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Die besten Songs (+1) des Monats – #apr

Das Wetter war beschissen, der Sommer kommt noch immer nicht, aber musikalisch gesehen, war der Monat ein innerliches Blumenpflücken. Das sind unsere Lieblingssongs im April plus ein Song, den wir so richtig bescheiden fanden.

Father John Misty – Birdie

„Pure Comedy“ ist ein anstrengendes Album. Eine kunstvolle Studie über das Menschsein im 21. Jahrhundert, vorgetragen in 13 Songs, die zumeist die gängige Dauer von Popsongs weit überschreiten und textlich bewusst opulent, hintergründig und zutiefst satirisch ausgestaltet sind. Anstrengend ist das dritte Studioalbum des schnurrbärtigen Hipster Poeten Father John Misty deswegen, weil musikalisch selten eingefangen wird, was lyrisch schon längst entflohen zu sein scheint, so schnell und hart wechseln die apokalyptischen Anklagen und Verurteilungen der Mistyschen Komödie. „Birdie“ ist einer der Songs, denen es gelingt, den oftmals dramatisch übersteigert vorgetragenen Text durch die ruhigen Klavierpassagen im Zaum zu halten und damit eine wunderbare Mischung herzustellen, die in ihrer Überlegtheit an Songwriter Größen wie Leonard Cohen erinnert und der der hier glorreich beschworene Weltuntergang in all seiner Anstrengung gut zu Gesicht steht.

Mac DeMarco – On The Level

Knapp einen Monat vor Veröffentlichung des neuen Albums „This Old Dog“ am fünften Mai, zeigt Mac DeMarco mit „On The Level“ auf was man sich beim nächsten Studioalbum des King of Viceroy gefasst machen darf. Schrille Synthies treiben den knapp vierminütigen Track nach vorne, dienen quasi als Chorus und DeMarcos Lyrics bleiben, wie sein Gesang, zurückgelehnt im Hintergrund, ohne dabei aber ins Banale abzudriften. Visuell wird das von einer Darth Sidious (sorry, wer den nicht kennt, ist selber schuld) Figur ergänzt, die ebenfalls ganz laid back das dunkle Gewand in Schwung versetzt. Weniger Gitarren, mehr Rumgespiele, gibt am Ende der Gleichung eben dann wieder fast präzise die Coolness, um die die meisten von uns den passionierten Genussraucher aus British Columbia beneiden.

Grooves – Savour

Wir hätten nur ungern mit Grooves getauscht, als sie ihre ursprüngliche Idee von „Savour“ von sieben auf knappe vier Minuten kürzen mussten. Trotzdem ist die Band mit dem Endresultat mehr als zufrieden und einfach nur froh, dass die Komposition aus dem frühen Schaffen der Band doch noch aufgenommen werden konnte. „Savour“ ist eine Electronica-Nummer, die nicht nur catchy as fuck ist, sondern auch noch heiße Elemente von Foals oder Bombay Bicycle Club übernommen hat. Wir drücken schon in regelmäßigen Abständen auf Refresh auf der Soundcloud Page des Trios aus Manchester und warten auf neue Musik.

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Kendrick Lamar – YAH.

Kung Fu Kenny aka King Kendrick schert sich eher weniger um eine spektakulär aufgezogene Albumsankündigung und veröffentlicht „DAMN.“ lieber so. Es funktioniert soundtechnisch weniger verkopft, wirkt deswegen geradliniger und schlanker. Sowohl Albums- wie Songtitel sind konsequent kurz gehalten, fast minimalistisch auch das Portrait des wohl derzeit gelobtesten Rappers auf dem Cover. Während der Vorgänger „To Pimp A Butterfly“ sowohl lyrisch wie musikalisch mit wichtigen Texten zur rassistischen Polizei- und Staatsgewalt in den Staaten und seinen kompliziert und bewusst verwirrend gewählten Jazz- und Soul-Samples in Wirkung und Selbstdarstellung schier überschäumend voller politisch wütender Botschaften war, zeigt sich „DAMN.“ als Sammelsurium an Geschichten aus dem direkten Umfeld des Kid from Compton. Nicht weniger anspruchsvoll, nicht weniger technisch perfekt.

Whitney – You’ve Got A Woman (Lion Cover)

Jaja, das Dolly Parton Cover der Jungs mit dem größten Herz Chicagos, das auf der im Juni erscheinenden 12″ sein wird, ist am 27. März erschienen, aber da wir’s deswegen den April über zu schätzen gelernt haben, sei uns diese terminliche Schludrigkeit nachzusehen. Dass Whitney covern können, beweisen ihre wunderbaren Liveshows immer wieder, bei denen zum Beispiel auch schon NBRQ eine wunderbare Neuinterpretation erfahren haben. Zurzeit noch auf großer Tour durch die Vereinigten Staaten, kann man den Mix aus ehrlich traurigen Verlusterzählungen und herrlich unbeschwertem Folk-Rock des Duos aus Sänger und Schreiber Julian Ehrlich und Gitarrist Max Kakacek hierzulande auf dem Maifeld Derby 2017 in Mannheim erleben.

