fischer.
Hail to the DJ: Flume.

Und wie es sich für ein gutes Festival gehört, war nach dem Headliner noch nicht Schluss. Stattdessen hatte man die Wahl zwischen der musikalischen Strenge von den Nerven – nur in Verbindung mit der olfaktorischen Strenge des kleinen Zelts nach fünf Stunden Menschenschweiß – und dem Marching Band House von Meute, für den allerdings bei mir die Nerven (pun intended) nicht mehr gereicht haben. Kommen ja schließlich noch zwei Tage, die es genauso in sich haben.


Auf der nächsten Seite: der Samstag mit Drangsal, Okta Logue und James Blake


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