Live: Perfume Genius

Eine starke Performance des Queer-Genies

Mike Hadreas ist keine Diva. Er kreiert unter dem Pseudonym Perfume Genius zwar erhabene, dramatische Balladen, die sich mit seiner Homosexualität beschäftigen, doch steckt dahinter mindestens ebenso viel umgängliches Genie wie ernste Sanftheit. Stimmlich schöpft er seine Inspiration sowohl aus Elizabeth Frasers immateriellen Hohenflügen als auch von solchen von R&B beeinflussten Sängern der Neuen Sinnlichkeit wie Blood Orange oder Sean Nicholas Savage.

Am gestrigen Dienstag zeigte er sich erfreulich locker und vermied dadurch, mit seiner sehr persönlichen, aber auch schwerwiegenden Musik allzu angestrengt zum Publikum zu sprechen. Ob mit voller Band, allein oder im Duett mit Lebenspartner Alan Wyffels, Songs wie „No Good“ oder der Titeltrack seines dritten Albums „Too Bright“ liefen Gefahr, den Hörer zu erdrücken. Stattdessen war Hadreas stimmlich in Bestform, vor allem beim Highlight „Queen“. Im Kontrast zum ruhigen, andächtigen Rest des Konzerts stellte jener Song – wie auch das ähnlich raue „Grid“ – und die damit verbundene Performance eine ins Stadion katapultierte Version von Perfume Genius dar. Das Selbstbewusstsein und die Überzeugung, die Hadreas dabei ausstrahlte, ließen an einen anderen großen Performer denken: er muss sich nicht in Bescheidenheit üben, wenn er mit David Bowie verglichen wird, jenem Mann der tausend Rollen. Doch auch „Fool“ oder die intimeren Klavierballaden wie „No Good“ waren in ihrer Ausführung schlicht und einfach schön.

Ihre vollständige Schönheit entfalten die Kompositionen von Perfume Genius nur live. „Too Bright“ mag manchmal genau das sein: zu glatt, zu ruhig, man ist tatsächlich „von seinem Genie geblendet“. Erst wenn man Mike Hadreas einmal auf der Bühne gesehen hat, weiß man ihn und seine Musik vollends zu schätzen. Ein nicht kleiner Teil der Konzertbesucher kam ohne Vorwissen über Hadreas oder Perfume Genius, doch kaum einer verließ den Karlstorbahnhof wieder, der nicht etwas Gutes zu sagen hatte. Einziger Minuspunkt: Nach 75 Minuten war schon Schluss.

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Meinungen aus dem Publikum:

Tobi: Ich fand es tatsächlich sehr schön, vor allem die Songs, die ein bisschen breiter daher kamen. Teilweise dachte ich, die Lieder hätten noch länger sein können. Ich fand es gar nicht schlimm, dass die Enden ein bisschen abrupt waren, aber wenn die Stücke länger gewesen wären, wär ich noch mehr reingekommen.

Antea: Ich kannte die Band nicht und war auf etwas anderes eingestellt, aber ich fand es trotzdem voll schön.

Ingrid: Mir hat’s sehr gut gefallen. Ich habe keine Ahnung gehabt, was auf mich zukommt, und ich war zu 90 Prozent positiv überrascht. / Silke: Ich hab meine Mutter und meine Schwester hierher geschleppt und wusste schon, was mich erwartet. Aber es war noch besser, als ich dachte.


Fichon

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