Arca – Desafío

Nein, leicht zugänglich ist das Album des Venezolaners Alejandro Ghersi, das Anfang April erschienen ist sicher nicht. Oft sperrig, mysteriös und düster gehalten, konfrontiert Ghersi, den die meisten als Produzenten von Acts wie Björk, FKA twigs oder Kanye West kennen, seine Zuhörer durchweg mit intimer Selbstdarstellung, die bewusst atmosphärisch verstümmelt und verzerrt werden soll. „Desafío“ stellt das Zentrum des selbstbetitelten Albums dar, auf dem Ghersi auch zum ersten Mal seine Gesangsstimme präsentiert. Eine Idee, die ohne eine gewisse Björk anscheinend nie zu Stande gekommen wäre und die schlicht improvisiert umgesetzt wurde: Bis auf einen der dreizehn Tracks seien, so Gehrsi, alle Texte in kreativer Spontanität entstanden.

The War On Drugs – Thinking Of A Place

Im Zuge des Record Store Day konnten Liebhaber der Americana Gruppe aus Philadelphia erleichtert feststellen: Es gibt The War On Drugs noch und sie sind kein Stück weit von ihrem Sound, der das Album „Lost In The Dream“ zu einem der besten der letzten Jahre gemacht hat, abgerückt. „Thinking Of A Place“ ist 11 Minuten vertonte Nachdenklichkeit, die Zurschaustellung großer Gefühle und mal wieder der perfekte Track, um sehr, sehr lange Auto zu fahren. Hach, der Kitsch hält uns mal wieder fest im Griff, weswegen wir uns auch fast gar nicht mehr zusammen reißen können, wenn wir daran denken, dass man The War On Drugs auf ihrer Worldtour im November auch in Deutschland live sehen kann. Shows gibt’s in Hamburg, Berlin, Köln und München. Dann hoffentlich auch mit neuem Album im Gepäck.

Girlpool – It Gets More Blue

„I said i faked global warming, just to get close to you“. Ja, wenn’s so einfach wäre, denken sich die lonely hearts da draußen und verzweifeln ein bisschen mehr zum leicht nach Shoegaze klingendem Sound des Duos aus Kalifornien. Ein bisschen Wes Anderson Optik im Video, ein bisschen Herzschmerz in den Lyrics, was einfach und nach standardisiertem Indie Rezept klingen mag, wird hier gleichzeitig verträumt, intelligent herzbrecherisch und doch ganz beiläufig umgesetzt. Das Album, das „Powerplant“ heißen soll, kommt am zwölften Mai. Bis dahin, haltet durch, ihr Loser und Lost Ones.

The xx – A Violent Noise (Four Tet Remix)

Wer The xx live erlebt, weiß wie clubaffin die Tracks des Trios aus dem Süden Londons sein können. Wenn Jamie Smith „Shelter“, „Infinity“ oder „Sunset“ zu minimalistischem Elektro umfunktioniert, macht das meistens im Rahmen des Abends wirklich Sinn und vor allem Spaß. So auch im Remix des ebenfalls aus London stammenden Four Tet, der mit bürgerlichem Namen Kieran Hebdan heißt und dessen Boiler Room Sets, gerade für Fans von abwechslungsreichem Elektro, gut zum sich aktuell aufhellenden Sound von The xx passen. Wie das funktioniert, sieht man in der Neuinterpretation von „A Violent Noise“ ganz hervorragend.

Blondage – Stoned

Ist das nun Mø oder doch vielleicht ’ne frühe Nummer von Charlie XCX? Blondage machen seit ihrer Namensänderung freshen Skandi-Pop, der auch bei „Stoned“ wieder Bock auf Easylistening macht. Einen warmen Sommertag am Pool mit freshen Drink soll der Song ausstrahlen und trifft damit voll ins Schwarze. Das Duo aus Dänemark hat den Song nach einer langen Nacht im Bett aufgenommen und sich keine große Gedanken über die Komplexität der Musik gedacht. Musik kann so einfach sein.

Und zum Abschluss noch der Song, den wir den ganzen Monat (und wahrscheinlich den Rest des Jahres) so gar nicht gut finden konnten.

Kraftklub – Dein Lied

„Unsere ganzen Ex-Freundinnen streiten sich, an wen der Song gerichtet sein könnte“, behauptet Felix Brummer im Interview mit puls vom Bayrischen Rundfunk. Funny, wenn sich die Menschen, denen man mal am nächsten sein wollte damit auseinandersetzen müssen, ob und wer hier gerade im Refrain so charmant als „Hure“ bezeichnet wird. Warum die Fragensteller aus München in ihrem Gespräch mit dem Kraftklub Sänger in keinster Frage die Formulierung und die damit einhergehende frauenverachtende Atmosphäre des orchestral vorgetragenen Vorboten des neuen Albums „Keine Nacht Für Niemand“ beachten, bleibt ein Rätsel. Dass „Dein Lied“ Slut Shaming par excellence betreibt, indem es die besungene Exfreundin auf ihre anscheinend gesellschaftlich nicht tragbare sexuelle Aktivität reduziert, woraus sich das Bild der erwähnten „Hure“ ergibt, offenbart erschreckende Ansichten im Songwriting einer bisher eigentlich originellen und sympathischen Band. Den Fans scheint das alles relativ egal zu sein und Youtube User Sebastian k freut sich bereits auf’s erste Konzert, wenn ein ganzes Stadionpublikum „duu verdammte Huuuure“ schreit. Puh, bitte, lasst’s bleiben.

Anmerkung: Wir wissen, dass ein gewisser Xavier Naidoo im März ebenfalls einen Song veröffentlicht hat, der hier Erwähnung hätte finden können.

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